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Elegien.

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Erste.

Süss ist Amors verbotene Frucht, und süss ist das Mädchen,
Das verstohlen mich küsst, froh mich und seeliger macht!
Wenn ihr Oheim bedächtig die häusliche Rechnung durchsiehet
Grollend findet, dass sie allzu viel spende im Haus,
Dreht sie, rückwärts sehend, das schwarze schalkhafte Auge,
Winkend nach mir, und ich kenne den schelmischen Wink,
Nahe mich ernsthaft dem ehrbaren Manne mit wichtiger Miene
Spreche von Frieden und Krieg, von dem verschlagenen Volk,
Von der Höfe Betrug, von weisen Ministern und Fürsten,
Von Buonaparte’s Kampf, Mantua’s nahem Entsatz,
Neben mir stehet das Mädchen, die Augen lieblich gesenket,
Beisst sich lachend den Mund, schielt von der Seite mich an.
Jetzt geräth der Oheim in Eifer, er schmähet die Fürsten
Tadelt heftig das Volk, schilts ein verräthrisches Pack,
Sagt sein kluges Bedünken, woran es fehlet, was jetzo
In der kritischen Zeit ungesäumt wäre zu thun.
Das hat er lang schon gesagt, vorhergesehen schon lange,
Thut man nicht, was er weiss, ja so ist alles dahin!
Nun ergreift er den Hut, wir sehen mit stockendem Odem
Aengstlich harrend ihm nach, ob er wohl kehre zurück,
Und nun fasst er die Pfoste, er öffnet die Thüre, er schliesst sie
Ausgebreitet den Arm, wend’ ich behend mich herum,
Und mit frohem Entzücken fliegt Nina mir in die Arme,
Ihre pochende Brust strebt an der meinen empor.
Ach, wir liebten uns lange, und durften’s lang nicht gestehen,
Doch der Herzen Begier sprach der beredtere Blick,
Siehe’ da lasen wir einst im Buche des göttlichen Dante,
Wie die Liebe so leicht zweier Herzen ereilt.
Lasen die Seufzer Francesca’s, und ihre Thränen im Orkus,
Und wir weinten mit ihr, fühlten Paolo’s Qual,
Als wir dahin gelesen, wo sittsam das Mädchen erzählet,
Wie sie Amor verrieth, Paolo zitternd sie küsst,
Da umwand ich das Mädchen, und wagte was Paolo gewaget,
Drückte den feurigsten Kuss ihr auf den seufzenden Mund,
Von dem schönsten Gefühl, von meinem Feuer ergriffen
Sank ihr holdes Gesicht still auf das meinige hin,
Ihre Seele schien seufzend der schönen Brust zu entflichen,
Und im durstigen Kuss saugt’ ich den Flüchtling in mich,
Seufzend rief ich: o Nina! – da starb im Drang der Empfindung
Jeder stammelnde Laut mir auf den Lippen dahin.
Halte die rollenden Räder Saturnus, Führer der Stunden
Hemme den eilenden Lauf, stürzend entfliehende Zeit,
Aber neidend den Anblick dreht schneller Saturnus die Räder
Wohnt der hässliche Neid auch in göttlicher Brust?

Zweite Elegie.

Freund, du schiltst vergebens: „O spare die köstlichen Stunden
„Keine Reue bringt, ach, die entflohnen zurück!
„Kurz ist das Leben und lange die Kunst, so sagten die Alten,
„Darum wacker mein Freund! lasse den kindischen Tand!
„Wähle die ernste Minerva, statt Venus tändelndem Buben,
„Der mit gebundenem Aug’ dich nur auf Abwege führt.“
Halt! ich fühle die Wahrheit, den Werth der wandelnden Horen,
Ich bezeichne sie gern, eh sie mir schlüpfend entfliehn.
Jeder flecht’ ich gern zum Angedenken ein Kränzchen,
Sehe mit seliger Lust auf die Bekränzten zurück.
Die bekränz’ ich nicht, die keuchend langsam entschleichen,
Deren lastender Gang Schweiss von der Stirne nur lockt,
Bin ich zur Arbeit geschaffen? und soll ich nicht auch geniessen?
Wenn nach mühvollen Tag winket die fröhliche Nacht,
Wenn sie traulich des Abends in meinem Arme sich wieget,
Vor uns ein knisterndes Licht flammt mit verglimmendem Docht,
Wie das Girren der Taube, so lockt sie mit zierlichem Finger
Aus der dumpfen Mandol einzelne Töne der Lust.
Und ich störe sie immer, ich wiege mit bebenden Armen,
Stets auf dem Lichte den Blick, zärtlich die süsseste Last.
Ach nun will es erlöschen, noch einmal leuchtet die Flamme
Und ein plötzlicher Blitz lässt uns im Dunkel zurück.
Ha! jetzt fass’ ich das Mädchen, jetzt leuchtet die liebliche Fackel
Amors Fackel mir vor, Dank dir freundliches Kind!

