Wallenstein und Wrangel.
Wallenstein (nachdem er einen forschenden Blick auf ihn geheftet).
Ihr nennt Euch Wrangel?
Wrangel.
Gustav Wrangel, Oberst
Vom blauen Regimente Südermannland.
Wallenstein.
Ein Wrangel war’s, der vor Stralsund viel Böses
Mir zugefügt, durch tapfre Gegenwehr
Schuld war, daß mir die Seestadt widerstanden.
Wrangel.
Das Werk des Elements, mit dem Sie kämpften,
Nicht mein Verdienst, Herr Herzog! Seine Freiheit
Verteidigte mit Sturmes Macht der Belt,
Es sollte Meer und Land nicht einem dienen.
Wallenstein.
Den Admiralshut rißt Ihr mir vom Haupt.
Wrangel.
Ich komme, eine Krone drauf zu setzen.
Wallenstein (winkt ihm, Platz zu nehmen, setzt sich).
Euer Kreditiv. Kommt Ihr mit ganzer Vollmacht?
Wrangel (bedenklich).
Es sind so manche Zweifel noch zu lösen –
Wallenstein (nachdem er gelesen).
Der Brief hat Händ‘ und Füß‘. Es ist ein klug,
Verständig Haupt, Herr Wrangel, dem Ihr dienet.
Es schreibt der Kanzler: er vollziehe nur
Den eignen Einfall des verstorbnen Königs,
Indem er mir zur böhm’schen Kron‘ verhelfe.
Wrangel.
Er sagt, was wahr ist. Der Hochselige
Hat immer groß gedacht von Euer Gnaden
Fürtrefflichem Verstand und Feldherrngaben,
Und stets der Herrschverständigste, beliebt‘ ihm
Zu sagen, sollte Herrscher sein und König.
Wallenstein.
Er durft‘ es sagen.
(Seine Hand vertraulich fassend.)
Aufrichtig, Oberst Wrangel – Ich war stets
Im Herzen auch gut schwedisch – Ei, das habt ihr
In Schlesien erfahren und bei Nürnberg.
Ich hatt‘ euch oft in meiner Macht und ließ
Durch eine Hintertür euch stets entwischen.
Das ist’s, was sie in Wien mir nicht verzeihn,
Was jetzt zu diesem Schritt mich treibt – Und weil
Nun unser Vorteil so zusammengeht,
So laßt uns zu einander auch ein recht
Vertrauen fassen.
Wrangel.
Das Vertraun wird kommen,
Hat jeder nur erst seine Sicherheit.
Wallenstein.
Der Kanzler, merk ich, traut mir noch nicht recht.
Ja, ich gesteh’s – Es liegt das Spiel nicht ganz
Zu meinem Vorteil – Seine Würden meint,
Wenn ich dem Kaiser, der mein Herr ist, so
Mitspielen kann, ich könn‘ das gleiche tun
Am Feinde, und das eine wäre mir
Noch eher zu verzeihen als das andre.
Ist das nicht Eure Meinung auch, Herr Wrangel?
Wrangel.
Ich hab hier bloß ein Amt und keine Meinung.
Wallenstein.
Der Kaiser hat mich bis zum Äußersten
Gebracht. Ich kann ihm nicht mehr ehrlich dienen.
Zu meiner Sicherheit, aus Notwehr tu ich
Den harten Schritt, den mein Bewußtsein tadelt.
Wrangel.
Ich glaub’s. So weit geht niemand, der nicht muß.
(Nach einer Pause.) Was Eure Fürstlichkeit bewegen mag,
Also zu tun an Ihrem Herrn und Kaiser,
Gebührt nicht uns zu richten und zu deuten.
Der Schwede ficht für seine gute Sach‘
Mit seinem guten Degen und Gewissen.
Die Konkurrenz ist, die Gelegenheit
Zu unsrer Gunst, im Krieg gilt jeder Vorteil,
Wir nehmen unbedenklich, was sich bietet;
Und wenn sich alles richtig so verhält –
Wallenstein.
Woran denn zweifelt man? An meinem Willen?
An meinen Kräften? Ich versprach dem Kanzler,
Wenn er mir sechzehntausend Mann vertraut,
Mit achtzehntausend von des Kaisers Heer
Dazuzustoßen –
Wrangel.
