HomeDie Horen1796 - Stück 7I. Benvenuto Cellini. [Benvenuto Cellini]

I. Benvenuto Cellini. [Benvenuto Cellini]

Bewertung:
(Stimmen: 0 Durchschnitt: 0)

Fortsetzung.

Ich kam nach Florenz und wartete dem Herzog Alexander auf, der mir sehr freundlich begegnete und von mir verlangte, daß ich bey ihm bleiben sollte. Es war aber in Florenz ein Bildhauer, Nahmens Tribolo, mein Gevatter, ich hatte ihm einen Sohn aus der Taufe gehoben, der sagte mir, daß ein gewisser Jacob Sansuino, bey dem er in der Lehre gestanden, ihn verschrieben habe, und weil er Venedig niemals gesehen, so denke er hinzureisen, besonders, weil er daselbst etwas zu verdienen hoffe, und da er höre, daß ich auch nicht in Venedig gewesen sey, so bitte er mich, diese Spatzierreise mit ihm zu machen. Weil ich ihm nun dieses schon versprochen hatte, antwortete ich dem Herzog Alexander: ich wünschte erst nach Venedig zu gehen und würde nach meiner Rückkehr zu seinen Diensten seyn. Er war es zufrieden und des andern Tages, als ich reisefertig war, ging ich, mich nochmals zu beurlauben. Ich fand ihn in dem Pallast der Pazzi, zu der Zeit, als die Frau und die Töchter des Herrn Lorenzo Cibo daselbst wohnten; ich ließ meine Absicht melden, und der Herr Cosmus Medicis, der jetzt Herzog ist, kam mit der Antwort zurück und sagte mir: ich solle Nicolo di Monte Aguto aufsuchen, der würde mir fünfzig Goldgulden geben, diese schenke mir Seine Exzelenz der Herzog, ich solle sie auf seine Gesundheit verzehren und alsdann zu seinem Dienste zurückkommen. Ich erhielt das Geld und ging zu Tribolo, der bereit war und mich fragte, ob ich meinen Degen aufgebunden hätte? Ich sagte ihm, wer zu Pferde wäre, um zu verreisen, brauche den Degen nicht festzubinden. Er versetzte darauf: in Florenz sey das nun der Gebrauch, denn ein gewisser Fra Mauritio sey ein sehr strenger Aufseher, und würde, um einer Kleinigkeit willen, Sanct Johann den Täufer selbst wixxen lassen; wenigstens bis vor das Thor müßten wir die Degen aufbinden. Ich lachte und wir machten uns auf den Weg, indem wir uns an den Conducteur der ordinären Post von Venedig anschlossen, der Lamentone hieß, und so zogen wir zusammen weiter.

Unter andern kamen wir nach Ferrara und traten in dem Wirthshaus auf dem Platz ein, Lamentone ging einige Ausgewanderte aufzusuchen, denen er Briefe und Aufträge von ihren Weibern brachte. Denn das hatte der Herzog erlaubt, daß der Conducteur allein mit ihnen sprechen durfte, sonst niemand, bey Strafe dergleichen Verbannung, in welche sie verfallen waren. Um die Zeit, es war ohngefähr zwey und zwanzig Uhr, ging ich mit Tribolo den Herzog von Ferrara auf seinem Rückwege zu sehen, der von Belfiore kam, wo man vor ihm turnirt hatte. Wir fanden unter der Menge viele Ausgewanderte, die uns so starr in die Augen sahen, als wenn sie uns nöthigen wollten, mit ihnen zu sprechen. Tribolo, der der furchtsamste Mensch von der Welt war, lispelte mir immer zu: sieh sie nicht an, rede nicht mit ihnen, wenn du wieder nach Florenz zurück willst. So sahen wir den Herzog einziehen und kehrten wieder in unsere Herberge, wo wir den Lamentone fanden. Gegen ein Uhr in der Nacht (nach Sonnenuntergang) kam Nicolo Benintendi und Peter sein Bruder, mit ihnen ein Alter, ich glaube es war Jacob Nardi, und zugleich mehrere junge Leute, alles Ausgewanderte. Der Conducteur sprach mit einem jeden von seinen Geschäften, Tribolo und ich hielten uns entfernt, um nicht mit ihnen zu reden. Nach einer Weile fing Nicolo Benintendi an: ich kenne die beyden recht gut, haben sie Quark im Maule, daß sie nicht mit uns reden können? Tribolo hielt mich an, ich sollte still seyn, und Lamentone sagte zu ihnen, Er habe die Erlaubniß, mit ihnen zu reden und nicht wir. Benintendi antwortete: das sey eine Eseley! der Teufel könne uns holen und andere dergleichen schöne Dinge. Da hub ich das Haupt auf und sagte, so bescheiden als ich nur wußte und konnte: Meine lieben Herren, bedenket, daß ihr uns viel schaden könnet und wir euch nicht zu helfen wüssten. Ihr habt zwar manches unschickliche Wort gesagt, aber wir wollen deßhalb mit euch nicht zürnen. Der alte Nardi sagte: ich sey ein braver junger Mann und habe auch so gesprochen. Darauf versetzte Benintendi: ich gebe nichts auf sie und ihren Herzog! Ich antwortete darauf, er habe sehr unrecht, und wir wollten weiter nichts von ihm wissen. Der alte Nardi hielt es mit uns und stellte ihm seine Unart vor, aber er fuhr mit Schimpfreden fort und ich sagte ihm: wenn er nicht aufhörte, so sollte er es bereuen. Darauf rief er: er verwünsche den Herzog und uns, er und wir wären eine Hand voll Esel.

Darauf schalt ich ihn einen Esel und zog den Degen. Der Alte, der zuerst die Treppe hinunter wollte, stolperte auf den ersten Stufen, stürzte hinunter, und die andern über ihn her, ich sprang vor und wetzte mit dem Degen an den Wänden, und schrie wüthend: ich bringe euch alle zusammen um! Doch nahm ich mich wohl in acht, jemand Leids zu thun, wie ich doch genug gekonnt hätte. Der Wirth schrie, Lamentano wollte ich abhalten, einige reifen: wehe mein Kopf! andere: laßt mich hinaus! Es war ein unschätzbarer Handel, es schien eine Heerde Schweine durcheinander zu fahren. Der Wirth kam mit dem Lichte, ich ging wieder hinauf und steckte den Degen ein, Lamentone verwieß dem Benintendi sein Unrecht und auch der Wirth schalt ihn aus. Es steht das Leben darauf, sagte dieser, wenn hier jemand den Degen zieht, und wenn unserm Herzog eure Insolenzen bekannt wären, so ließ er euch alle aufhängen. Ihr verdientet wohl, daß ich es anzeigte, aber kommt mir nicht mehr ins Haus, sonst soll es euch übel gehen. Hernach kam der Wirth herauf zu mir, und als ich mich entschuldigen wollte, ließ er mich nicht zum Worte kommen und sagte: er wisse wohl, daß ich tausend Ursachen habe, ich solle mich nur auf der Reise vor ihnen in acht nehmen.

Da wir abgegessen hatten, kam ein Schiffer, uns nach Venedig zu führen. Ich fragte, ob wir das Schiff ganz frey für uns haben könnten? er sagte ja, und darauf wurden wir einig. Des Morgens, gut um achte, nahmen wir Pferde, um nach dem Hafen zu gehen, der einige Miglien von Ferrara entfernt ist. Als wir im Hafen ankamen, fanden wir den Bruder des Nicolo Benintendi mit drey Gesellen, die mir aufpassten, zwey von ihnen waren mit Spiessen bewaffnet, ich hatte mich aber auch wohl versehen und mir einen Spieß in Ferrara gekauft, und so erschrack ich nicht im mindesten, Tribolo desto mehr, der ausrief: Gott helfe uns! diese werden uns todt schlagen. Lamentone kehrte sich zu mir und sagte: du wirst am besten thun, nach Ferrara zurückzugehen, denn ich sehe, die Sache ist gefährlich, mein Benvenuto, gehe der Wuth dieser rasenden Bestien aus dem Wege. Da sagte ich: nur getrost vorwärts! Dem der recht hat, hilft Gott, und du sollst sehen, wie ich mir selbst helfen will. Ist dieses Schiff nicht uns allein versprochen? Lamentone sagte ja, und ich antwortete: so wollen wir auch allein darinn abfahren, wenn meine Kraft meinem Willen gleich ist. Ich trieb mein Pferd vorwärts und da wir ohngefähr zehen Schritte entfernt waren, stieg ich ab und ging mit meinem Spiesse kühn auf sie loß. Tribolo war zurück geblieben und hatte sich auf seinem Pferde zusammengekauzt, daß er wie der Frost selbst aussah und Lamentone schnaubte und bließ, daß man einen Wind zu hören glaubte, denn es war seine Angewohnheit, und diesmal that er es stärker als gewöhnlich, denn er bedachte, was diese Teufeley für eine Ausgang haben möchte.

Als ich zum Schiffe kam, trat der Schiffer vor mich und sagte, daß diese Florentinische Edelleute, wenn ich es zufrieden wäre, mit in das Schiff steigen wollten. Darauf versetzte ich: das Schiff ist für uns, nicht vor andere gemiethet, und es thut mir herzlich leid, daß ich sie nicht einnehmen kann. Darauf sagte ein tapfrer Jüngling von den Magalotti: Benvenuto! du wirst wohl können, was wir wollen? Darauf antwortete ich: wenn Gott, mein Recht und meine Kräfte wollen und können, wie ihr wollt und meynt. Mit diesen Worten sprang ich sogleich ins Schiff, kehrte ihnen die Spitze der Waffen zu und sagte. Hiermit will ich euch zeigen, daß ich nicht kann. Der von den Magalotti zeigte einige Lust, zog den Degen und kam heran, da sprang ich auf den Rand des Schiffes und stieß so gewaltsam nach ihm, daß, wäre er nicht rücklings zur Erde gefallen, ich ihn durch und durch gestossen hätte. Die andern Gesellen, anstatt ihm zu helfen, zogen sich zurück, ich hätte ihn auf der Stelle umbringen können, aber anstatt ihm eins zu versetzen, sagte ich: stehe auf Bruder, nimm deine Waffen und gehe fort, wohl hast du gesehen, daß ich nicht kann was ich nicht will. Dann rief ich Tribolo, den Schiffer, und Lamentone herein und so fuhren wir gegen Venedig. Als wir zehn Meilen auf dem Boot zurückgelegt hatten, kamen uns diese jungen Leute in einem Kahne nach, und als sie gegen uns über waren, sagte mir der dumme Peter Benintendi, komm nur weiter Benvenuto, es ist jetzt nicht Zeit, aber in Venedig wollen wir uns wieder sehen. Darauf versetzte ich: laßt es nur gut seyn, ich komme schon und ihr könnt mich überall wieder finden.