Dritte Elegie.

Mädchen, komm in die Vigne, am schönsten Tag der October,
Lass jetzt Nadel und Rahm, Mädchen, uns rufet die Lust.
Laura wird uns begleiten, ihr Bräutgam der wackre Philippo
Bringt den Wagen mit sich, flügelschnell rollen wir hin.
Lustig Nina! Messera ist fern und niemand beschwert uns,
Und wir kürzen den Tag unter Gesängen und Spiel,
Abends fahren wir dann bey Fackelscheine nach Hause,
Dass die nächtliche Strass’ tönt von dem bacchischen Fest,
Winzer und Winzerin jubelt, es schallet die klappernde Trommel,
Und der muntere Tanz ladet uns selber auch ein,
Und wir mischen uns unter das lustige Völkchen, wir theilen
Ihren ländlichen Scherz, hören der Freude Geschrey,
Laut ertönt der Gesang des Winzers, er schwinget die Fackel,
Funken sprühen umher, glänzend erscheinet die Nacht.
Emsig schüttelt die klingenden Eisen das lustige Mädchen,
Und in luftigem Sprung wirbelt der Tänzer um sie,
Evoe! tönts durch die Büsche, die Jubelstimme der Freude
Füllen Reben und Hain laut mit Menadischem Lärm.
Nimm die Zither, mein Mädchen, schon kömmt Philippo gefahren,
Eile, gieb mir die Hand, munter, mein Liebchen, voran.
Amor und Bacchus, ihr lieblichen Knaben, Ihr Geber der Freude,
Nehmet mein Mädchen und mich wirthlich unter euch auf.

Vierte Elegie.

Nackt sind die Reben und schon vorbey die Lese, wir kehren
Früchtebeladen zurück in das erbrausende Rom;
Süsse Büsche, lebt wohl und ihr verschwiegene Schatten,
Du Blandusias Quell, Anio’s murmelnder Strom,
Dunkle Lauben lebt wohl, wo oft in süsser Umarmung
Luna und Hesper uns fand, wo uns Aurora geweckt,
Reizende Hügel lebt wohl und Dank dir Amor und Bacchus,
Freundliche Demeter dir, bleibet uns gnädig und hold.
Diesen kleinen Altar hab ich mit Nina errichtet,
Und wir weihten ihn Euch, Freudebringende Drey!
Diesen Kuchen, ihn hat mit zierlichen Händen mein Mädchen
Selbst geknetet, und diess Bildchen, wir opfern es euch.
Dieses Bildchen, ich hab es mit fleissigen Händen aus Wachse
Künstlich geformt, o nehmt, Himmlische, gütig es an.
Amor! es ist dein Bild, du trägst im weichlichen Händchen
Von der goldenen Frucht voll ein gewundenes Horn.
Aehren der Ceres, und Trauben des Bacchus, das Horn Amalthea’s
Aller Früchte, die ihr Liebenden liebend geschenkt.
Nina, es stirbt die Natur, entlaubt sind Wälder und Büsche,
Im verödeten Feld jeglicher Jubel verstummt,
Schon entkleidet der rauhe Nord die laubigten Grotten
Wo in zweifelndem Licht Amor sich gerne versteckt,
Traurig raschelts im knisternden Laub und schauerlich streichen
Ueber Stoppeln und Moor dumpfige Nebel dahin.
Ach es welkt die Natur, um lange Moden zu schlummern,
Bis sie Amor aufs neu Blumenbekränzet erweckt,
Amor verlässt das Gefilde, wir nehmen den lieblichen Knaben
Freundlich mit in die Stadt, und er wird wohnen bey uns.

K.