HomeMusenalmanach 1798Gesang und Kuss.

Gesang und Kuss.

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Sonett.

Wenn fremde Blicke wachsam uns umgeben,
Und unsre tiefe Sehnsucht, ungestillt,
Sich in der Heiterkeit Gebährde hüllt,
Und leise kaum den Busen wagt zu heben;

Dann ist nur Eins, o mein geliebtes Leben!
Was mein Gemüth mit Wonn’ und Ahndung füllt:
Die Melodie, so deinem Mund entquillt,
Der seelenvollen Töne sanftes Schweben.

Wie Liebesodem fühl’ ich den Gesang
Auf diesen Lippen die vergebens glühen;
Zum Kusse wird mir jeder zarte Klang.

Und nenne diess nicht eitle Fantasien:
Vernehm’ ich nicht im schweigenden Umfang
Auch deines Herzens schöne Harmonien?

A. W. Schlegel.