So kamen wir nach Venedig und ich wartete dem Bruder des Cardinal Cornaro auf, den ich bat, daß er mir die Erlaubniß verschaffen möge, den Degen tragen zu dürfen. Er versetzte darauf: daß ich ihn nur frey und ohne Erlaubniß anstecken sollte, das schlimmste, was mir begegnen könnte, wäre, daß mir die Policey den Degen wegnähme.

So gingen wir bewaffnet und besuchten Jacob del Sansuino den Bildhauer, der den Tribolo verschrieben hatte. Er begegnete mir äusserst freundlich und behielt uns zum Essen. Da sagte er zu Tribolo: er könne ihm gegenwärtig keine Arbeit geben, er möge doch ein andermal wieder kommen. Da fing ich an zu lachen und sagte scherzend zu Sansuino: sein Haus ist zu weit von dem eurigen, als daß er euch so ganz bequem besuchen könnte. Der arme Tribolo erschrack und zeigte den Brief vor, durch den er berufen war. Darauf antwortete Sansuino: wackre und kunstreiche Männer meines gleichen dürfen das und noch mehr thun. Tribolo zog die Achseln und sagte Geduld, Geduld! Ich nahm darauf ohne Rücksicht auf das herrliche Mittagessen, die Parthie meines Gesellen, der Recht hatte, und überdieß hatte Sansuino bey Tische nicht aufgehört von seinen großen Werken zu sprechen, von Michel Agnolo und allen Kunstverwandten übels zu reden und sich ganz allein übermäßig zu loben, so daß mir für Verdruß kein Bissen schmecken wollte. Da sagte ich nur die paar Worte: Wackre Männer zeigen sich durch wackre Handlungen, und die kunstreichen, die schöne und gute Werke machen, lernt man besser durch das Lob aus fremden Munde, als aus ihrem eigenen kennen. Darauf stiegen wir verdrüßlich vom Tische auf.

Noch denselbigen Tag begegnete ich beym Rialto dem Peter Benintendi, der von verschiedenen begleitet war und da ich merkte, daß sie Händel suchten, trat ich bey einem Apotheker ein, und ließ den Sturm vorüber ziehen. Darnach hörte ich, daß der junge von den Magalotti, dem ich artig begegnet war, sie tüchtig ausgescholten hatte, und so ging die Sache vorüber.

Einige Tage nachher machten wir uns wieder auf den Weg nach Florenz, wir kehrten in einem gewissen Ort ein, der disseits Chioggia auf der linken Hand liegt, wenn man nach Ferrara geht. Der Wirth wollte bezahlt seyn, ehe wir uns schlafen legten, und da wir ihm sagten, daß es an andern Orten gebräuchlich sey, erst morgens zu bezahlen, so sagte er: ich will des abends das Geld, es ist nun meine Art so. Darauf antwortete ich: die Leute, die alles nach ihrer Art haben wollten, müßten sich auch eine besondre Welt dazu schaffen, denn in dieser gehe das nicht an: Er versetzte: ich sollte ihm den Kopf nicht warm machen, denn er wollte es nun einmal so haben. Tribolo zitterte für Furcht, stieß mich und sagte, ich sollte still seyn, damit es nicht noch schlimmer würde, so bezahlten wir den Kerl und legten uns schlafen. Wir hatten fürtreffliche Betten, alles neu und recht wie sichs gehört, mit allem dem aber schlief ich nicht, und dachte nur die ganze Nacht, wie ich mich rächen wollte. Einmal kam mir’s im Sinn ihm das Haus anzustecken, ein andermal ihm vier gute Pferde zu lähmen, die er im Stall hatte. So leicht das zu thun war, so schwer hätte ich darnach mich mit meinem Gesellen retten können. Zuletzt, ließ ich unsere Sachen und die übrigen Gefährten einschiffen, und als die Pferde schon ans Seil gespannt waren, sagte ich, sie sollten still halten, bis ich wieder käme, denn ich hätte meine Pantoffeln im Schlafzimmer gelassen: so ging ich ins Wirthshaus zurück und rief nach dem Wirthe, der rührte sich nicht und sage: er bekümmere sich nicht um uns, wir möchten zum Henker gehen. Es war noch ein Knäbchen im Hause, ein Stallpursche, der sagte ganz schlaftrunken zu mir: selbst um des Papstes willen würde sich sein Herr nicht in Bewegung setzen, darneben verlangte er ein Trinkgeld. Ich gab ihm einige kleine Venzianische Münzen und sagte ihm: er solle die Schiffleute noch so lange aufhalten, bis ich mit meinen Pantoffeln zurück käme. So ward ich auch den loß, und ging hinauf und nahm ein scharfes Messerchen und zerschnitt die vier Betten, so über und über, daß ich wohl einen Schaden von funfzig Scudi mochte gethan haben, steckte darauf einige Fetzen des Zeuges ein, stieg in das Schiff, und eilig sagte ich zudem, der die Pferde führte: er möchte machen, daß er fortkäme; kaum waren wir ein wenig von dem Wirthshause entfernt, als Gevatter Tribolo sagte: er habe ein paar Riemchen zurückgelassen, womit er seinen Mandelsack aufs Pferd zu binden pflege, er wolle zurück, denn er könne sie nicht entbehren. Ich sagte ihm: er solle uns deswegen nicht aufhalten, ich wollte ihm Riemen machen lasen, so groß und so viel er wolle. Er sagte, ich solle nicht spaßen, er wolle nun ein für allemal seine Riemen wieder haben. Nun rief er: man solle halten, und ich rief man solle fortfahren! Indessen erzählte ich ihm den großen Schaden, den ich dem Wirthe versetzt hatte und zeigte ihm ein Pröbchen von dem Bettezeuge. Da ergriff ihn ein solches Schrecken, daß er nicht aufhörte zum Fährmann zu rufen: nur zu! nur zu! und die Angst verließ ihn nicht, bis wir vor die Thore von Florenz kamen.

Da sagte Tribolo: laßt uns um Gottes Willen die Degen aufbinden und treibts nur nicht weiter so fort, mir war’s die ganze Zeit als wenn meine Eingeweide im Kessel kochten. Darauf sagte ich: Gevatter Tribolo! wie solltet ihr den Degen aufbinden, da ihr ihn niemals losgebunden habt? Und das sagte ich, weil er auf der ganzen Reise kein Zeichen eines Mannes von sich gegeben hatte. Darauf sahe er seinen Degen an und sagte: bey Gott! ihr habt recht! das Gehäng ist noch geflochten wie ich es zu Hause zurecht machte. So glaubte der Gevatter, daß ich ihm schlechte Gesellschaft geleistet hätte, weil ich mich vertheidigt und gerochen hatte, wenn man uns etwas unangenehmes erzeigen wollte. Mir schien aber, er habe sich eigentlich schlecht gehalten, daß er mir in solchen Fällen nicht beystand. Das mag nun jeder beurtheilen, wer ohne Leidenschaft die Sache betrachtet.

Sobald ich abgestiegen war, ging ich zum Herzog Alexander und dankte ihm für das Geschenk der funfzig Scudi und sagte: ich sey auf alle Weise bereit Ihro Excellenz zu dienen. Er antwortete mir, ich solle die Stempel zu seinen Münzen machen. Die erste, die ich fertig machte, war von vierzig Soldi mit dem Bilde des Herzogs auf der einen, und mit dem Wappen auf der andern Seite. Darnach schnitt ich den Stempel für die halben Julier und darauf den Kopf des heiligen Johannes im Vollgesichte, die erste Münze der Art, die in so dünnem Silber geprägt worden, wovon die Schwierigkeit nur diejenigen einsehen können, die es in dieser Kunst auf den höchsten Grad gebracht haben. Alsdann wurden die Stempel zu den Goldgülden fertig: auf der einen Seite war ein Kreutz mit kleinen Cherubinen, auf der andern das Wappen des Herzogs. Da ich so mit viererley Münzen fertig war, bat ich Seien Excellenz sie möchten mir nun eine Besoldung auswerfen, und mich in die Zimmer auf der Münze einweisen lassen, wenn ihnen meine Bemühungen gefielen. Darauf sagte er, er sey es zufrieden, und werde die nöthigen Befehle ertheilen. Seine Excellenz sprach mich damals in der Gewehrkammer, ich bemerkte eine fürtreffliche Büchse, die aus Deutschland gekommen war, und als der Herzog sahe, mit welcher Aufmerksamkeit ich das schöne Gewehr betrachtete, gab er mir es in die Hand und sagte: er wisse wohl wie viel Vergnügen ich an solchen Dingen fände, und zum Gottespfennig seines Versprechens sollte ich mir eine Büchse, nach meinem Belieben, wählen, nur diese nicht, und er versichere mich, es seyen viele schönere und eben so gute in seiner Gewehrkammer. Dankbar nah mich das Erbieten an, und als er bemerkte, daß ich mit den Augen herum suchte, befahl er dem Aufseher, der Pietro von Lucca hieß, er solle mich, was ich wollte, nehmen lassen, und so ging er mit dem gefälligsten Worten weg, und ich wählte die schönste und die beste Büchse, die ich in meinem Leben gesehen hatte, und trug sie nach Hause.

Den andern Tag brachte ich ihm Zeichnungen, die er zu einigen Goldarbeiten bestellt hatte, er wollte sie seiner Gemahlin schicken, die noch in Neapel war; ich bat ihn bey der Gelegenheit nochmals, daß er meine Anstellung möge ausfertigen lassen. Darauf sagte seine Excellenz, ich sollte ihm den Stempel von seinem Bilde machen, so schön wie das, vom Papst Clemens. Ich fing sogleich das Bildniß in Wachs an, und der Herzog befahl, daß, so oft ich käme, ihn zu portraitiren, ich ohne weiteres eingelassen werden sollte. Da ich merkte, daß meine Angelegenheit sich ins Weite zog, wählte ich einen gewissen Peter Paul von Monteritondo, der als kleiner Knabe in Rom bey mir gewesen war; er hielt sich gegenwärtig bey einem Goldschmiede auf, der ihn nicht gut behandelte. Deswegen nahm ich ihn weg und lehrte ihn die Stempel zu den Münzen aufs beste behandeln. Indessen portraitirte ich den Herzog den ich öfters nach Tische mit seinem Lorenz Medicis schlummern fand, der ihn nachher umbrachte. Niemand war weiter zugegen, und ich verwunderte mich oft, daß ein solcher Fürst sich so vertrauen konnte.

