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40. An Goethe, 7. Januar 1795

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Jena den 7. Januar 1795.

Für das überschickte Exemplar des Romans empfangen Sie meinen besten Dank. Ich kann das Gefühl, das mich beim Lesen dieser Schrift, und zwar in zunehmendem Grade, je weiter ich darin komme, durchdringt und besitzt, nicht besser als durch eine süße und innige Behaglichkeit, durch ein Gefühl geistiger und leiblicher Gesundheit ausdrücken, und ich wollte dafür bürgen, daß es dasselbe bei allen Lesern im Ganzen sein muß.

Ich erkläre mir dieses Wohlsein von der durchgängig darin herrschenden ruhigen Klarheit, Glätte und Durchsichtigkeit, die auch nicht das geringste zurückläßt, was das Gemüth unbefriedigt und unruhig läßt, und die Bewegung desselben nicht weiter treibt als nöthig ist, um ein fröhliches Leben in dem Menschen anzufachen und zu erhalten. Ueber das einzelne sage ich Ihnen nichts, bis ich das dritte Buch gelesen habe, dem ich mit Sehnsucht entgegen sehe.

Ich kann Ihnen nicht ausdrücken, wie peinlich mir das Gefühl oft ist, von einem Product dieser Art in das philosophische Wesen hineinzusehen. Dort ist alles so heiter, so lebendig, so harmonisch aufgelöst und so menschlich wahr, hier alles so strenge, so rigid und abstract, und so höchst unnatürlich, weil alle Natur nur Synthesis und alle Philosophie Antithesis ist. Zwar darf ich mir das Zeugniß geben, in meinen Speculationen der Natur so treu geblieben zu sein, als sich mit dem Begriff der Analysis verträgt; ja vielleicht bin ich ihr treuer geblieben, als unsre Kantianer für erlaubt und für möglich hielten. Aber dennoch fühle ich nicht weniger lebhaft den unendlichen Abstand zwischen dem Leben und dem Raisonnement – und kann mich nicht enthalten in einem solchen melancholischen Augenblick für einen Mangel in meiner Natur auszulegen, was ich in einer heitern Stunde bloß für eine natürliche Eigenschaft der Sache ansehen muß. So viel ist indeß gewiß, der Dichter ist der einzige wahre Mensch, und der beste Philosoph ist nur eine Caricatur gegen ihn.

Daß ich voll Erwartung bin, zu wissen, was Sie zu meiner Metaphysik des Schönen sagen, darf ich Ihnen nicht erst versichern. Wie das Schöne selbst aus dem ganzen Menschen genommen ist, so ist diese meine Analysis desselben aus meiner ganzen Menschheit heraus genommen, und es muh mir allzuviel daran liegen, zu wissen, wie diese mit der Ihrigen zusammen stimmt.

Ihr Hiersein wird eine Quelle von Geistes- und Herzensnahrung für mich sein. Besonders sehne ich mich auch darnach, gewisse Dichterwerke in Gemeinschaft mit Ihnen zu genießen.

Sie versprachen mir, mich bei Gelegenheit Ihre Epigramme hören zu lassen. Es wäre eine große Freude mehr für mich, wenn dieses bei Ihrem jetzigen Aufenthalt in Jena anginge, da es doch problematisch ist, wie bald ich nach W. kommen kann.

Meyern bitte ich mich recht freundschaftlich zu empfehlen. Alles bei uns freut sich auf Ihre beiderseitige Ankunft herzlich und niemand mehr als Ihr aufrichtigster Verehrer und Freund

Schiller.

Eben da ich schließen will, erhalte ich die willkommene Fortsetzung Meisters. Tausend Dank dafür!