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Der Parasit (Picard) – Fünfter Aufzug. Dritter Auftritt.

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Narbonne. Selicour.

Selicour (bei Seite).
Er ist allein! Jetzt kann ich’s anbringen! – Wenn ich jetzt nicht eile, mich ihm nothwendig zu machen, so setzt dieser Firmin sich in seine Gunst. – Hab‘ ich einmal sein Geheimniß, so ist er ganz in meinen Händen.

Narbonne.
Ich denke eben daran, lieber Selicour, was man im Ministerium zu Ihrem Aufsatz sagen wird – Ich hab‘ ihn sogleich abgehen lassen, er wird diesen Augenblick gelesen, und ich zweifle nicht, er wird den vollkommensten Beifall haben.

Selicour.
Wenn er den Ihrigen hat, so sind alle meine Wünsche befriedigt. (Für sich). Wie leit‘ ich’s nur ein? – Wagen kann ich dabei nichts, denn die Sache ist richtig. Ich will nur gerade zugehen –

Narbonne.
Sie scheinen in Gedanken, lieber Selicour!

Selicour.
Ja – ich – ich denke nach, welche boshafte Auslegungen doch die Verleumdung den unschuldigsten Dingen zu geben im Stand ist!

Narbonne.
Was meinen Sie damit?

Selicour.
Es muß heraus – ich darf es nicht länger bei mir behalten – Böse Zungen haben sich Angriffe gegen Sie erlaubt – Es hat verlauten wollen – Ich bitte – beantworten Sie mir ein paar Fragen, und verzeihen Sie der besorgten Freundschaft, wenn ich unbescheiden scheine.

Narbonne.
Fragen Sie! Ich will alles beantworten.

Selicour.
Wenn ich Ihrem Kammerdiener glauben darf, so suchen Sie ein Quartier in der Vorstadt?

Narbonne.
Weil Sie es denn wissen – ja.

Selicour.
Und ganz in geheim, hör‘ ich.

Narbonne.
Ich habe bis jetzt wenigstens ein Geheimniß daraus gemacht.

Selicour.
Für ein unverheiratetes Frauenzimmer?

Narbonne.
Ja.

Selicour.
Die Ihnen sehr – (stockt) sehr werth ist?

Narbonne.
Ich gestehe es, ich nehme großen Antheil an ihr.

Selicour (für sich).
Er hat es gar keinen Hehl – die Sache ist richtig. – Und Sie möchten gern das Aufsehen vermeiden, nicht wahr?

Narbonne.
Wenn es möglich wäre, ja!

Selicour.
Ach, gut! Gut! Ich verstehe! Die Sache ist von zärtlicher Natur, und die Welt urtheilt so boshaft. – Aber ich kann Ihnen dienen.

Narbonne.
Sie?

Selicour.
Kann Ihnen dienen! Verlassen Sie sich auf mich!

Narbonne.
Aber wie denn?

Selicour.
Ich schaffe Ihnen, was Sie brauchen.

Narbonne.
Wie denn? Was denn?

Selicour.
Ich hab’s! Ich schaff’s Ihnen – Ein stilles Häuschen, abgelegen – einfach von außen und unverdächtig! – Aber innen aufs zärtlichste eingerichtet – die Meubles, die Tapeten nach dem neuesten Geschmack – ein Cabinet – himmlisch und reizend – kurz – das schönste Boudoir, das weit und breit zu finden.

Narbonne (für sich).
Sollte La Roche Recht behalten – (Laut.) Und welche geheime Ursache hätte ich, ein solches Quartier zu suchen?

Selicour (lächelnd).
In Sachen, die man vor mir geheim halten will, weiß ich mich einer vorlauten Neugier zu enthalten – Erkennen Sie übrigens einen dienstfertigen Freund in mir – Es ist nichts, wozu ich nicht bereit wäre, um Ihnen gefällig zu sein. Befehlen Sie, was Sie wollen, ich werde gehorchen, ohne zu untersuchen – Sie verstehen mich.

Narbonne.
Vollkommen.

Selicour.
Man muß Nachsicht haben. – Ich – ich halte zwar auf gute Sitten – Aber, was diesen Punkt betrifft – wenn man nur den öffentlichen Anstoß vermeidet – Ich gehe vielleicht darin zu weit – aber das gute Herz reißt mich hin – und mein höchster Wunsch ist, Sie glücklich zu sehen –