Nun geschahe es, daß Octavian Medicis, der alles zu regieren schien, gegen den Willen des Herzogs, den alten Münzmeister begünstigen wollte, er hieß Bastian Cennini, ein altfränkischer Mann, der wenig verstand und beym Ausmünzen der Scudi seine dummen Stempel mit den meinigen durcheinander schlagen ließ. Ich beklagte mich darüber beym Herzog, und legte ihm die Münzen vor, worüber er sehr verdrießlich war, und sagte: gehe zu Octavian und zeig es ihm. Da ging ich schnell weg, und wieß diesem, wie man meine schöne Münzen verschändet hatte. Darauf antwortete er mir recht eselmäßig: das beliebt uns so! Ich antwortete aber, das gehöre sich nicht, und mir wolle das nicht gefallen. Darauf versetzte er, und wenn es nun dem Herzog gefiele? Ich antwortete: auch da würde es mir nicht gefallen, denn es ist weder gerecht noch vernünftig. Darauf sagte er: ich solle mich wegpacken, und sollte es hinunterschlucken, und wenn ich dran erwürgen sollte. Ich kehrte zum Herzog zurück, erzählte ihm das ganze verdrießliche Gespräch, und bat ihn, daß er meine schöne Münzen nicht so möchte schänden lassen. Darauf sagte er: Octavian will zu hoch hinaus, dein Wille soll geschehen, denn dadurch beleidigt man mich.

Denselben Tag, es war ein Donnerstag, erhielt ich von Rom einen umständlichen Freybrief vom Papste, damit ich nach Rom gehen, und den Ablaß durch die heiligen Marien im August erlangen, und mich von den Flecken des Todschlags reinigen könnte. Ich ging zum Herzog, und fand ihn da er nicht wohl war, im Bette, ich brauchte noch zwey volle Stunden zu dem Wachsbilde, zeigte es ihm vollendet, und es gefiel ihm gar sehr, dann brachte ich den Freybrief hervor und eröffnete ihm, wie der Papst mich zu gewissen Arbeiten bestellt habe, ich wolle deswegen wieder die schöne Stadt Rom gewinnen, und indessen an seiner Medaille arbeiten. Halb zornig sagte darauf der Herzog: Benvenuto, folge mir! verreise nicht, du sollst deine Besoldung und die Zimmer in der Münze haben, und mehr, als du verlangen kannst. Denn das, was du verlangst, ist gerecht und billig, und wer sollte mir die schönen Münzen prägen, die du gemacht hast. Darauf sagte ich: Gnädiger Herr! auch daran hab ich gedacht, denn ich habe hier einen jungen Römer, der mein Schüler ist, den hab’ ich alles gelehrt, und der wird Ew. Excellenz recht gut bedienen können, bis ich mit der fertigen Denkmünze zurückkomme, um alsdann immer bey Ihnen zu bleiben. Denn ich habe auch noch in Rom eine offene Werkstatt, Arbeiter und verschiedene Geschäfte. Habe ich nur einmal erst den Ablaß, so will ich das ganze Römische Wesen einem meiner Zöglinge überlassen, und mit Ew. Excellenz Erlaubniß wieder zu Ihnen zurückkehren Bey dieser Unterredung war auch Lorenz Medicis gegenwärtig, der Herzog winkte ihm einige Mal, er solle mir doch auch zureden, er sagte aber nichts als: Benvenuto, du thätest beßer da zu bleiben! Ich sagte aber, daß ich auf alle Weise nach Rom gehen wolle. Lorenz wiederholte immer dieselben Worte, und sah beständig den Herzog mit einem fatalen Blick an.

Ich hatte indessen mein Modell geendiget und in die Schachtel geschlossen. Darauf sagte ich: Gnädiger Herr, ich versichere Euch, eure Medaille soll besser werden, als die, des Papst Clemens, denn jene war die erste, die ich machte und ich versteh es nun besser. Ich hoffe, Herr Lorenzo giebt mir eine treffliche Rückseite, er ist gelehrt, und von schönem Geiste. Darauf antwortete Lorenz geschwind: ich denke an nichts anders, als dir eine schöne Gegenseite zu geben, die Ew. Excellenz werth sey. Der Herzog lächelte spöttisch, und sagte: bring ihn auf die Gegenseite, und so verreist er nicht. Da sagte Lorenz: ich will so geschwind als möglich fertig seyn, es soll etwas werden, worüber die Welt erstaunt. Der Herzog, der ihn zum besten hatte, und ihn überhaupt nicht achtete, kehrte sich im Bette herum, und lachte über das, was er ihm gesagt hatte. Ich ging fort ohne weitere Umstände, und ließ sie allein. Der Herzog glaubte nicht, daß ich abreisen würde, und sagte nichts weiter. Da er aber erfuhr, daß ich weg war, schickte er mir einen Bedienten nach, der mich in Siena antraf und mir fünfzig Goldducaten im Nahmen seines Herrn überbrachte, mit den Worten: daß ich sie auf seine Gesundheit verzehren, und sobald als möglich wieder kommen sollte; dann setzte er hinzu: Herr Lorenz läßt dir sagen, daß er zu der Schaumünze, die du machen wirst, eine wundersame Rückseite im Sinne habe. Übrigens hatte ich alles obgedachtem Peter Paul übergeben, und ihn angewiesen, wie er mit den Münzen verfahren sollte, weil es aber ausserordentlich schwer ist, so konnte er niemals ganz damit zu rechte kommen. Mir blieb die Münze über siebzig Scudi für meinen Stempel schuldig.

So reiste ich nach Rom und hatte meine schöne Büchse mit dem Rade bey mir, die ich mit größtem Vergnügen unterweges oft gebrauchte, und mehr als einen wundernswürdigen Schuß damit that. Weil mein Haus in Rom, das in Strada Julia lag, nicht eingerichtet war, so stieg ich bey Herrn Johann Gaddi ab, dem ich vor meiner Abreise meine schöne Waffen, und viele andere Dinge, die ich sehr werth hielte, in Verwahrung gegeben hatte, denn an meiner Werkstatt wollte ich nicht absteigen, und schickte nach Felix meinem Gesellen, er sollte geschwind meine Wohnung aufs beste in Ordnung bringen. Den andern Tag schlief ich dort, machte meine Kleider, und alles was ich bedurfte zu rechte, denn ich wollte den andern Tag zum Papste gehen und ihm danken. Ich hatte zwey Knaben in meinem Dienste und unter mir wohnte eine Wäscherinn, die mir sehr gut kochte.

Ich hatte des Abends einige meiner Freunde zu Tische gehabt, wir waren sehr vergnügt gewesen, und ich legte mich schlafen. Kaum war die Nacht vorbey, es mochte eine Stunde vor Tage seyn, als ich mit entsetzlicher Wuth an meine Thüre schlagen hörte. Ein Schlag fiel auf den andern, ich rief meinem ältesten Diener, der Cencio hieß, eben dem, der mit mir im Kreise des Negromanten gewesen war, und sagte ihm: er solle sehen, wer der Narr sey, der zu dieser Stunde so bestialisch poche. Der Knabe ging und ich zündete noch ein Licht an, denn eins habe ich die Nacht immer brennen, warf ein vortreffliches Panzerhemd über und darüber eine Weste, wie sie mir in die Hand fiel. Cencio kam zurück und rief: o wehe mein Herr! der Bargell mit allen Häschern ist vor der Thür und sagte: wenn ihr nicht geschwind macht, so werde er die Thüre niederrennen, sie haben Fackeln und tausend Dinge bey sich. Darauf sprach ich: sag ihnen, daß ich mich ankleide und sogleich komme.

Da ich vermuthete, daß es ein Streich von Herrn Peter Ludwig sey, nahm ich in die rechte Hand einen vortrefflichen Dolch, in die linke meinen Freybrief, dann lief ich an die hinteren Fenster, die auf gewisse Gärten gingen, auch da sah ich mehr als dreyßig Häscher, und begriff, daß ich auf dieser Seite nicht entfliehen konnte. Da nahm ich die beyden Kinder vor mich und sagte: sie sollten die Thüre aufmachen, sobald ichs befähle, und so stellte ich mich in Ordnung, den Dolch in der rechten, den Freybrief in der linken, vollkommen im Vertheidigungszustande. Dann sagte ich zu den Kindern, fürchtet euch nicht, und macht auf.

Sogleich sprang Vittorio, der Bargell, mit zwey andern herein, sie glaubten mich leicht in die Hände zu bekommen, da sie mich aber auf gedachte Weise bereit fanden, zogen sie sich zurück und sagten: hier wills Ernst werden. Da sprach ich, indem ich den Freybrief hinwarf: leset das! und da ihr mich nicht fangen könnt, so sollt ihr mich auch nicht einmal berühren. Der Bargell sagte darauf zu einigen: sie sollten mich ergreifen, und den Freybrief könnte man nachher sehen. Da hielt ich ihnen kühn den Dolch entgegen und rief: lebend entkomm ich, oder todt habt ihr mich! Der Platz war sehr enge, sie drohten jeden Augenblick gewaltsam auf mich einzudringen und ich stand immer in Positur mich zu vertheidigen. Da nun der Bargell wohl sahe, daß sie mich nur auf die Weise haben könnten, wie ich gesagt hatte, rief er den Actuarius und gab, indessen dieser den Freybrief las, einige Mal das Zeichen, daß sie mich fahen sollten, deswegen ich mich nicht aus meiner Stellung verrückte. Endlich gaben sie ihren Vorsatz auf, sie warfen mir den Freybrief auf die Erde und gingen ohne mich fort.

