HomeDie Horen1795 - Stück 4I. Dante’s Hölle. Fortsetzung. [Wilhelm Schlegel]

I. Dante’s Hölle. Fortsetzung. [Wilhelm Schlegel]

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Minotaurus bewacht den jähen zerrißnen Felsenhang, an dem man zum siebenden Kreise hinabsteigt. Längs dem äußern Rande eines kochenden Blutstroms, der ihn umgiebt, laufen Schaaren mit Pfeilen bewafneter Zentauren umher, damit kein Verbrecher sich höher daraus erhebe, als das Maas seiner Schuld es erlaubt. Am tiefsten sind die Tyrannen untergetaucht, mit einer Anspielung auf jenes: Sättige dich im Blut wornach dich dürstete! Von dem furchtbaren Verheerer der Lombardey, Ezzelino da Romano, ist nur das schwarze krause Stirnhaar zu sehen. An der seichtesten Stelle wird Dante durch den Zentauren Neßus hinübergetragen, und findet sich nun in dem öden, schwarzen, dornigen Walde der Selbstmörder, wo nur Wehegesang der Harpyen und Ächzen aus den Büschen ertönt. Die darinn wohnenden Seelen sollen nicht wie die übrigen Verurtheilten beym lezten Gerichte ihren Leib wieder empfangen; weil sie ihn selbst zerstört, wird er alsdann wie eine todte Last an ihre Stämme gehängt werden. Hier wiederholt Dante die Virgilsche Dichtung von Polydorus, und der Schatte, den er unwissend verwundet ist Pier delle Vigne, der berühmte Kanzler und Vertraute Kaiser Friedrichs des zweyten, der ihm betheuert, er sey völlig unschuldig durch den Neid der Hofleute in der Gnade seines Herrn gestürzt, und habe sich aus Verdruß darüber das Leben genommen: eine Behauptung, womit auch von einsichtsvollen Geschichtschreibern die Ehre jenes verdienten Mannes gerettet wird.

Der innerste Raum des Kreises ist eine brennende Sandwüste, worauf die Gotteslästerer liegen, die Wucherer sitzen, und die welche entehrenden Lüsten nachgehangen, umherwandern, ohne einen Augenblick der Ruhe vor den stets herabfallenden feurigen Flocken. Da dem Dichter unter den Letztgenannten sein alter Lehrer begegnet, ruft er aus: Ey! seyd ihr hier, Ser Brunetto! Naif genung, als schwebte es ihm auf der Zunge, hinzuzufügen: Und das für eine so hässliche Sünde?1 Doch vermindert diese Entdeckung die Ehrerbietung und Dankbarkeit des ehemahligen Schülers so wenig, daß er sich, bis ihr Weg sie trennt, aufs freundschaftlichste mit Brunetto unterhält.

Die Steilheit des Abgrundes zwischen dem Kreise der Gewaltthätigen und dem der Betrüger macht den beyden Wanderern eine fremde Hülfe nothwendig. Auf ein vom Virgil gegebenes Zeichen schwimmt daher aus der dunkeln Tiefe, ein allegorisches Ungeheuer, mit Nahmen: Geryones, herauf.

„Sieh da das Scheusal und die Pest der Welt!
„Das Thier mit spitzem Schweif, womit es Berge
„Durchboret, Waffen bricht und Mauern fällt!“
So hub nun gegen mich mein Führer an,
Das Misgeschöpf heran zum Ufer winkend
Ans Ende der betretnen Marmorbahn.2
Und jenes Ungebild des Truges strebte
Hinauf, und landete mit Kopf und Rumpf,
Doch so, daß noch sein Schweif im freyen schwebte.
Es trug das Antlitz eines biedern Manns.
Und war von vorn mit Freundlichkeit bekleidet;
Am Hinterleibe war es Schlange ganz.
Es hatte zwey behaarte Vorderpfoten,
Und Rücken, Brust und Seiten überall
Bemahlt mit Schnörkeln und verschlungnen Knoten.
So mannigfärbig weiß kein Morgenländer
Mit seiner Zier die Stoffe zu erhöhn;
So wirkte nie Arachne die Gewänder. –
Wie Barken dann und wann zur Winterszeit
Halb in den Fluten stehn und halb am Strande,
Und wie am Fluß zu seinem Krieg bereit,3
Der Biber sitzt, dort in dem teutschen Lande;4
So ringt und hängt nunmehr das schnöde Thier
An dem mit Mauern rings umschloßnen Sande.
Wie wild der Schweif auch durch die Leere fährt,
So bleibt doch stets mit Skorpionenstacheln
Bewafnet, seine Zang’ emporgekehrt.