Euer Gnaden sind
Bekannt für einen hohen Kriegesfürsten,
Für einen zweiten Attila und Pyrrhus.
Noch mit Erstaunen redet man davon,
Wie Sie vor Jahren, gegen Menschendenken,
Ein Heer wie aus dem Nichts hervorgerufen.
Jedennoch –
Wallenstein.
Dennoch?
Wrangel.
Seine Würden meint,
Ein leichter Ding doch möcht‘ es sein, mit nichts
Ins Feld zu stellen sechzigtausend Krieger,
Als nur ein Sechzigteil davon – (er hält inne)
Wallenstein.
Nun, was?
Nur frei heraus!
Wrangel.
Zum Treubruch zu verleiten.
Wallenstein.
Meint er? Er urteilt wie ein Schwed‘ und wie
Ein Protestant. Ihr Lutherischen fechtet
Für eure Bibel, euch ist’s um die Sach‘;
Mit eurem Herzen folgt ihr eurer Fahne. –
Wer zu dem Feinde läuft von euch, der hat
Mit zweien Herrn zugleich den Bund gebrochen.
Von all dem ist die Rede nicht bei uns –
Wrangel.
Herr Gott im Himmel! Hat man hierzulande
Denn keine Heimat, keinen Herd und Kirche?
Wallenstein.
Ich will Euch sagen, wie das zugeht – Ja,
Der Österreicher hat ein Vaterland
Und liebt’s und hat auch Ursach‘, es zu lieben.
Doch dieses Heer, das kaiserlich sich nennt,
Das hier in Böheim hauset, das hat keins;
Das ist der Auswurf fremder Länder, ist
Der aufgegebne Teil des Volks, dem nichts
Gehöret als die allgemeine Sonne.
Und dieses böhm’sche Land, um das wir fechten,
Das hat kein Herz für seinen Herrn, den ihm
Der Waffen Glück, nicht eigne Wahl gegeben.
Mit Murren trägt’s des Glaubens Tyrannei,
Die Macht hat’s eingeschreckt, beruhigt nicht.
Ein glühend, rachvoll Angedenken lebt
Der Greuel, die geschahn auf diesem Boden.
Und kann’s der Sohn vergessen, daß der Vater
Mit Hunden in die Messe ward gehetzt?
Ein Volk, dem das geboten wird, ist schrecklich,
Es räche oder dulde die Behandlung.
Wrangel.
Der Adel aber und die Offiziere?
Solch eine Flucht und Felonie, Herr Fürst,
Ist ohne Beispiel in der Welt Geschichten.
Wallenstein.
Sie sind auf jegliche Bedingung mein.
Nicht mir, den eignen Augen mögt Ihr glauben.
(Er gibt ihm die Eidesformel. Wrangel durchliest sie und legt sie, nachdem er gelesen, schweigend auf den Tisch.)
Wie ist’s? Begreift Ihr nun?
Wrangel.
Begreif’s, wer’s kann!
Herr Fürst! Ich laß die Maske fallen – Ja!
Ich habe Vollmacht, alles abzuschließen.
Es steht der Rheingraf nur vier Tagemärsche
Von hier mit fünfzehntausend Mann, er wartet
Auf Ordre nur, zu Ihrem Heer zu stoßen.
Die Ordre stell ich aus, sobald wir einig.
Wallenstein.
Was ist des Kanzlers Forderung?
Wrangel (bedenklich).
Zwölf Regimenter gilt es, schwedisch Volk.
Mein Kopf muß dafür haften. Alles könnte
Zuletzt nur falsches Spiel –
Wallenstein (fährt auf).
Herr Schwede!
Wrangel (ruhig fortfahrend).
Muß demnach
Darauf bestehn, daß Herzog Friedland förmlich,
Unwiderruflich breche mit dem Kaiser,
Sonst ihm kein schwedisch Volk vertrauet wird.
Wallenstein.
Was ist die Forderung? Sagt’s kurz und gut.
Wrangel.
Die span’schen Regimenter, die dem Kaiser
Ergeben, zu entwaffnen, Prag zu nehmen
Und diese Stadt wie auch das Grenzschloß Eger
Den Schweden einzuräumen.
Wallenstein.