Als ich mich wieder hinlegte, fühlte ich mich sehr angegriffen, und konnte nicht wieder einschlafen. Als es Tag war, hatte ich mir vorgesetzt zur Ader zu lassen, und fragte nur erst den Herrn Johann Gaddi um Rath, und der ließ so ein Hausärztlein rufen, das fragte mich, ob ich denn erschrocken wäre? Nun sage einer, was soll man von dem Verstand eines Arztes denken, dem man einen so grossen und ausserordentlichen Fall erzählt, und der so eine Frage thut? Es war eben ein Kautz, der gleichsam beständig über nichts lachte, und mir auch lachend sagte: ich sollte einen guten Becher griechischen Weines trinken, mich lustig machen, und weiter nicht erschrocken seyn. Herr Johann sagte: Meister! und wenn einer von Erz und Marmor gewesen wäre, so hätte er sich bey dieser Gelegenheit entsetzt, geschweige ein Mensch. Darauf sagte das Ärztlein: Monsignor! wir sind nicht alle nach Einer Weise gebauet, dieser Mann ist nicht von Erz noch von Marmor, sondern von reinem Eisen; somit legte er mir die Hand an den Puls und sagte unter seinem unmäßigen Gelächter: fühlt einmal hierher, Johannes, kein Mensch, kein erschrockener Mensch hat einen solchen Puls, das ist ein Löwe, ein Drache. Ich, der ich wohl wußte, daß mein Puls stark und über das rechte Maas schlug, wie das Affengesicht von Hippokrates und Galen nicht gelernt hatte, fühlte wohl mein Übel, zeigte ich aber munter, um nicht erschrockner zu schienen, als ich war. Es war eben Tafelzeit und ich aß mit der ganzen Gesellschaft. Sie war sehr auserlesen, Herr Ludwig von Fano, Herr Johann Greco, Herr Antonio Allegretti, alles sehr gelehrte Personen, auch Herr Hannibal Caro, der noch sehr jung war. Man sprach von nichts, als von meinem wackern Betragen, und dann liessen sie sich die Geschichte von meinem Diener Cencio, der sehr geistreich, lebhaft und von schöner Gestalt war, oftmals wiederholen, und so oft er die rasende Begebenheit erzählte und dabey meine Stellungen und meine Worte wiederholte, fiel mir immer ein neuer Umstand ein. Dabey fragten sie ihn oft: ob er erschrocken wäre, er antwortete, sie sollten mich fragen, es wäre ihm geworden wie mir. Zuletzt ward mir das Geschwätz beschwerlich und da ich mich sehr bewegt fühlte, stand ich vom Tische auf und sagte: ich wollte gehen und mich und meinen Diener in blaues Tuch und Seide neu kleiden, da ich in vier Tagen am Feste der heiligen Marien in Prozession zu gehen hätte, und Cencio sollte mir die weisse brennende Kerze tragen. So ging ich, und schnitt die blauen Tücher, sodann ein Westchen von blauem Ermisin und ein Überkleid von demselbigen, Cencio aber sollte beydes von lauem Taffent haben.

Da ich das alles zugeschnitten hatte, ging ich zum Papste, der mir sagte: ich sollte mit seinem Herrn Ambrosio reden, er habe befohlen, ich solle ein grosses Werk von Gold machen. Ich ging zu Ambrosio, der recht gut um die Geschichte des Bargells wußte, denn er war mit meinen Feinden einverstanden und hatte den Bargell tüchtig ausgescholten, daß er mich nicht ergriffen hatte, der sich entschuldigte, daß sich gegen einen solchen Freybrief nichts thun lasse. Herr Ambrosio fing an von den Arbeiten zu sprechen, wie ihm der Papst befohlen hatte, dann sagte er, ich sollte die Zeichnungen machen, und er wolle sodann alles besorgen.

Inzwischen kam der Tag der heiligen Marien heran und weil es die Gewohnheit mit sich bringt, daß die, welche einen solchen Ablaß erlangen wollen, sich vorher ins Gefängniß begeben müssen, so ging ich abermals zum Papste und sagte Ihro Heiligkeit: ich hätte nicht Lust ich gefangen einzustellen, er möchte mir die Gnade erzeigen, bey mir eine Ausnahme zu machen. Der Papst antwortete mir, es sey die Gewohnheit so. Da kniete ich von neuem nieder, dankte ihm nochmals für den Freybrief, den er mir ausgestellt hatte, und sagte, daß ich nun mit demselben zu meinem Herzog von Florenz, der mich mit so viel Liebe und Verlangen erwartete, zurückkehren wolle. Darauf wendete sich Seine Heiligkeit zu einem ihrer Vertrauten und sagte: Benvenuto mag den Ablaß ohne Gefängniß haben, setzt das Rescript auf und so mags gut seyn. Das geschah, der Papst unterzeichnete, auf dem Capitol ward es registrirt und am bestimmten Tage ging ich, zwischen zwey Edelleuten, ehrenvoll in der Prozession, und erhielt vollkommenen Ablaß.

Nach vier Tagen überfiel mich ein schreckliches Fieber, mit einem unglaublichen Frost. Ich legte mich gleich zu Bette und hielt die Krankheit für tödlich. Ich ließ sogleich die ersten Ärzte zusammen berufen, darunter war Meister Franziskus von Norcia, ein sehr alter Arzt, der in Rom den größten Ruf hatte. Ich erzählte ihm, was ich für die Ursache meines grossen Übels hielt, auch wie ich hatte wollen Blut lassen, und wie ich daran verhindert worden war; ich bat, wenn es Zeit wäre, möchten sie es noch thun. Meister Franziskus antwortete, es sey jetzt nicht Zeit Ader zu lassen, hätte man es damals gethan, so hätte mich nicht das mindeste Übel befallen, jetzt müsse man einen andern Weg nehmen.

So fingen sie nun die Cur an mit allem Fleiß, wie sie nur wußten und konnten, und alle Tage wurde es wüthend schlimmer, und am Ende der Woche war das Übel so groß, daß die Ärzte an ihrem Unternehmen verzweifelnd, meinen Leuten auftrugen, man solle mich nur zufrieden stellen und mir geben, was ich verlangte. Meister Franziskus sagte. Solange Athem in ihm ist, rufet mich zu jeder Stunde, denn es kann sich niemand vorstellen, was die Natur in einem jungen Manne dieser Art zu thun vermag, und wenn er ohnmächtig werden sollte, wendet mir diese fünf Mittel, eines hinter dem andern an, und ruft mich, ich will zu jeder Stunde der Nacht kommen, ich möchte diesen lieber durchbringen, als irgend einen Cardinal in Rom.

Auch kam täglich Herr Johann Gaddi, zwey oder dreymal, zu mir, und jedesmal nahm er meine schönen Büchsen in die Hand, mein Panzerhemde und Degen, und sagte beständig: wie ist das so schön! wie ist das noch schöner! und so machte er es mit meinen Modellen und andern Kleinigkeiten, so, daß er mir zuletzt recht zur Last ward. Mit ihm kam auch ein gewisse Mattheus, ein Franzose, der eben auch auf meinen Tod recht sehnlich zu warten schien, nicht, weil er von mir etwas zu erwarten hatte, sondern wahrscheinlich, will er Herrn Gaddis Verlangen befriedigt zu sehen wünschte.

Indessen stand Felix, mein Geselle, mir auf alle Weise bey und that für mich, was ein Mensch für den andern thun kann. Meine Natur war äusserst geschwächt und so herunter, daß mir kaum so viel Kraft übrig blieb, wenn ich ausgathmet hatte, wieder Athem zu schöpfen. Doch war mein Kopf so stark, als in gesunden Tagen. Da ich nun so völlig bey mir war, kam ein schrecklicher Alter an mein Bette, der mich gewaltsam in seinen ungeheuren Kahn hineinreissen wollte, deswegen rief ich Felix: er sollte zu mir treten, und den abscheulichen Alten verjagen. Felix, der mich höchlich liebte, kam weinend gelaufen und rief: fort alter Verräther, du sollst mir mein Glück nicht rauben. Herr Johanns Gaddi, der auch gegenwärtig war, sagte: der arme Narr faselt, es wird nicht lange mehr währen. Mattheus, der Franzose, versetzte: er hat den Dante gelesen, und für grosser Schwäche phantasirt er. Darauf sagte er lachend: fort du alter Schelm! laß unsern Benvenuto ungehudelt! Da ich sahe, daß man über mich spottete, wendete ich mich zu Herrn Johann Gaddi, und sagte: wißt nur lieber Herr, daß ich nicht phantasire, daß es mit dem Alten richtig ist, der mir so zur Last fällt, ihr thätet besser, mir den leidigen Mattheus zu entfernen, der über mein Unglück lacht, und da Ew. Gnade mir die Ehre Ihres Besuchs erzeigt, so wünschte ich, ihr kämt mit Herrn Antonio Allegretti, Herrn Hannibal Caro und mit euren übrigen trefflichen Männern, das sind Personen von anderer Lebensart und anderm Geist, als diese Bestie. Darauf sagte Herr Johannes im Scherze zu Mattheus: er solle ihm auf immer aus den Augen gehen; aber aus diesem Scherz ward Ernst, denn er sah ihn nachher nicht wieder. Darauf ließ er die Herrn Allegretti, Ludwig und Caro rufen, ihre Gegenwart diente mir zur größten Beruhigung, ich sprach ganz vernünftig mit ihnen und bat nur immer den Felix, er möchte mir den Alten wegjagen. Herr Ludwig fragte mich, was ich denn sähe, und wie er gestaltet sey? indeß ich ihn recht deutlich beschrieb, nahm mich der Alte beym Arme und riß mich in seinen schrecklichen Kahn. Kaum hatte ich ausgeredet, als ich in Ohnmacht fiel, mir schien, als wenn mich der Alte wirklich in den Kahn würfe.

In dieser Ohnmacht soll ich mich herumgeworfen und gegen Herrn Gaddi harte Worte ausgestossen haben, als wenn er mich zu berauben käme, als wenn er keine Barmherzigkeit gegen mich habe, und andere häßliche Reden, wodurch Herr Gaddi sehr beschämt war. Alsdann blieb ich, wie sie sagten, als ein Todter, und verharrte in solchem Zustande eine völlige Stunde. Als es ihnen däuchte, daß ich kalt würde, liessen sie mich für todt liegen, und als sie nach Hause kamen, erfuhr es Mattheus, der Franzose, der schrieb sogleich nach Florenz an Benedetto Varchi, meinen liebsten Freund, um welche Uhr der Nacht man mich habe sterben sehen. Auf diesen vermeynten Tod macht dieser treffliche Mann und Freund ein herrliches Sonnett, das ich an seinen Platz einrücken werde. Drey lange Stunden vergingen, ehe ich mich erholte, und da alle jene fünf Mittel des Meister Franziskus nichts helfen wollten, und mein liebster Felix sahe, daß ich kein Lebenszeichen von mir gab, lief er zum Hause des Arztes, pochte ihn heraus und bat ihn weinend: er möchte doch mitkommen, denn ich sey wahrscheinlich todt. Darauf sagte Meister Franz, der ein heftiger Mann war: Sohn! wozu soll ich kommen? ist er todt, so schmerzt es mich mehr als dich, denkst du, daß ich mit meiner Medicin ihm in den H*** blasen kann, um ihn wieder lebendig zu machen? Da er sahe, daß der arme Knabe weinend wegging, rief er ihn zurück und gab ihm ein gewisses Öl, mir die Pulse und das Herz zu salben; dann, sagte er, sollten sie mir die kleinen Finger und Zehen recht fest halten, käme ich wieder zu mir, so möchten sie ihn rufen. Felix lief und that nach der Verordnung. Da es nun fast Tag war, und ihm alle Hoffnung verlohren schien, machten sie sich dran, um mich zu waschen. Auf einmal fühlte ich mich wieder und rief den Felix, daß er mir sobald als möglich den lästigen Alten wegjagen sollte. Felix wollte zu Meister Franzen laufen, da sagte ich ihm: er solle bleiben, denn der Alte habe Furcht vor ihm und mache sich fort. Felix näherte sich, ich berührte ihn und mir schien, daß der rasende Alte sogleich sich entfernte, deswegen bat ich den Knaben, immer bey mir zu bleiben, nun kam auch der Arzt und sagte: er wolle mir auf alle Weise durchhelfen, er habe seine Tage in einem jungen Mann so viel Kraft nicht gefunden. Nun fing er an zu schreiben und verordnete mit Bähungen, Pflaster, Waschwasser, Salben und andere unschätzbare Dinge; inzwischen litt ich an mehr als zwanzig Blutigeln am H***, ich war durchbohrt, gebunden und ganz geknetet. Meine Freunde kamen, das Wunder vom auferstandenen Todten zu sehen. Viele Männer von grosser Bedeutung besuchten mich, in deren Gegenwart ich sagte: das wenige Gold und meine Baarschaft, es konnte ohngefähr an Gold und Silber, Juwelen und Gelde achthundert Scudi seyn, sollte meiner armen Schwester in Florenz, Nahmens Liberata, hinterlassen bleiben, alle meine übrigen Sachen, sowohl Waffen, als was ich sonst besässe, sollten meinem armen Felix gehören und noch fünfzig Goldducaten, damit er sich kleiden könne. Auf diese Worte warf sich mir Felix um den Hals und sagte: er verlange nichts, als daß ich leben solle. Darauf sagte ich ihm, wenn du mich lebendig erhalten willst, so halte mich auf diese Weise fest und schilt auf den Alten da, der sich vor dir fürchtet. Da erschracken einige von den Gegenwärtigen, denn sie sahen, daß ich nicht phantasirte, sondern bey mir war, und vernünftig sprach. So ging es mit meinem grossen Übel, das nach und nach sich ganz langsam besserte. Der vortreffliche Mister Franz kam vier oder fünfmal des Tages. Herr Johann Gaddi schämte sich und ließ sich nicht wieder sehen.

