HomeDie Horen1795 - Stück 11XI. Der heilige Wahnsinn. [Gottfried Herder]

XI. Der heilige Wahnsinn. [Gottfried Herder]

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Einst ließ ein König in Arabien
Sich Meznu’s Liebe zu der Laila lesen,
Wie Er, ein kluger und beredter Mann
Sich seiner so vergessen, daß er liebend
Der Welt entsagt und lebt’ in Einsamkeit.

Der König ließ ihn kommen. Meznu sprach:
„O König, sähest Du nur meine Laila!“

Der König ließ sie kommen. Laila trat
Vor ihn, ein blasses hagres Angesicht.
„O, rufte Meznu, sieh o König Laila
Mit meinen, nicht mit Deinen Augen an!“

Die ihr nimmer geliebt, kennt Ihr die Quaalen der Liebe?
Da ja keinem der Schmerz ohne die Wunde sich naht.
Gib mir Einen, o Fürst, der selber erfahren, was Ich litt,
Daß mein Leiden ich ihm Tage nach Tagen vertrau.
Könnte die Turteltaube mich hören, sie seufzete mit mir,
Aber dem Glücklichen dünkt Leid des Unglücklichen Traum.

Der König wandte sich und sprach gerührt:
„Der Liebe Wahnsinn ist ein heilger Wahnsinn.“

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