Viel gefordert!
Prag! Sei’s um Eger! Aber Prag? Geht nicht.
Ich leist euch jede Sicherheit, die ihr
Vernünft’gerweise von mir fordern möget.
Prag aber – Böhmen – kann ich selbst beschützen.
Wrangel.
Man zweifelt nicht daran. Es ist uns auch
Nicht ums Beschützen bloß. Wir wollen Menschen
Und Geld umsonst nicht aufgewendet haben.
Wallenstein.
Wie billig.
Wrangel.
Und so lang, bis wir entschädigt,
Bleibt Prag verpfändet.
Wallenstein.
Traut ihr uns so wenig?
Wrangel (steht auf).
Der Schwede muß sich vorsehn mit dem Deutschen.
Man hat uns übers Ostmeer hergerufen;
Gerettet haben wir vom Untergang
Das Reich – mit unserm Blut des Glaubens Freiheit,
Die heil’ge Lehr‘ des Evangeliums
Versiegelt – Aber jetzt schon fühlet man
Nicht mehr die Wohltat, nur die Last, erblickt
Mit scheelem Aug‘ die Fremdlinge im Reiche
Und schickte gern mit einer Handvoll Geld
Uns heim in unsre Wälder. Nein! wir haben
Um Judas‘ Lohn, um klingend Gold und Silber
Den König auf der Walstatt nicht gelassen!
So vieler Schweden adeliges Blut,
Es ist um Gold und Silber nicht geflossen!
Und nicht mit magerm Lorbeer wollen wir
Zum Vaterland die Wimpel wieder lüften,
Wir wollen Bürger bleiben auf dem Boden,
Den unser König fallend sich erobert.
Wallenstein.
Helft den gemeinen Feind mir niederhalten,
Das schöne Grenzland kann euch nicht entgehn.
Wrangel.
Und liegt zu Boden der gemeine Feind,
Wer knüpft die neue Freundschaft dann zusammen?
Uns ist bekannt, Herr Fürst – wenngleich der Schwede
Nichts davon merken soll – daß Ihr mit Sachsen
Geheime Unterhandlung pflegt. Wer bürgt uns
Dafür, daß wir nicht Opfer der Beschlüsse sind,
Die man vor uns zu hehlen nötig achtet?
Wallenstein.
Wohl wählte sich der Kanzler seinen Mann,
Er hätt‘ mir keinen zähern schicken können. (Aufstehend.)
Besinnt Euch eines Bessern, Gustav Wrangel.
Von Prag nichts mehr.
Wrangel.
Hier endigt meine Vollmacht.
Wallenstein.
Euch meine Hauptstadt räumen! Lieber tret ich
Zurück – zu meinem Kaiser.
Wrangel.
Wenn’s noch Zeit ist.
Wallenstein.
Das steht bei mir, noch jetzt, zu jeder Stunde.
Wrangel.
Vielleicht vor wenig Tagen noch. Heut nicht mehr.
– Seit der Sesin gefangen sitzt, nicht mehr.
(Wie Wallenstein betroffen schweigt.)
Herr Fürst! Wir glauben, daß Sie’s ehrlich meinen;
Seit gestern – sind wir des gewiß – Und nun
Dies Blatt uns für die Truppen bürgt, ist nichts,
Was dem Vertrauen noch im Wege stünde.
Prag soll uns nicht entzweien. Mein Herr Kanzler
Begnügt sich mit der Altstadt, Euer Gnaden
Läßt er den Ratschin und die kleine Seite.
Doch Eger muß vor allem sich uns öffnen,
Eh‘ an Konjunktion zu denken ist.
Wallenstein.
Euch also soll ich trauen, ihr nicht mir?
Ich will den Vorschlag in Erwägung ziehn.
Wrangel.
In keine gar zu lange, muß ich bitten.
Ins zweite Jahr schon schleicht die Unterhandlung;
Erfolgt auch diesmal nichts, so will der Kanzler
Auf immer sie für abgebrochen halten.
Wallenstein.
Ihr drängt mich sehr. Ein solcher Schritt will wohl
Bedacht sein.
Wrangel.
Eh‘ man überhaupt dran denkt,
Herr Fürst! Durch rasche Tat nur kann er glücken.
(Er geht ab.)