HomeBriefwechsel Schiller-Goethe1799678. An Goethe, 10. Dezember 1799

678. An Goethe, 10. Dezember 1799

Bewertung:
(Stimmen: 0 Durchschnitt: 0)

Weimar, 10. December 1799.

Das Stück folgt hier zurück; das beste, was zu seinem Vortheil gesagt werden kann, ist gestern gesagt worden. Je tiefer man in die Handlung hineinkommt, desto schwächer erscheint das Werk. Die Motive sind schwach, zum Theil sehr gemein und plump. Antonius ist gar zu einfältig, und es ergiebt sich aus der Vorrede, daß der Dichter diesen Einwurf voraussah, und sonderbar genug sich durch die Zeugnisse der Geschichte entschuldigt glaubte. Cleopatra ist nur widerwärtig, ohne Größe, selbst Octavia begreift man nicht; das Motiv mit den Kindern kommt immer wieder, in jeder Gestalt und muß die Armuth an andern Mitteln ersetzen.

Es bleibt also bei unserm gestrigen Ausspruch, der rednerische Theil ist brav, der poetische und dramatische insbesondere wollen nicht viel heißen.

Sch.