HomeBriefwechsel Schiller-Goethe1799574. An Achiller, 3. März 1799

574. An Achiller, 3. März 1799

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Ihr Brief kam mir gestern sehr spät zu und ich antworte heute um diese Communication wieder zu Stande zu bringen.

Ich freue mich daß dieser Winter überhaupt Ihnen günstig war, da er sich so schlecht gegen mich betrug. Es ist keine Frage daß wir zusammen in manchem Sinne vorwärts gekommen sind, und ich hoffe die gute Jahrszeit wird uns die Stimmung geben um es auch praktisch zeigen zu können.

Körners Brief kommt mir wunderbar vor, wie überhaupt alles individuelle so wunderbar ist. Es weiß sich kein Mensch weder in sich selbst noch in andere zu finden und muß sich eben sein Spinnengewebe selbst machen, aus dessen Mitte er wirkt. Das alles weist mich immer mehr auf meine poetische Natur zurück. Man befriedigt bei dichterischen Arbeiten sich selbst am meisten und hat noch dadurch den besten Zusammenhang mit andern.

Wegen Wallensteins Lager will ich eine strenge Untersuchung anstellen lassen. Ihre Vermuthung scheint mir nur allzu gegründet. In diesen glorreichen Zeiten, wo die Vernunft ihr erhabenes Regiment ausbreitet, hat man sich täglich, von den würdigsten Männern, eine Infamie oder Absurdität zu gewärtigen.

Ich betreibe nun meine hiesigen Geschäfte und Angelegenheiten so daß ich mich dadurch auf die nächste Zeit frei mache. Uebrigens bin ich vom schlimmsten Humor, der sich auch wohl nicht verbessern wird bis irgend eine Arbeit von Bedeutung wieder gelungen sein wird.

Leben Sie recht wohl, grüßen Sie Ihre liebe Frau und seien Sie recht fleißig. Was mich betrifft so sehe ich voraus daß ich keine zufriedne Stunde haben werde, bis ich mich wieder in Ihrer Nähe befinde, um auf eine erwünschte Weise thätig sein zu können. Auf den Sommer muß ich mir was erfinden es sei was es will, um mir eine gewisse Heiterkeit wieder zu geben, die ich in der schlimmen Jahrszeit ganz vermißte.

Weimar am 3. März 1799.

G.