Mit großem Entsetzen schwingt sich Dante und mit ihm Virgil auf den Rücken dieses Ungeheuers, dessen symbolische Bildung für sich selbst redet. Es rudert mit den Klauen und steuert mit dem Schweife durch die Luft, senkt sich allmählig mit kreisförmigen Schwingungen nieder, und eilt, so bald die Reisenden auf festen Boden gelandet sind, mit Blitzesschnelle hinweg.

Gegen die Einwendung, die mit einigem Scheine gemacht werden könnte: der Betrug handle nicht nach seinem Charakter, indem er den Fremdlingen so redlich den verlangten Dienst leistet, ist es leicht dem Dichter zu retten. Er läßt jenen nicht als Person, das heißt, handelnd auftreten, sondern stellt ihn nur zum Wahrzeichen des Ortes hin, wie Sphinxe am Eingange eines Ägyptischen Tempels liegen. Sollte nicht ein wichtiger Unterschied zwischen hieroglyphischer Mahlerey und eigentlicher Personifizirung; zwischen Bezeichnung einer geistigen Eigenschaft durch äussere Gestalt, und Verwandelung derselben in ein mit innerm Leben begabtes Wesen, statt finden? Die Verrichtung des Thieres, als Werkzeuges der Herabfahrt, ist durchaus körperlich, wie das Hinderniß der Reise, das dadurch weggeräumt wird, und seine dämonische Natur nimmt nicht den geringsten Antheil daran. Eben so würde es erlaubt seyn, eine sinnbildliche Figur an einem Gebäude, für dessen Bestimmung sie bedeutsam wäre, zugleich zu einem blos mechanischen Zwecke, etwan als Karyatide zu benutzen.

Malebolge (so heißt der achte Kreis) besteht aus zehn zirkelförmigen Tiefen oder Gräben, die durch eben so viele starke Felsendämme von einander getrennt werden. Aus verschiedenen Punkten des Umkreises laufen Brücken über die Thäler, von einem Walle oder Bergrücken zum andern, etwas abhängig nach der Mitte zu, das heißt, nach der runden Öfnung über dem untersten Abgrunde. Man hüte sich wohl, von allem diesen sich gegen Dante’s Absicht zu kleinliche Bilder zu entwerfen. Eine der Brückenreihen dienet den Dichtern zum Pfade, von welchem herab sie, meistentheils ohne hinunterzusteigen, die Verdammten beobachten.

Die größte Mannigfaltigkeit von Martern findet sich hier. Überhaupt ist der in diesem Fache aufgewandte Reichthum von Erfindung zum Erstaunen, wenn gleich die Menge der höllischen Bezirke, die alle Gestalten körperlichen Schmerzes mehr als erschöpft, das Wiederkommen ähnlicher Vorstellungen unvermeidlich macht. Die Kuppler und Verführer werden von gehörnten Teufeln mit Geisseln umhergetrieben. In scheußlichen Moder und Unrath, der die Luft verpestet, versinken die Schmeichler. Die Simonisten sind mit dem Kopf zu unterst, in enge Löcher gestürzt, woraus nur die Beine hervorragen, Flammen nagen immerfort an ihren Fußsohlen. Hier hat man nun eigentlich, wie sich leicht ermessen läßt, die Päbste zu suchen.

Virgil trägt seinen Freund den steilen Abhang neben der Brücke hinab, und setzt ihn dadurch in Stand, mit einem Verdammten zu reden, der bey Dante’s Ansprache sich einbildet, Bonifacius der achte sey nun da, um seine Stelle einzunehmen. Denn jedesmahl daß ein der Simonie schuldiger Pabst ankömmt, wird der zulezt deswegen Verdammte tiefer hinab, und jener über ihn in dieselbe Grube geworfen. So wird nachher, weissagt Nikolaus, Bonifacius dem noch schändlichern Klemens den Fünften den Ehrenplatz einräumen müssen. Wie erfinderisch weiß doch Dante’s Haß sogar die um die Epoche seines Gedichtes noch lebenden Päbste in die Hölle zu bringen! – Er schärft hierauf Seiner Heiligkeit das Gewissen mit dem einfältigsten Ernst, beklagt den verderblichen Reichthum der Geistlichkeit und Konstantins vermeynte Schenkung aufs herzlichste, daß man deutlich sieht, die ganze Szene sey ihm ohne Wissen und Wollen so gar komisch gerathen. Dies ist Eine unter Hundert zum Theil nach freyeren Stellen desselben Innhalts: ein Glück für die göttliche Komödie, daß im vierzehnden Jahrhunderte Zensur und Bücherverbote noch nicht erfunden waren.

