HomeBriefwechsel Schiller-Goethe1798414. An Goethe, 2. Februar 1798

414. An Goethe, 2. Februar 1798

Bewertung:
(Stimmen: 0 Durchschnitt: 0)

Jena den 2. Februar 1798.

Ihre Bemerkung über die Oper hat mir die Ideen wieder zurückgerufen, worüber ich mich in meinen ästhetischen Briefen so sehr verbreitete. Es ist gewiß, daß dem ästhetischen, so wenig es auch die Leerheit vertragen kann, die Frivolität doch weit weniger widerspricht, als die Ernsthaftigkeit, und weil es dem Deutschen weit natürlicher ist, sich zu beschäftigen und zu bestimmen, als sich in Freiheit zu setzen, so hat man bei ihm immer schon etwas ästhetisches gewonnen, wenn man ihn nur von der Schwere des Stoffs befreit, denn seine Natur sorgt schon hinlänglich dafür, daß seine Freiheit nicht ganz ohne Kraft und Gehalt ist.

Mir gefallen darum die Geschäftsleute und Philister überhaupt weit besser in einer solchen spielenden Stimmung, als die müßigen Weltleute, denn bei diesen bleibt das Spiel immer kraft- und gehaltleer. Man sollte einen jeden immer nach seinem Bedürfniß bedienen können, und so würde ich den einen Theil in die Oper und den andern in die Tragödie schicken.

Ihr Nürnberger Meistersänger spricht mich wie eine Stimme aus einem ganz andern Zeitalter an, und hat mich sehr ergötzt. Wenn Sie Knebeln schreiben, so bitten Sie ihn doch, auch mich zu einem Exemplar mit Kupfern unter den Subscribenten anzumerken. Ich halte es wirklich für nöthig daß man sich bei diesem Werklein vorher meldet, weil es sonst vielleicht nicht zu Stande kommt, denn der gute Freund hat sein Zeitalter überlebt, und man wird ihm die Gerechtigkeit schwerlich erzeigen, die er verdient. Wie wär’s wenn Sie nur ein paar Seiten, zu seiner Einführung ins Publicum, in den Horen sagten? Er scheint es wirklich so sehr zu brauchen als zu verdienen.

Nach allem, was von der unparteiischen Welt geurtheilt wird, dauert mich unser Freund Knebel sehr, und ich fürchte, das Joch wird seinem Nacken nicht sanft aufliegen.

Mit Boie habe ich nur einmal Verkehr gehabt, aber seit fast anderthalb Jahren nicht wieder. Ich weiß also nicht wie es mit dem Pakete steht; daß er es werde erhalten haben, ist wohl kein Zweifel, und daher glaube ich, daß Sie ihm zu viel Ehre anthun würden, wenn Sie weiter darnach fragten. Gelegenheitlich kann man’s schon an ihn bringen.

Möchten Sie nur endlich einmal herkommen. Nehmen Sie sich’s nur auf vier oder fünf Tage vor, so werden Sie schon in dem alten Schloß die Muse finden, die Sie halten wird. Leben Sie recht wohl.

Sch.