Vorhalle in Macbeths Schloß
Lady Macbeth allein, in einem Briefe lesend.
»Ich traf sie grade an dem Tag des Siegs,
»Und die Erfüllung ihres ersten Grußes
»Verbürgte mir, sie wissen mehr als Menschen.
»Da ich nach neuen Dingen forschen wollte,
»Verschwanden sie. Ich stand noch voll Erstaunen,
»Als Abgeordnete vom König kamen,
»Die mich als Than von Cawdor grüßten, mit
»Demselben Titel, den mir kurz zuvor
»Die Zauberschwestern gaben und worauf
»Der dritte königliche Gruß gefolgt!
»Dies eil‘ ich dir zu melden, theuerste
»Genossin meiner Größe, daß du länger nicht
»Unwissend seiest, welche Hoheit uns
»Erwartet. Leg‘ es an dein Herz. Leb‘ wohl.«
Glamis und Cawdor bist du und sollst sein,
Was dir verheißen ist – Und dennoch fürcht‘ ich
Dein weichliches Gemüth – Du bist zu sanft
Geartet, um den nächsten Weg zu gehn.
Du bist nicht ohne Ehrgeiz, möchtest gerne
Groß sein, doch dein Gewissen auch bewahren.
Nicht abgeneigt bist du vor ungerechtem
Gewinn; doch widersteht dir’s, falsch zu spielen.
Du möchtest gern Das haben, was dir zuruft:
Das muß geschehn, wenn man mich haben will!
Und hast doch nicht die Keckheit, es zu thun!
O eile! Eile her!
Damit ich meinen Geist in deinen gieße,
Durch meine tapfre Zunge diese Zweifel
Und Furchtgespenster aus dem Felde schlage,
Die dich wegschrecken von dem goldnen Reif,
Womit das Glück dich gern bekrönen möchte.