Octavio.
Mein Sohn! Laß uns die alten, engen Ordnungen
Gering nicht achten! Köstlich unschätzbare
Gewichte sind’s, die der bedrängte Mensch
An seiner Dränger raschen Willen band;
Denn immer war die Willkür fürchterlich –
Der Weg der Ordnung, ging‘ er auch durch Krümmen,
Er ist kein Umweg. Grad aus geht des Blitzes,
Geht des Kanonballs fürchterlicher Pfad –
Schnell, auf dem nächsten Wege, langt er an,
Macht sich zermalmend Platz, um zu zermalmen.
Mein Sohn! Die Straße, die der Mensch befährt,
Worauf der Segen wandelt, diese folgt
Der Flüsse Lauf, der Täler freien Krümmen,
Umgeht das Weizenfeld, den Rebenhügel,
Des Eigentums gemeßne Grenzen ehrend –
So führt sie später, sicher doch zum Ziel.
Questenberg.
Oh! hören Sie den Vater – hören Sie
Ihn, der ein Held ist und ein Mensch zugleich.
Octavio.
Das Kind des Lagers spricht aus dir, mein Sohn.
Ein fünfzehnjähr’ger Krieg hat dich erzogen,
– Du hast den Frieden nie gesehn! Es gibt
Noch höhern Wert, mein Sohn, als kriegerischen;
Im Kriege selber ist das Letzte nicht der Krieg.
Die großen, schnellen Taten der Gewalt,
Des Augenblicks erstaunenswerte Wunder,
Die sind es nicht, die das Beglückende,
Das ruhig, mächtig Dauernde erzeugen.
In Hast und Eile bauet der Soldat
Von Leinwand seine leichte Stadt, da wird
Ein augenblicklich Brausen und Bewegen,
Der Markt belebt sich, Straßen, Flüsse sind
Bedeckt mit Fracht, es rührt sich das Gewerbe.
Doch eines Morgens plötzlich siehet man
Die Zelte fallen, weiter rückt die Horde,
Und ausgestorben, wie ein Kirchhof, bleibt
Der Acker, das zerstampfte Saatfeld liegen,
Und um des Jahres Ernte ist’s getan.
Max.
Oh! laß den Kaiser Friede machen, Vater!
Den blut’gen Lorbeer geb ich hin mit Freuden
Fürs erste Veilchen, das der März uns bringt,
Das duftige Pfand der neuverjüngten Erde.
Octavio.
Wie wird dir? Was bewegt dich so auf einmal?
Max.
Ich hab den Frieden nie gesehn? – Ich hab ihn
Gesehen, alter Vater, eben komm ich –
Jetzt eben davon her – es führte mich
Der Weg durch Länder, wo der Krieg nicht hin –
Gekommen – oh! das Leben, Vater,
Hat Reize, die wir nie gekannt. – Wir haben
Des schönen Lebens öde Küste nur
Wie ein umirrend Räubervolk befahren,
Das, in sein dumpfig-enges Schiff gepreßt,
Im wüsten Meer mit wüsten Sitten haust,
Vom großen Land nichts als die Buchten kennt,
Wo es die Diebeslandung wagen darf.
Was in den innern Tälern Köstliches
Das Land verbirgt, oh! davon – davon ist
Auf unsrer wilden Fahrt uns nichts erschienen.
Octavio (wird aufmerksam).
Und hätt‘ es diese Reise dir gezeigt?
Max.
Es war die erste Muße meines Lebens.
Sag mir, was ist der Arbeit Ziel und Preis,
Der peinlichen, die mir die Jugend stahl,
Das Herz mir öde ließ und unerquickt
Den Geist, den keine Bildung noch geschmücket?
Denn dieses Lagers lärmendes Gewühl,
Der Pferde Wiehern, der Trompete Schmettern,
Des Dienstes immer gleichgestellte Uhr,
Die Waffenübung, das Kommandowort –
Dem Herzen gibt es nichts, dem lechzenden.
Die Seele fehlt dem nichtigen Geschäft –
Es gibt ein andres Glück und andre Freuden.