Auf einmal erschien mein Schwager, der, um mich zu beerben, von Florenz gekommen war, aber als ein braver Mann sich ausserordentlich freute, mich lebendig zu finden. Ihn wieder zu sehen, war mir der größte Trost, er begegnete mir aufs freundlichste und versicherte mich, er sey nur gekommen, mir selbst zu warten. Das that er auch mehrere Tage, dann entließ ich ihn, als ich fast sichere Hoffnung zur Genesung hatte, und da gab er mir das Sonnett des Herrn Benedetto Varchi, dessen ich oben erwähnt habe.

Wer wird uns trösten, Freund? Wer unterdrückt
Der Klagen Flut bey so gerechtem Leide?
Ach ist es wahr? ward unsers Lebens Weide
So grausam in der Blüthe weggepflückt?

Der edle Geist, mit Gaben ausgeschmückt,
Die nie die Welt vereint gesehn, vom Neide
Bewundert, seiner Zeitgenossen Freude,
Hat sich so früh der niedern Erd’ entrückt?

O liebt man in den seligen Gefilden
Noch Sterbliches, so blick’ auf deinen Freund,
Der nur sein eignes Loos, nicht dich beweint!

Wie du den ew’gen Schöpfer abzubilden
Hienieden unternahmst mit weiser Hand,
So wird von dir sein Antliz dort erkannt.

Indessen war meine Schwachheit ausserordentlich, und es schien nicht möglich sie zu heben. Der brave Meister Franz gab sich mehr Mühe als jemals, und brachte mir alle Tage neue Mittel, wodurch er das arme verstimmte Instrument wieder in Ordnung bringen wollte, und bey allen diesen unschätzbaren Bemühungen wollte sich diese Zerrüttung doch nicht wieder herstellen lassen, so, daß alle Ärzte fast verzweifelten und nicht wußten, was sie thun sollten. Ich hatte einen unendlichen Durst und enthielt mich mehrere Tage des Trinkens, wie man mir verordnet hatte, und Felix, dem äusserst daran gelegen war, mich zu erhalten, ging mir nicht von der Seite. Der Alte war mir nicht mehr so beschwerlich, aber er kam manchmal im Traum zu mir. Eines Tages war Felix ausgegangen, zu meiner Aufwartung war ein kleiner Knabe und eine Magd übrig geblieben, die Beatrix hieß. Ich fragte den Knaben, was aus Cencio meinem andern Diener geworden sey? und was das heisse, daß er sich nicht sehen lasse? Das Kind sagte mir, Cencio habe sich noch schlimmer befunden, als ich, und liege am Tode. Felix habe ihm befohlen, mir nichts davon zu sagen. Ich hörte diese Nachricht mit dem größten Verdrusse, da rief ich die Magd und ersuchte sie, sie möchte mir helles frisches Wasser in einem Kühlkessel bringen, der eben da stund. Gleich lief sie, und brachte mir ihn ganz voll. Ich sagte, sie sollte mir ihn an den Mund heben, und wenn sie mich nach Herzenslust trinken liesse, wollte ich ihr eine Jacke schenken. Das Mädchen hatten mir einige Sachen von Werth gestohlen und hätte mich gern todt gesehen, damit ihre Untreue verborgen bliebe, so ließ sie mich auf zweymal trinken, so viel ich nur wollte, so, daß ich wohl ein Maas Wasser verschluckt hatte. Dann deckte ich mich zu, fing an auszudünsten und schlief ein. So hatte ich eine Stunde gelegen, als Felix zurückkam und das Kind fragte, was ich mache? Dieses antwortete: ich weiß es nicht, Beatrix hat ihm den Kühlkessel voll Wasser geholt, und er hat ihn fast ganz ausgetrunken, ich weiß nicht, ob er todt oder lebendig ist. Da wäre der arme Felix vor Schrecken fast umgefallen, er ergriff sogleich einen Stock und schlug ganz unbarmherzig auf die Magd loß und rief: Verrätherinn! du hast mir ihn umgebracht! Indessen Felix zuschlug und sie schrie, träumte mir, der Alte käme mit Stricken in der Hand und wollte mich binden. Felix war ihm zuvor gekommen und traf ihn mit einem Beil, der Alte floh und sagte: laß mich gehen, ich komme eine ganze Weile nicht wieder. Beatrix war mit entsetzlichem Geschrey in meine Kammer gelaufen, ich erwachte und sagte zu Felix: laß es gut seyn, vielleicht hat sie mir aus böser Absicht mehr genutzt, als du mit aller deiner Sorgfalt nicht im Stande warst. Helft mir jetzt, da ich so ausserordentlich geschwitzt habe, und kleidet mich schnell um. Felix faßte wieder Muth, trocknete und tröstete mich, ich fühlte grosse Erleichterung und fing an auf Gesundheit zu hoffen. Meister Franz war gekommen, sah meine grosse Besserung und wie die Magd weinte, der Knabe hin und wieder lief, und Feix lachte, da merkte der Arzt, daß etwas ausserordentiches vorgefallen seyn müsse, wodurch ich auf einmal zu solcher Besserung hätte gelangen können. Indessen war auch Meister Bernhardin angekommen, jener, der mir anfangs kein Blut lassen wollte. Meister Franz, der vortreffliche Mann, rief aus: O Gewalt der Natur! sie kennt ihre Bedürfnis, und die Ärzte verstehen nichts. Sogleich antwortete das andere Gehirnchen, hätte er nur mehr als eine Flasche getrunken, so wäre er gleich völlig genesen. Meister Franz, dem sein Alter ein grosses Ansehen gab, versetzte: er wäre zum Henker gegangen, wohin ich euch wünsche. Dann fragte er mich, ob ich mehr hätte trinken können, ich sagte nein! denn mein Durst sey völlig gestillt, da wandte er sich zu Meister Bernhardinen und sagte: sehet, wie genau die Natur ihr Bedürfniß genommen hat, nicht mehr und nicht weniger, und dasselbe forderte sie auch damals, als der junge Mann verlangte, daß ihr ihm Blut lassen solltet, und hättet ihr wirklich eingesehen, daß er mit zwey Maas Wasser zu kuriren wäre, so hättet ihr es eher sagen, und großen Ruhm dadurch erwerben können. Das fuhr dem Ärztlein vor den Kopf, er ging und kam nicht wieder. Darauf sagte Meister Franz, man solle mich aus meiner Stube auf einen von den Römischen Hügeln bringen.

Als der Cardinal Cornaro von meiner Besserung hörte, ließ er mich in eine seiner Wohnungen, die er auf Monte Cavallo hatte, bringen, es geschah noch selbigen Abend, ich saß in einem Tragsessel wohl versorgt und bedeckt. Kaum war ich angekommen, als ich mich erbrechen mußte. Da ging ein haariger Wurm von mir, wohl eine viertel Elle lang, die Haare waren groß, und der Wurm abscheulich, gefleckt, mit verschiedenen Farben, grünen, schwarzen und rothen. Man hub ihn für den Arzt auf, der versichert, er habe so etwas nie gesehen, dann sagte er zu Felix: sorge für deinen Benvenuto, denn er ist genesen und nun laß ihm weiter keine Unordnung zu, denn wenn ihm die eine durchhalf, so könnte die andere dir ihn umbringen. War er doch schon so weit, daß man ihm die letzte Öhlung nicht zu geben getraute, und jetzt wird er mit ein wenig Zeit und Gedult sich bald wieder erhohlen, daß er treffliche Arbeiten fertigen wird. Dann wandte er sich zu mir und sagte: mein Benvenuto sey klug und halte dich ordentlich, und wenn du wieder völlig genesen bist, sollst du mir eine Mutter Gottes machen, die ich dir zu Liebe immer anbeten will. Die versprach ich ihm und fragte, ob ich mich wohl dürfte nach Florenz bringen lassen? er sagte, daß ich erst ein wenig stärker werden müßte, und man werde sehen, was die Natur thue.

Acht Tage waren vorbey, und die Besserung so unmerklich, daß ich anfing mir selbst zur Last zu werden, denn ich hatte wohl dreyßig Tage die grosse Noth ausgestanden; endlich entschloß ich mich, miethete ein paar Tragsessel und ließ mich und meinen lieben Felix nach Florenz, in das Hauß meiner Schwester tragen, die mich zu gleicher Zeit beweinte und belachte.

Da kamen viele Freunde mich zu besuchen, unter andern Peter Landi der beste und liebste, den ich auf der Welt gehabt hatte. Den andern Tag kam ein gewisser Niccolo da Monte Aguto, der auch mein grosser Freund war, und mir erzählte, er habe den Herzog sagen hören: er hätte besser gethan zu sterben, denn ich werde es ihm niemals verzeihen, und nun hab ich ihn am Stricke. Ich antwortete meinem Freunde, der ganz außer sich vor Bangigkeit war, Meister Niccolo, erinnert Seine Excellenz, daß Papst Clemens mich auch einmal übereilt bestrafen wollte, er solle mich beobachten lassen, und wenn ich gesund bin, will ich ihm zeigen, daß er nicht viel so treue Diener hat. Irgend ein Feind hat mir bey ihm diesen bösen Dienst geleistet.

