Franz von Dorsigny und Champagne, beide in Mäntel eingewickelt. Valcour.
Dorsigny (seinen Mantel an Champagne gebend).
Ei , guten Abend, lieber Valcour!
Valcour.
Was? Bist du’s, Dorsigny? Wie kommst du hieher? Und wozu diese sonderbare Ausstaffierung – diese Perrücke und diese Uniform , die nicht von deinem Regiment ist?
Dorsigny.
Meiner Sicherheit wegen. – Ich habe mich mit meinem Obristlieutenant geschlagen; er ist schwer verwundet, und ich komme, mich in Paris zu verbergen. Weil man mich aber in meiner eigenen Uniform gar zu leicht erkennt, so habe ich’s fürs sicherste gehalten, das Kostüm meines Onkels anzunehmen. Wir sind so ziemlich von einem Alter, wie du weißt, und einander an Gestalt, an Größe, an Farbe bis zum Verwechseln ähnlich und führen überdies noch einerlei Namen. Der einzige Unterschied ist, daß der Oberst eine Perrücke trägt, und ich meine eignen Haare – Jetzt aber, seitdem ich mir seine Perrücke und die Uniform seines Regiments zulegte, erstaune ich selbst über die große Aehnlichkeit mit ihm. In diesem Augenblick komme ich an und bin erfreut, dich so pünktlich bei dem Rendezvous zu finden.
Valcour.
Bei dem Rendezvous? Wie? Hat sie dir auch was davon vertraut?
Dorsigny.
Sie? Welche sie?
Valcour.
Nun , die hübsche Dame, die mich in einem Billet hieher beschieden? Du bist mein Freund, Dorsigny, und ich habe nichts Geheimes vor dir.
Dorsigny (lachend).
Die allerliebste Dame!
Valcour.
Worüber lachst du?
Dorsigny.
Ich bin die schöne Dame, Valcour.
Valcour.
Du?
Dorsigny.
Das Billet ist von mir.
Valcour.
Ein schönes Quiproquo, zum Teufel! – Was fällt dir aber ein, deine Briefe nicht zu unterzeichnen? – Leute von meinem Schlag können sich bei solchen Billets auf etwas ganz anders Rechnung machen – Aber da es so steht, gut! Wir nehmen einander nichts übel, Dorsigny – Also ich bin dein gehorsamer Diener.
Dorsigny.
Warte doch! Warum eilst du so hinweg? Es lag mir viel daran, dich zu sprechen, ehe ich mich vor Jemand anderem sehen ließ. Ich brauche deines Beistands; wir müssen Abrede mit einander nehmen.
Valcour.
Gut – Du kannst auf mich zählen; aber jetzt laß mich, ich habe dringende Geschäfte –
Dorsigny.
So? Jetzt, da du mir einen Dienst erzeigen sollst? – Aber zu einem galanten Abenteuer hattest du Zeit übrig.
Valcour.
Das nicht, lieber Dorsigny. Aber ich muß fort, man erwartet mich.
Dorsigny.
Wo?
Valcour.
Beim l’Hombre.
Dorsigny.
Die große Angelegenheit!
Valcour.
Scherz bei Seite! Ich habe dort Gelegenheit, die Schwester deines Obristlieutenants zu sehen – Sie hält was auf mich; ich will dir bei ihr das Wort reden.
Dorsigny.
Nun, meinetwegen. Aber thu‘ mir den Gefallen, meiner Schwester, der Frau von Mirville, im Vorbeigehen wissen zu lassen, daß man sie hier im Gartensaale erwarte – Nenne mich aber nicht, hörst du?
Valcour.
Da sei außer Sorgen. Ich habe keine Zeit dazu und will es ihr hinauf sagen lassen, ohne sie nur einmal zu sehen. Uebrigens behalte ich mir’s vor, bei einer andern Gelegenheit ihre nähere Bekanntschaft zu machen. Ich schätze den Bruder zu sehr, um die Schwester nicht zu lieben, wenn sie hübsch ist, versteht sich. (Ab.)