Falsche Propheten und Zauberer durchwandern die vierte Tiefe rückwärts, in gleicher Richtung mit ihren völlig verdrehten Köpfen. Diese Strafe, welche die Einbildungskraft empört, ohne daß man einsähe, worin eigentlich das Marternde bestehn soll, gilt vorzüglich jene. Mit ihrer Anmaaßung über die Grenzen der menschlichen Natur hinaus in die Zukunft zu blicken, steht das widernatürliche Zurücksehen in einem auffallenden, obgleich nur in einer sinnlichen Vergleichung oder Verwechselung der Zeit und des Raumes beruhenden Widerspruche.

Die folgende Kluft bietet einen Reichthum abentheuerlicher Höllenszenen dar. Eine kochende Pechfluth, die bald in Blasen aufschwillt, bald sich wieder senkt, füllt hier die Tiefe aus. Gerade als Dante die Brücke betreten hat, kömmt ein schwarzer geflügelter Teufel angelaufen, mit einem eben gestorbnen Sünder auf der Schulter, den er in den Abgrund hinabschleudert. Da dieser sich über die Oberfläche des Pfuhles erhebt, stürzt eine Schaar von Teufeln, die Malebranche (böse Klauen) heißen, unter der Brücke hervor, um ihn mit ihren Haackenstangen wieder unterzutauchen. Virgil geht voraus auf sie zu. Da sie ihn anzufallen drohen, verlangt er eine Unterredung mit einem von ihnen, dem er die hohe Vollmacht zu seiner Reise erkläret. Hierauf wird er und sein Freund friedlich herzugelassen; doch naht sich Dante mit großer Angst über die Tücke der Teufel, die sich noch immer in ihren Geberden verräth. Malcoda, ihr Oberhaupt thut ihnen Einhalt. „Ihr könnt,“ sagt er zu den beyden Freunden, „hier euren Weg nicht fortsetzen, der sechste Schwibbogen wurde gestern vor 1266 Jahren zertrümmert.5 Wendet euch also links bis zur nächsten Brückenreihe; folgt meinen Untergebenen, die ich gerade jetzt dorthin schicke, um den Verdammten, die sich aus dem Pfuhle hervorwagen zu wehren. Ich werde ihnen verbieten, euch irgend ein Leides zu thun.“ Hierauf ernennt er dazu Barbariccia als Befehlshaber, Alichino, Calcabrina, Cagnazzo, Libicocco, Draghignazzo, Ciriátto, Graffiacana, Farfarello und Rubicnate: phantastische, aber für die thierische Ungezähmtheit dieser Ungeheuer, durch Klang und Bedeutung sehr charakteristische Nahmen. Zum spottenden Zeichen, daß Malacoda die Fremden betrogen hat, schnalzen sie mit den Zungen gegen ihren Anführer, dieser erwidert den Hohn auf eine sehr unanständige Art, und sie brechen auf.