Dieser Feind war, wie ich wohl erfuhr, Georg Vafellai (Vasari) Mahler von Arezzo, wahrscheinlich verläumdete er mich aus Dank für die vielen Wohlthaten, die ich ihm erzeigt hatte. Schon in Rom, wo ich ihn aufnahm, und ihn unterhielt, kehrte er mein Haus das oberste zu unterst. Er hatte so einen gewissen trocknen Ausschlag und seine Hände waren immer gewohnt zu kratzen, da schlief er mit einem guten Knaben, den ich hatte, der sich Manno nannte, er glaubte sich zu kratzen, und hatte mit seinen schmutzigen Pfoten, an denen er niemals die Nägel abschnitt, seinem armen Schlafgesellen das ganze Bein abgeschunden. Manno ging aus meinen Diensten und schwur ihn todt zu schlagen, ich aber suchte die Sache beyzulegen. So versöhnte ich auch den Cardinal Medicis mit gedachtem Georg, und half ihm auf alle Weise. Zum Dank erzählte er nun dem Herzog Alexander, daß ich von seiner Excellenz übel gesprochen habe, ich hätte mich vermessen in Verbindung mit den Ausgewanderten, zuerst die Mauer von Florenz zu ersteigen. Nachher erfuhr ich wohl, daß der treffliche Herr Octaviano Medicis, der sich an mir wegen des Verdrusses über die Münze rächen wollte, den er, nach meiner Abreise von Florenz, mit dem Herzog gehabt hatte, ihm die Worte in den Mund gelegt habe.

Ich hatte an dieser Nachrede nicht die mindeste Schuld, und fürchtete mich auch nicht im geringsten. Der geschickte Meister Franz da Monte Varchi sorgte für meine Gesundheit, ihn hatte mein liebster Freund Lucas Martini zu mir geführt, der den größten Theil des Tages bey mir zubrachte.

Indessen hatte ich meinen getreuen Felix wieder nach Rom geschickt, um meinen Sachen vorzustehen, und als ich mich nach vierzehn Tagen wieder ein wenig erholt hatte, ob ich gleich noch nicht auf den Füßen stehen konnte, ließ ich mich in den Pallast Medicis, auf die Terrasse tragen, und setzte mich, um zu warten, bis der Herzog vorbey ging. Da versammelten sich meine vielen Freunde, die ich am Hof hatte, und verwunderten sich, daß ich, ohne meine Genesung abzuwarten, mich dem Herzog vorstellen wollte. Alle verwunderten sich nicht sowohl, weil sie mich für todt gehalten hatten, sondern weil ich wie ein Todter aussah. Da sprach ich in aller Gegenwart: es hat mich ein nichtswürdiger Mensch beym Herzog verläumdet, als wenn ich übels von Seiner Excellenz gesprochen, und mich vermessen hätte, zuerst Ihre Mauern zu übersteigen. Nun kann ich nicht leben noch sterben, ehe ich diese Schande von mir gewälzt habe, und bis ich weiß, wer der Verräther ist. Inzwischen hatten sich mehrere Edelleute versammelt, die mir alle grosen Antheil bezeugten, der eine sagte dies, der andere jenes, und ich versetzte, daß ich nicht von hinnen gehen wollte, ohne meinen Ankläger zu kennen. Da trat zwischen sie alle, Meister Augustin, der Schneider des Herzogs, hinein und sagte, wenn du weiter nichts wissen willst, das kannst du bald erfahren. In demselben Augenblik ging Meister Georg, der obbenannte Mahler, vorbey, da sagte Augustin: hier ist dein Ankläger, nun magst du dich weiter erkundigen. Lebhaft, ob ich mich gleich nicht vom Platze bewegen konnte, fragte ich Georgen, ob es wahr sey? dieser leugnete die ganze Sache, Augustin aber versetzte du Galgenschwengel! weißt du nicht, wie genau ich davon unterrichtet bin? sogleich ging Georg hinweg und verharrte auf seinem Leugnen. Kurz darauf ging der Herzog vorbey, ich ließ mich aufheben und unterstützen, und er blieb stehen. Ich sagte ihm, daß ich in diesem Zustande nur gekommen sey, um mich zu rechtfertigen. Der Herzog sah mich an, und war verwundert mich lebendig zu sehen, dann sagte er, ich sollte redlich und brav seyn, und an meine Gesundheit denken.

Da ich nach Hause kam, besuchte mich Niccolo da Monte Aguto und sagt mir: ich sey vor diesmal einer der größten und denklichsten Gefahren entgangen, er habe mein Unglück mit unauslöschlicher Dinte geschrieben gesehen, ich solle nur suchen bald gesund zu werden, und alsdann mit Gott mich davon machen; denn es gedächt mirs ein Mann, der nicht leicht vergäße. Dann sagte er: bedenk nur, was du dem Octavian Medicis für Verdruß gemacht hast. Ich antwortete daß ich ihm keinen, er wohl aber mir genug gemacht habe. Da erzählte ich ihm die Geschichte on der Münze, worauf er mir sagte: gehe mit Gott so geschwind als du kannst, und sey nur ruhig, denn geschwinder als du denkst, wirst du dich gerochen sehen. Ich sorgt für meine Gesundheit und unterrichtete Peter Paulen weiters, wie er sich in verschiedenen Fällen wegen der Stempel zu verhalten habe, dann kehrte ich nach Rom zurück, ohne mich vom Herzog oder sonst jemand zu beurlauben.

Nachdem ich mich in Rom mit meinen Freunden genug ergötzt hatte, fing ich die Medaille des Herzogs an, und ich hatte schon in wenig Tagen den Kopf in Stahl gegraben, das schönste Werk, das ich jemals in dieser Art gemacht hatte, da kam wenigstens alle Tage einmal ein gewisser aberener Mensch, Franciskus Soderini, ein florentinischer Emigrirter, zu mir und sagte da er meine Arbeit sahe: Grausamer! so willst du uns doch den rasenden Tyrannen unsterblich machen an deiner vortrefflichen Arbeit sieht man wohl, daß du unser grimmiger Feind und eben so sehr Freund von jenem bist. Hat dich der Papst und er nicht zweymal ungerecht wollen aufhängen lassen? jenes war der Vater, das ist der Sohn, nimm dich nun vorm heiligen Geist in acht. Denn man glaubte ganz gewiss, herzog Alexander sey der Sohn von Papst Clemens. Dabey schwur Herr Franzesko: wenn er könnte, wollte er mir die Stempel der Medaillen entwenden. Ich sagte ihm darauf: es wäre gut, daß ich es wüßte, ich wolle mich vor ihm schon in acht nehmen, und er solle sie nicht wieder sehen.

In der Zeit ließ ich nach Florenz wissen, man möchte Lorenzinen an die Rückseite der Schaumünze erinnern, die er mir versprochen habe. Niccolo di Monte Auguto, dem ich geschrieben hatte, antwortete mir: er habe den närrischen, hypochondrischen Philosophen, den Lorenzin, gesprochen, der ihn versichert habe: er denke Tag und Nacht an nichts anders, und wolle sobald als möglich die Rückseite liefern. Doch rieth mir mein Freund, ich solle darauf nur nicht weiter hoffen, die Rückseite nach meiner Erfindung machen, und wenn ich fertig wäre, dem Herzog Alexander die Arbeit freyen Muthes überbringen. Ich machte darauf eine Zeichnung, und arbeitete fleißig vorwärts. Da ich mich aber noch nicht ganz von meiner entsetzlichen Krankheit erholt hatte, ging ich manchmal mit meinem lieben Felix auf die Jagd, der zwar nichts von meiner Kunst verstand, weil wir aber Tag und Nacht beysammen waren, von einem jeden für einen großen und trefflichen Meister gehalten wurde. Er war sehr angenehm und munter, und wir lachten oft über den großen Ruf, den er sich erworben hatte. Besonders scherzte er manchmal mit einer Anspielung auf seinen Nahmen, indem er Felix Guadagni hieß, daß sein Gewinn gering seyn würde, wenn ich ihn nicht zu einen so großen Gewinner gemacht hätte. Ich sagte ihm darauf: es gebe zwey Arten zu gewinnen, einmal für sich und dann für andere, an ihm hätte ich die zweyte Art zu loben, denn er habe mir das Leben gewonnen.

Auf diese Weise unterhielten wir uns öfters, und einmal vorzüglich, am Feste Epiphania, (1537) da wir auf der Jagd waren, wo ich viel schoß und wieder recht krank hätte werden können, weil ich noch Abends, indem ich eine getroffene Ente aus dem Graben holen wollte, den rechten Stiefel voll Wasser bekam, und mir bey der grossen Kälte der Fuß erstarrt wäre, wenn ich nicht sogleich den Stiefel mit Entenflaumen angefüllt hätte.

Wir ritten wieder nach Rom zurück, es war schon Nacht, und als wir auf eine kleine Höhe gelangten, und nach der Gegend von Florenz hinsahen, riefen wir beyde zugleich aus: Gott im Himmel was ist das für ein Zeichen, das über Florenz steht? Es war wie ein großer Feuerbalke, der funkelte und den stärksten Glanz von sich gab. Ich sagte zu Felix: wer werden bald hören, daß etwas großes in Florenz vorgefallen ist. So kamen wir nach Rom in finstrer Nacht, ich stürzte noch über und über mit dem Pferde, das sehr brav war, und einen Schutthaufen hinaufsprang, den ich nicht bemerkt hatte; doch that ich mir durch Gottes Hülfe keinen Schaden, speißte noch Abends mit guten Freunden, da denn noch viel von unsern Jagdstückchen, besonders auch von dem Feuerbalken gesprochen wurde. Jeder fragte was das wohl bedeuten möchte? und ich sagte, wir werden schon was neues von Florenz hören.

Den folgenden Abend spät kam die Nachricht von dem Tode des Herzog Alexanders, und meine Bekannten verwunderten sich, wie war ich gesprochen hatte. Da kam auf seinem Maulthiere, mit Bockssprüngen, Franziskus Soderinie hergehupft, lachte unterweges wie ein Narr und rief: da hast du die Rückseite zur Medaille des schändlichen Tyrannen, Lorenzin hat sein Wort gehalten. Du wolltest die Herzoge verewigen, wir wollen keine Herzoge mehr, und so trutzte er mir spöttisch, als wenn ich ein Haupt der sieben gewesen wäre, welche den Herzog zu wählen pflegen. Nun kam auch noch ein gewisser Baccio Bettini dazu, der einen garstigen dicken Kopf wie ein Korb hatte, und mich auch aufziehen wollte, haben wir sie doch nicht entherzogt, rief er, wir wollen keine Herzoge mehr, und du wolltest sie unsterblich machen. Diese und andere verdrießlichen Worte wurden mir denn doch zuletzt lästig, und ich sagte: o ihr albernen Menschen! ich bin ein armer Goldschmied, ich diene jedem, der mich bezahlt, und ihr begegnet mir als wenn ich das Haupt einer Parthey wäre. Wollte ich euch jetzt eure ehemalige Unersättlichkeit, eure Narrheiten und euer ungeschicktes Betragen vorwerfen, so hätte ich viel zu thun, aber so viel sollt ihr bey eurem albernen Lachen nur wissen, ehe zwey, oder höchstens drey Tage vergehen, werdet ihr einen neuen Herzog haben, der schlimmer ist als der letzte.

