HomeMusenalmanach 1798An Alexander v. H.

An Alexander v. H.

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bey Uebersendung eines Lukrez.

Du, dessen Genius so früh
des Himmels Strahlenfackel raubte,
als die Natur ihm Flügel lieh,
damit er dankbar einst an Sie
und keine fremde Gottheit glaubte;
der mit entfesseltem Genie
und kühner Schnellkraft der Gedanken
das Räderwerk der Weltenuhr
umspannt, die mystische Natur
enthüllt, und ihre Zauberschranken
verfolgt auf ahndungsreicher Spur,
die dunkeln Räthsel aufzuhellen,
um welche noch ein Schauer schwebt,
vor dem der Denker selbst erbebt,
bis er, berauscht aus Lethes Quellen,
die Täuschung der Theosophie
auf ihres Heiligthumes Schwellen
des Weltalls ewige Magie
als Wahrheits-Göttin aufzustellen: –

Du, dessen nie erschöpfter Geist
die feinste Blume des Genusses
der Kentniss Felsenhöh’n entreisst,
und dann am Strand des Lebensflusses
mit frischem Reitz sie blühen heisst:
für dessen Blick in allen Räumen
der unermesslichen Natur
kaum leichte Wölkchen den Azur
des freien Horizonts umsäumen,
indess mit Ahndungen und Träumen
kein Dämon je sein Herz beschwur,
der am bestürmten Ozeane
der grenzenlosen Ewigkeit
nicht glüht und stampft im trunknen Wahne,
Nicht auf der Hofnung morschem Kahne
den eitlen Trotz zu spät bereut:
der mit dem zarten Nervenspiele
vertraut, wie mit dem Schwung der Welt,
der Menschheit kränkelnde Gefühle
für keine Götterfunken hält;
der in der Blüte Nahrungssäften
das nähmliche Gesetz entdeckt,
das mit verborgnen Zauberkräften
in Neutons Stirn Ideen weckt –

O Freund! seitdem so mancher Schleier
des Aberglaubens niedersank;
so mancher Weise, von dem Feuer
der Sehnsucht hingerissen, freier
am Quell der Wahrheit, Wollust trank;
komm, lehre Du, in hellern Zeiten
des Wahns, ein bessrer Epikur,
mich würdig auf Lukrezens Saiten
der nimmer älternden Natur
ein heilig Loblied zu bereiten.

R.