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Macbeth (Shakespeare) – Zweiter Aufzug. Dritter Auftritt.

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Macbeth allein.

Ist dies ein Dolch, was ich da vor mir sehe,
Den Griff mir zugewendet? Komm! Laß mich dich fassen,
Ich hab‘ dich nicht und sehe dich doch immer.
Furchtbares Bild! Bist du so fühlbar nicht der Hand,
Als du dem Auge sichtbar bist? Bist du
Nur ein Gedankendolch, ein Wahngebilde
Des fieberhaft entzündeten Gehirns?
Ich seh‘ dich immer, so leibhaftig wie
Den Dolch, den ich in meiner Hand hier zücke.
Du weisest mir den Weg, den ich will gehn;
Entweder ist mein Auge nur der Narr
Der andern Sinne oder mehr werth, als sie alle.
– Noch immer seh‘ ich dich und Tropfen Bluts
Auf deiner Klinge, die erst nicht da waren.
– Es ist nichts Wirkliches. Mein blutiger
Gedanke ist’s, der so heraustritt vor das Auge!

Jetzt scheint die eine Erdenhälfte todt,
Und böse Träume schrecken hinterm Vorhang
Den unbeschützten Schlaf! Die Zauberei beginnt
Den furchtbarn Dienst der bleichen Hekate,
Und aufgeschreckt von seinem heulenden Wächter,
Dem Wolf, gleich einem Nachtgespenste, geht
Mit groß – weit – ausgeholten Räuberschritten
Der Mord an sein entsetzliches Geschäft.
Du sichre, unbeweglich feste Erde!
Hör‘ meine Tritte nicht, wohin sie gehn,
Damit nicht deine stummen Steine selbst
Mein Werk ausschreien und zusammenklingend
Dies tiefe Todtenschweigen unterbrechen,
Das meinem Mordgeschäft so günstig ist.
Ich drohe hier, und drinnen lebt er noch! – (Man hört die Glocke.)
Rasch vorwärts, Macbeth, und es ist gethan.
Die Glocke ruft mir – Höre sie nicht, Duncan!
Es ist die Glocke, die dich augenblicks
Zum Himmel fordert oder zu der Hölle. (Er geht ab.)