Den andern Tag kam Bettini wieder an meine Werkstatt und sagte: wahrlich du brauchst kein Geld für Curiere auszugeben denn du weißt die Dinge, ehe sie geschehn, was für ein Geist offenbahrt dir das? dann sagte er mir daß Cosmus Medicis, Sohn des Herrn Johannes, Herzog geworden sey, doch nur unter gewissen Bedingungen, die ihn abhalten würden, nach Belieben zu schalten und zu walten. Da kam nun die Reihe über sie zu lachen an mich, wobey ich sagte: die florentinischen Bürger haben einen Jüngling auf ein herrliches Pferd gehoben, sie haben ihm die Sporn selbst angeschnallt, und ihm den Zaum frey in die Hand gegeben, dann haben sie ihn in das schönste Feld geführt, wo Blumen, Früchte und unzählige Reizungen sind, und haben ihm dabey gesagt, er möchte nur gewisse bestimmte Grenzen nicht überschreiten. Nun sagt mir wer will ihn halten, wenn er Lust hat drüber hinaus zu gehen? kann man dem Gesetze geben, den man so zum Herren macht? Von der Zeit an ließen sie mich in Ruhe, und ich war ihr verdrießlich Geschwätze losgeworden.

Indessen arbeitet ich fleißig in meiner Werkstatt, zwar keine bedeutende Sachen, denn es war mir vorzüglich an der Wiederherstellung meiner Gesundheit gelegen, die noch nicht ganz befestigt war. Indessen kam der Kaiser siegreich von seiner Unternehmung auf Tunis zurück, und der Papst schickte nach mir, um sich zu berathen, was er vor ein würdiges Geschenk dem Kaiser machen könnte. Ich versetzte, daß ich für sehr schicklich hielt, Ihro Majestät ein goldenes Kreutz, mit einem Christusbilde zu verehren, wozu ich die Zierrathen gewissermaßen schon fertig hätte, dadurch würden mir Ihre Heiligkeit auch eine besondere Gnade erzeigen, denn drey runde Figürchen von Gold ungefähr einen Palm groß, stünden schon da. Es wären jene Figuren, die ich für den Kelch des Papst Clemens gearbeitet hatte, und Glaube, Hofnung und Liebe vorstellten. Sogleich fügte ich alles übrige von Wachs dazu, nicht weniger das Modell von dem Christusbilde, und andern sehr schönen Zierrathen. Der Papst war alles wohl zufrieden, und wir verglichen uns wie es gemacht werden sollte, auch wurden wir einig über den Preis. Das war vier Uhr in der Nacht, und der Papst hatte Herrn Latino Juvenale Befehl und Auftrag gegeben, mir des andern Morgens das Geld auszahlen zu lassen. Diesem Herrn Latino, der eine gewaltige Narrenader im Leibe hatte, fiel es ein, eine eigene Erfindung dem Papst aufzudringen, und so zerstöhrte er alles, was ausgemacht war.

Des Morgens, da ich von ihm das Geld zu erhalten dachte, sagte er mit seinem bestialischen Dünkel: uns gehört die Erfindung, und ihr möcht immerhin ausführen. Ehe ich gestern Abend vom Papste wegging, haben wir uns was bessers ausgedacht. Da ließ ich ihn glich nicht weiter reden, und versetzte: weder ihr noch der Papst könnt was bessers erdenken, als wo Christus und sein Kreutz gegenwärtig ist. So sagt denn aber euer höfisches Geträtsch nur heraus. Zornig, und ohne ein Wort zu reden, ging er fort und suchte die Arbeit einem andern zuzuwenden; der Papst aber ließ sich darauf nicht ein, schickte nach mir und sagte, daß ich wohl gesprochen hätte, sie wollten aber ein kleines Brevier, zu Ehren der Mutter Gottes, das ganz herrlich gemahlt war, dem Kaiser zum Geschenk bestimmen. Dem Kardinal Medicis habe die Mignatur mehr als zweytausend Scudi gekostet, man müsse sich gegenwärtig nach der Zeit richten, denn der Kaiser werde in sechs Wochen erwartet, nachher könne man ihm noch immer das Geschenk, das ich vorgeschlagen hätte, und das seiner würdig sey, verehren. Das Büchlein sollte einen Deckel von massiven Golde haben, reich gearbeitet, und mit vielen Edelsteine geziert, sie mochten ohngefähr sechstausend Scudi werth seyn. Ich erhielt sie, und das Gold, legte fleißig Hand an, und in wenig Tagen erschien das Werk schon von solcher Schönheit, daß der Papst sich verwunderte und mir ausserordentiche Gunst bezeugte. Besonders war ausgemacht, daß die Bestie, der Juvenal mir nicht zu nahe kommen sollte.

Ich hatte das Werk fast vollendet, als der Kaiser eintraf, dem man die herrlichsten Triumphbogen erbauet hatte. Die Pracht seines Einzugs mögen andere beschreiben, denn ich will mich nur auf das, was mich selbst angeht, einschränken. Gleich bey seiner Ankunft schenkte er dem Papst einen fürtrefflichen Diamanten, den er für zwölftausend Scudi gekauft hatte, der Papst übergab mir ihn sogleich, daß ich ihn in einen Ring, nach dem Maas des Fingers Seiner Heiligkeit fassen sollte, doch wollte er erst das Büchelchen sehen, und wie weit ich damit sey? Als ich es brachte, war der Papst sehr damit zufrieden, und befragte mich, was man wohl für eine gültige Entschuldigung finden könnte, da man dem Kaiser das Werk unvollendet überreichen müsse? Ich versetzte darauf, daß ich wohl nur meine Krankheit anführen dürfte, und Ihro Majestät, wenn sie mich so blaß und mager sehen würden, diese Entschuldigung wohl gelten lassen. Darauf versetzte der Papst, das sey ganz recht, ich sollte aber, wenn ich dem Kaiser das Geschenk brächte, hinzusetzen, der Papst mache Ihro Majestät ein Geschenk mit mir selbst, und darauf sagte er mir die Worte vor, wie ich mich ausdrücken sollte. Ich wiederholte sie ihm sogleich und fragte, ob es so recht sey? Er versetzte: das wäre wohl gut und schön, wenn du auch das Herz hättest, dich vor einem Kaiser so auszudrücken. Darauf antwortete ich, es solle mir nicht an Muth fehlen, noch vielmehr es zu sagen, denn der Kaiser sey nur gekleidet wie ich, und ich würde glauben, mit einem Menschen von meiner Art zu reden; aber so gehe es mir nicht, wenn ich mit Ihro Heiligkeit spreche, in der ich eine höhere Gottheit erblickte, sowohl wegen der Würde der geistlichen Kleidung und Zierde, als wegen des schönen Alters Ihro Heiligkeit, wodurch ich weit mehr in Verlegenheit gesetzt würde, als die Gegenwart des Kaisers jemals über mich vermöchte. Darauf sagte der Papst: Gehe mein Benvenuto, du bist ein tüchtiger Mann, mache uns Ehre und es soll dir fruchten.

Der Papst bestimmte noch zwey türkische Pferde für den Kaiser, die seinem Vorfahren Clemens gehört hatten; keine schönere waren jemals in die Christenheit gekommen. Er gab Durante, seinem Kämmerier, den Auftrag, er solle sie hinunter in die Gallerie des Pallastes führen, und sie dort dem Kaiser verehren. Zugleich legte er ihm die Worte in den Mund, die er zu sagen hatte. Wir gingen zusammen hinunter, und als wir vor den Kaiser kamen, führte man die beyden Pferde herein, die mit solcher Majestät und Geschick durch die Zimmer schritten, daß der Kaiser und jedermann darüber erstaunt war. Da trat nun auch Herr Durante hervor, mit den ungeschicktesten Manieren, und verwickelte sich, mit gewissen brescianischen Redensarten, die Zunge dergestalt im Munde, daß man nichts schlimmers hätte hören noch sehen können, und der Kaiser einigermasen zum Lachen bewegt wurde.

Inzwischen hatte ich auch meine Arbeit aufgedeckt, und da ich bemerkte, daß der Kaiser auf die gefälligste Weise sich nach mir umsah, trat ich hervor und sagte: Geheiligste Majestät, unser Heiligster Papst Paul läßt dieses Brevier Eurer Majestät überreichen, es ist geschrieben und gemahlt von der Hand des größten Mannes, der jemals diese Kunst getrieben, der reiche Deckel von Gold und Edelsteinen ist wegen meiner Krankheit unvollendet, deswegen übergiebt Seine Heiligkeit auch mich zugleich mit dem Buche, damit ich es bey Eurer Majestät vollende, wie alles übrige, was sie sonst zu befehlen haben mögte, und ihr diene, so lange ich lebe. Darauf antwortete der Kaiser, das Buch ist mir angenehm und ihr auch, aber ihr sollt es mir in Rom vollenden, ist es fertig, und seyd ihr geheilt, so kommt und bringt mirs. Indem er nun weiter mit mir sprach, nannte er mich beym Nahmen, worüber ich mich sehr verwunderte, denn mein Nahme war bisher in der Unterredung nicht vorgekommen. Er sagte darauf: er habe den Knopf des Pluvials gesehen, worauf ich für Papst Clemens so wundernswürdige Figuren gemacht habe. So sprachen wir umständlich eine ganze halbe Stunde, von verschiedenen trefflichen und angenehmen Gegenständen uns unterhaltend, und da mir weit grössere Ehre wiederfahren war, als ich mir versprochen hatte, ergriff ich eine kleine Pause des Gesprächs, neigte mich und ging weg.

Der Kaiser soll gesagt haben: man zahle sogleich fünfhundert Goldgulden an Benvenuto, und der, der sie hinauftrug, fragte, wo der Diener des Papstes sey, der mit dem Kaiser gesprochen habe? Da zeigte sich Herr Durante, und entwendete mir die fünfhundert Gulden. Ich beklagte mich darüber beym Papste, der mir sagte, ich sollte ruhig seyn, er wisse, wie gut ich mich bey meiner Unterredung mit dem Kaiser gehalten habe, und von dem Gelde solle mir gewiß mein Theil nicht fehlen.