Mein ganzer Sinn war nach dem Pfuhl gewandt,
Ich hätte gerne, was das Pech verhehlte
Und wer darin gesotten ward, erkannt.
Wie ein Delphin mit hoch gekrümmtem Rücken
Die Flut durchspielt und so den Schiffer warnt
Sein Fahrzeug schnell den Stürmen zu entrücken;
So ließ auch hier zur Linderung der Quaal
Ein Sünder dann und wann den Nacken sehen
Fuhr dann hinab gleich einem Wetterstrahl.
Und wie der Frösche Volk am Rand der Sümpfe
Zuweilen sitzt, man sieht die Schnautze nur,
Verborgen sind im Schlamme die Bein’ und Rümpfe;
So saß hier überall die Sünderbrut,
Allein, so wie sich Barbarriccia nahte,
Entwich sie in die siedend heiße Flut.
Ich sah, warob noch jetzt mein Herz erschauert,
Daß ihrer einer blieb, wie’s wohl geschieht,
Daß nach der andern Flucht ein Frosch noch lauert.
Und Graffiacan, der ihm am nächsten stand,
Schlug ihm den Haacken ins bepichte Haar,
Und zog, als war’s’ne Otter, ihn ans Land
(Ich wußte schon den Nahmen eines jeden,
Bei ihrer Wahl hatt’ ich darauf gemerkt;
Auch nannten sie einander oft im Reden)
„O Rubicante!“ die Verruchten schrien
Mit Einer Stimme so; „die Krallen setze
„Ihm ins Genick! zerfleische weidlich ihn!“ –
Und ich: Mein Meister! wenn du kannst, erkunde:
Wer wohl mag jener Unglückseel’ge seyn,
Der sich herausgewagt zur bösen Stunde? –
Mein Führer trat an seine Seite hin.
„Wer bist du?“ fragt’ er ihn; und jener: Wiße
Daß ich gebürtig aus Navarra bin.6
Die Mutter ließ mich dienen, nothgedrungen
Denn sie gebar von einem Prasser mich,
Der sich verderbet und sein Gut verschlungen.
Darauf erwarb ich meines Königs Gunst
Des wackern Theobald;7 trieb Gaunereyen
Und büße drum in dieser Höllenbrunst. –
Und Ciriatto, dem an beyden Ecken
Des Mauls hervor ein grosser Hauer stand,
Ließ ihn indeß des Einen Hiebe schmecken.
Die Maus war in den Klauen arger Katzen
Doch Barbariccio warf die Arm’ um ihn:
„Ich halt’ ihn,“ rief er; „fort mit euern Tatzen!“
Er kehrte dann zu meinem Meister sich
Und sagte: Willt du mehr von ihm noch wissen,
Eh’ ihn mein Volk zerrißen hat, so sprich! –
Mein Führer sprach: Sag mir von deinen Brüdern!
Sind auch Lateiner8 die du kennst, mit dir
Im heißen Pech? – Er eilte zu erwidern:
„Nicht weit von hier saß einer; nur so eben
„Verließ ich ihn. Ha! wär’ ich, wo er ist,
„So dürft’ ich nicht vor Klau’n und Haacken beben!“ –
„Schon allzu lang,“ rief Libicocco aus,
„Sehn wir es an!“ traf zu mit der Harpune,
Und riß vom Arm ein ganzes Stück heraus.
Auch Draghignazzo wollt’ am Bein ihn zwicken
Von unten her; ihr Hauptmann wandte drob
Sich rund herum mit grimmig finstern Blicken.
Ein wenig still ward nun der tolle Schwarm,
Mein Führer säumte nicht und fragte jenen
Der noch herab sah auf den wunden Arm.
Wer war der Mitgenoß, von dem du dort
Dich wie du sagst, zu deinem Unglück trenntest?
„Der Mönch Gomita,“9 war des Sünders Wort,
„Der in Gallura sich durch Ränk’ erhoben;
„Der seines Herren Feind’ in Händen heilt
„Und that an ihnen, was sie höchlich loben
„Er nahm ihr Geld und ließ sie friedlich ziehn,
„Wie er erzählt, auch sonst in Staatsgeschäften
„Nennt man den Ausbund aller Gauner ihn.
„Und Zanche,10 welcher Logodor besessen,
„Geht mit ihm um, sie schwatzen ohne Maaß
„Und können nie Sardiniens vergessen. –
„O seht! wie der die Zähne grinsend wetzt!
„Weh mir! ich spräche mehr, allein ich fürchte,
„Daß mir der Unhold einen Streich versetzt.“ –
Schon rollte Farfarello scheele Blicke
Als lüstet’s ihm zu schlagen, doch ihn schalt
Ihr Oberhaupt: Verfluchte Brut! zurücke!
„Wollt’ ihr,“ begann der bange Wicht nunmehr,
„Toskaner und Lombarden sehn und hören?
„Was gilt’s? ich locke sie ans Ufer her.
„Laßt drüben hin die Malebranche stehen,
„Weil jene sonst vor ihrer Wuth sich scheun,
„Für Einen, den ihr habt, verschaff’ ich zehen.
„Ich brauchte nur zu pfeifen, wie wir pflegen,
„Wenn einer unter uns hervor sich wagt,
„Und wittert, daß wir frey uns kühlen mögen.“ –
Cagnazzo schüttelt seinen Kopf hiebei
Und rümpft’ das Maul: Um sich hinab zu werfen
Ersann er das; seht mir die Büberey!
Der andre, reich an fein gelegten Schlingen,
Erwidert’: Ja! ein rechtes Bubenstück
Die Meinigen in größre Quaal zu bringen! –
Voll Ungedult fiel Alichino ein:
Nun gut! Allein verfluchst du zu entrinnen,
So komm’ ich nicht mit Rennen hinterdrein.
So schwing ich übers Pech die leichten Flügel.
Sollt’ er behänder als wir alle seyn?
Nein! stellt mit mir euch hinter diesen Hügel! –
O Leser! solch ein Spiel vernahmst du nie
Was hier geschah: weg wandten sie sich alle,
Am ersten, der zuvor dagegen schrie.
Giampolo hatte kaum es wahrgenommen
So setzt’ er an zum Sprung, entriß im Nu
Sich Barbariccia’s Arm und war entkommen.
Hierum erboßten all die Teufel sich,
Am meisten der, so es verschuldet hatte.
Er schoß hinzu und rief: Ich habe dich!
Umsonst! sein Fittig war nicht schnell genug
Für des Verfolgten Angst; der fuhr zu Boden.
Und er hinauf mit rasch gewandten Flug.
Ergrimmend über solche Narrethey
Flog Calcabrina nach, um mit dem Andern
Sich gleich zu balgen, käm der Sünder frey.
Er sah ihn nicht sobald hinabgefallen
So packt’ er schon den Mitgesellen an
Und zaußt’ ihn überm Pech mit scharfen Krallen.
Des Andern Klauen waren auch nicht stumpf,
Er wußte sie zu brauchen, wie ein Geyer
Und beyde stürzten in den glüh’nden Sumpf.
Die Hitze stillt alsbald der Kämpfer Wüten
Doch klebte Pech an ihren Flügeln so,
Daß sie umsonst sich zu erstehn bemühten,
Ihr Obermann, deß sehr bekümmert, ließ
Von seiner Rotte vier hinüber fliegen
Die er in Eil an ihre Posten weiß.
So stiegen sie mit allen Haackenstangen
Zum Rand des Pechs hinunter, hier und dort,
Um das gesottne Paar herauszulangen.
Wir aber zogen unsers Weges fort.

