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Iphigenie in Aulis – Dritte Zwischenhandlung.

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Chor.

(Strophe.)
Sie sehen des Simois silberne Strudel,
Der griechischen Schiffe versammelte Macht;
Mit dem Geräthe zur blutigen Schlacht
Betreten sie Phöbus‘ heilige Erde,
Wo Kassandra mit wilder Geberde,
Die Schläfe mit grünendem Lorbeer umlaubt,
Das goldene Haar, wie die Sagen erzählen,
Wallen läßt um das begeisterte Haupt,
Wenn die Triebe des Gottes sie wechselnd beseelen.

(Gegenstrophe.)
Sie rennen auf die Mauern!
Sie steigen auf die Burg!
Sie erblicken mit Schauern,
Hoch herunter von Pergamus‘ Burg,
Den unsre schnellen Schiffe brachten,
Den fürchterlichen Gott der Schlachten,
Der, in tönendes Erz eingekleidet,
Sich um den Simois zahllos verbreitet,
Helenen, die Schwester des himmlischen Paars,
Unter den Lanzen und kriegrischen Schilden
Heimzuführen nach Spartas Gefilden.

(Epode.)
Einen Wald von ehrnen Lanzen
Seh‘ ich sie um deine Felsenthürme pflanzen,
Stadt der Phryger, hohe Pergamus!
Deiner Männer Häupter, deiner Frauen
Unerbittlich von dem Nacken hauen,
Leichen über Leichen häufen,
Deine stolze Feste schleifen,
Unglücksvolle Pergamus!
Da wird’s Thränen kosten deinen Bräuten
Und der Gattin Priamus‘.

Wie wird nach dem geflohenen Gemahl
Die Tochter Jovis jetzt zurückeweinen!
Ihr Götter! solche Angst und Qual,
Entfernet sie von mir und von den Meinen!
Wie wird die reiche Lydierin
Den Busen jammernd schlagen
Und wird’s der stolzen Phrygerin
Am Webestuhle klagen!

Ach, wenn nun die Sagen schallen,
Daß die hohe Stadt gefallen,
Die die Wehre meiner Heimath war!
Wer, wenn es herum erschollen,
Schneidet wohl der Thränenvollen
Von dem Haupt das schön gekämmte Haar?

Helene, die der hochgehalste Schwan
Gezeuget – das hast du gethan!
Sei’s nun, daß in einem Vogel
Leda, wie die Sage ging,
Zeus‘ verwandelte Gestalt umfing,
Sei’s, daß eine Fabel aus dem Munde
Der Camönen sehr zur schlimmen Stunde
Das Geschlecht der Menschen hinterging!