1 Dante’s Zeugniß ist in jeder Rücksicht unverwerflich, und Brunetto hat selbst in seinem Tesoretto eine harte Verdammung über sich ausgesprochen:

E ben gran vituperio
Commetter avolterio
Con donne, o con donzelle
Quanto che paian belle
Ma ch’il fa con parente
Pecca più laidamente
Ma tra questi peccati
Via più son condannati
Que’ che con sodomiti
Deh! come son periti
Quei, che contra natura
Brigan con lal lussuria!

Diese Probe mag zugleich zu einem Maaßstabe dienen, wie viel etwa Dante als Dichter von Brunetto Latini lernen konnte.

2 Eines Steindammes, der gerade durch die Sandwüste hingeht, auf dem sie unversehrt von den Feuerflocken fortgewandert sind und noch stehen.

3 Nehmlich mit dem Schwanz im Wasser um Fische zu fangen.

4 Im Original steht noch ein gar nicht schmeichelndes Beywort: i Tedeschi lurchi. Die Teutschen mochten es wohl verdienen, aber Dante hatte auch das Wort zum Reime nöthig.

5 Also eine Wirkung des Erdbebens, welches heiligen Zeugnissen zufolge, die merkwürdigste aller Begebenheiten begleitet hat. „Und die Erde erbebte, und die Felsen zerrissen und die Gräber thaten sich auf.“ Den mystischen Grund, warum jene Verwüstung die Felsengewölbe der sechsten Tiefe und nur diese traf, wage ich nicht oder bemühe ich mich nicht zu entziffern. Doch spüre ich gern den unbetretnen Pfaden nach, worauf des Dichters Geist sich zu dieser weit aus dem bewohnten Kreise entlegenen Erfindung mag hingesonnen haben. – In dem hingeworfenen Winke liegt zugleich eine chronologische Bestimmung, nach der Dante’s Reise vom Charfreytage bis Ostern des Jahres 1300 geschah. Auf die Lebensjahre des Erlösers werden nehmlich 34 Jahre gerechnet.

6 Der Schatte, welcher redet, heißt Giampolo. Von seinen Lebensumständen unterrichtet seine eigne Erzählung umständlich und hinlänglich.

7 Theobald der Erste von Navarra regierte von 1234-1270.

8 Italiäner.

9 Er war Günstling des Nino Visconti, Pisanischen Statthalters in Gallura, einem der vier Districkte (gindicati) von Sardinien. Als Nino erfuhr, daß jener seine Feinde die er in seiner Gewalt hatte, für Geld habe entfliehen lassen, ließ er ihn aufhängen.

10 Michel Zanche, Statthalter von Logodoro, gleichfalls einem Sardinischen Districkte.

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