Ich kehrte in meine Werkstatt zurück, und arbeitete mit grosser Sorgfalt, den Diamanten zu fassen. Da schickte mir der Papst die vier ersten Juwelier von Rom zu, denn man hatte ihm gesagt, der Stein sey durch den ersten Goldschmied der Welt, Meister Milano Targhetta, in Venedig, gefaßt worden, und da der Diamant ein wenig zart sey, so müsse man beym Fassen mit vieler Vorsicht zu Werke gehn. Unter diesen vier Meistern war ein Mailänder, Kajo genannt, eine eingebildete Bestie, was er am wenigsten verstand, glaubte er eben am besten zu verstehen. Die übrigen waren bescheidene und geschickte Leute. So fing denn auch der Kajo vor allen andern an zu reden und sagte: bleibe ja bey der Folie des Milano, denn vor der mußt du die Mütze abnehmen. Beym Fassen ist es die gröste Kunst, die rechte Folie zu finden, Milano ist der gröste Juwelier, und das ist der gefährlichste Diamant.

Darauf versetzte ich: desto grösser ist die Ehre, in einer solchen Kunst, mit einem so trefflichen Manne zu wetteifern. Dann wendete ich mich zu den andern Meistern und sagte: seht hier verwahre ich die Folie des Milano, ich will nun einige selbst versuchen, und sehen, ob ich sie besser machen kann. Gelingt es mir nicht, so will ich dieser wieder unterlegen. Nun sagte Kajo, wenn dir das geräth, so will ich gern selbst die Mütze abziehen.

Nun fing ich mit grossem Fleiß an, verschiedene Folien zu machen, deren Bereitung ich euch an einem andern Orte lehren will. Gewiss ist es, dieser Diamant war der bedenklichste, der mir vor und nachher in die Hand kam, und die Folie des Mailänders war trefflich gemacht, doch ließ ich nicht nach, schärfte die Werkzeuge meines Verstandes und erreichte sie nicht nur, sondern übertraf sie wirklich. Da ich nun meinen Vorgänger übertroffen hatte, ging ich darauf aus, mich selbst zu übertreffen, und es gelang mir, auf einem neuen Wege noch eine vollkommnere Folie zu finden.

Da ließ ich die Goldschmiede berufen und zeigte ihnen den Diamant mit der Folie des Milano, und hernach mit der meinen; darauf sagte Raphael del Moro, der geschickteste unter ihnen, Benvenuto hat die Folie des Milano übertroffen! Kajo wollte es nicht glauben, und kaum hatte er den Diamanten in der Hand, so rief er: der Stein ist zweytausend Ducaten mehr werth, als vorher! Nun versetzte ich, da ich einen solchen Meister übertroffen habe, laßt sehen, ob ich mich selbst übertreffen kann. Darauf bat ich, sie möchten einen Augenblick verzeihen, ging auf meinen Altan und schob die andere Folie unter. Als ich zurückbrachte, rief Kajo, so etwas habe ich in meinem Leben nicht gesehen, der Stein ist jetzt mehr als achtzehntausend werth, da wir ihn vorher nur auf zwölftausend geschätzt hatten. Die anderen Goldschmiede sagten darauf: Benvenuto ist die Ehre unserer Kunst und wir müssen vor ihm und seinen Folien die Mütze wohl abnehmen. Kajo sagte: jetzt will ich gleich zum Papste gehen, er soll tausend Goldgulden vor die Fassung zahlen. Auch lief er wirklich sogleich hin und erzählte alles. Darauf schickte der Papst desselbigen Tages dreymal, ob der Ring nicht fertig wäre.

Um drey und zwanzig trug ich den Ring hinauf, und weil ich freyen Eintritt hatte, so hub ich den Vorhang an der Thüre bescheiden auf, ich sah den Papst mit dem Markese del Guasto sprechen, sie schienen über gewisse Dinge nicht einig zu seyn und ich hörte den Papst sagen: es geht nun einmal nicht, ich muß neutral bleiben, sonst habe ich nichts zu thun. Ich zog mich sogleich zurück, der Papst rief mich, schnell trat ich hinein, und da ich ihm den schönen Diamanten überreichte, zog er mich ein wenig bey Seite und der Markese entfernte sich. Indem der Papst den Diamanten ansah, sagte er leise: Benvenuto! fange etwas mit mir zu reden an, das wichtig aussieht, und höre nicht auf, so lange der Markese im Zimmer ist. Nun ging er mit mir auf und ab, es gefiel mir, daß ich mich bey dieser Gelegenheit zeigen konnte, und fing an dem Papst zu erzählen, wie ich mich benommen hatte, dem Diamanten die schöne Folie zu geben.

Der Markese lehnte sich zur Seite an die Tapeten und wiegte sich von einem Fuß auf den andern; nun hatte ich zu meinem Diseurs ein solches Thema, daß ich drey ganze Stunden hatte reden können, um es recht auszuführen. Der Papst hörte mir mit Vergnügen zu und schien die unangenehme Gegenwart des Markese zu vergessen. Ich hatte denn auch in meinem Vortrag den Theil von Philosophie gemischt, der zu dieser Kunst nöthig ist, und hatte so beynah eine Stunde gesprochen; endlich fing es an den Markese zu verdriessen und er ging halb erzürnt hinweg. Da erzeigte mir der Papst die vertrautesten Liebkosungen und sagte: sey nur fleissig Benvenuto, ich will dich anders belohnen, als mit den tausend Gulden, die mir Kajo vorgeschlagen hat.

Als ich weg war, lobte mich der Papst vor seinen Leuten, worunter denn auch Lationo Juvenale sich befand. Der war nun mein abgesagter Feind geworden und suchte mir auf alle mögliche Wiese zu schaden. Als er sahe, daß der Papst mit so vieler Neigung und Kraft von mir sprach, versetzte er: es ist kein Zweifel, Benvenuto ist ein Mann von ausserordentlichen Talenten und es ist ihm nicht zu verargen, daß er von seinen Landsleuten vortheilhaft denkt, nur sollte er auch wissen, wie man von einem Papste spricht, denn es ist doch unvorsichtig, wenn er sagt: Clemens sey der schönste Fürst gewesen, und dabey der würdigste, nur habe er leider kein Glück gehabt; bey Eurer Heiligkeit sey es ganz umgekehrt, die Krone schiene sich auf Ihrem Haupte zu betrüben, man glaubte nur einen gekleideten Strohmann zu sehen und nur Ihr gutes Glück sey zu rühmen. Diese Worte brachte er mit einer so ungezwungenen Art vor, daß sie leider nur eine zu starke Wirkung thaten, und der Papst ihnen glaubte, da ich sie doch weder jemals gesagt, noch auch irgend so etwas gedacht hatte. Hätte der Papst mir mit Ehren etwas unangenehmes erzeigen können, so hätte er es wohl gethan, aber als ein Mann von grossem Geiste schien er darüber zu lachen. Indessen behielt er einen unversöhnlichen Haß gegen mich, ich merkte es bald, denn ich konnte nur mit grosser Mühe in die Zimmer gelangen. Da sah ich nun als einer, der an diesem Hofe viele Jahre gelebt hatte, wohl ein, daß mir jemand einen schlechten Dienst geleistet habe, ich erkundigte mich auf geschickte Weise darnach und erfuhr die üble Nachrede, aber nicht den Urheber. Ich konnte mir auch damals nicht vorstellen, wer es gewesen seyn könnte, hätte ich es gewußt, so hätte ich ihm die Rache mit dem Kolbenmaase zugemessen.

Als das Büchelchen fertig war, brachte ich es dem Papst, der, als er es erblickte, sich nicht enthalten konnte, mich zu loben; darauf bat ich ihn, er möge mich es auch, wie er es mir versprochen, hinbringen lassen. Er versetzte: ich hätte meine Arbeit gethan, und er wolle nun thun, was ihm gefiele. Und so befahl er, ich sollte gut bezahlt werden. Ich erhielt fünfhundert Goldgulden, so viel hatte ich ohngefähr in zwey Monaten verdient, und alles übrige, was er mir versprochen hatte, war zunichte. Man rechnete den Ring für hundert und fünfzig Gulden, das übrige war für das Büchelchen, woran ich mehr als tausend verdient hatte, denn die Arbeit war äusserst reich an Figuren, Laubwerk, Schmelz und Juwelen. Ich nahm eben, was ich haben konnte, und setzte mir vor, mit Gott Rom zu verlassen. Der Papst schickte Herrn Sforza, einen seiner Nepoten mit dem Büchelchen zum Kaiser, der es sehr lobte und äusserst zufrieden war, auch sogleich nach mir fragte. Der junge Sforza, den man schon abgerichtet hatte, versetzte, wegen meiner Krankheit sey ich nicht selbst gekommen. Das erfuhr ich alles wieder.

Indessen machte ich Anstalt nach Frankreich zu gehen, und ich hätte die Reise wohl allein unternommen, wäre nicht ein junger Mensch, Nahmens Ascanio, gewesen, der sich schon eine Zeit lang in meinen Diensten befand. Er war sehr jung und der beste Diener von der Welt. Er hatte vorher bey einem gewissen spanischen Goldschmied, Nahmens Francesko, gedient, und ich sagte ihm mehr als Einmal, daß ich ihn nicht zu mir nehmen wollte, um mit seinem Meister nicht in Streit zu gerathen. Der Knabe, der aber nun einmal Verlangen zu mir hatte, trieb es so lange, bis mir sein Meister selbst ein Billet schrieb, worinn er mir den Jungen willig überließ. So blieb er mehrere Monate bey mir, und war mager und eingefallen, wir nannten ihn nur unser Altchen, und man hätte wirklich denken sollen, daß er alt sey, denn er diente fürtrefflich, war so vernünftig und kaum schien es möglich, daß jemand im dreyzehnten Jahre so viel Verstand haben konnte. In kurzer Zeit hatte sich der Knabe wieder erholt, und indem sein Körper zunahm, ward er der schönste Jüngling von Rom, und neben seinen übrigen Tugenden ward er auch in der Kunst fürtreflich. Ich liebte ihn, wie meinen Sohn und hielt ihn auch so in der Kleidung. Als der Knabe sich wieder hergestellt sah, war er ganz entzückt über das Glück, das ihn in meine Hände geführt hatte, und er ging oft, seinem Meister zu danken, der sich in dieser Sache hatte so willig finden lassen. Nun hatte der Meister eine schöne junge Frau, die sagte zum Knaben, wie bist du nur so schön geworden? Darauf antwortete Askanio: es ist mein Meister, der mich schön, der mich aber auch gut gemacht hat. Das mochte dem Weibe gar nicht gefallen, und da sie es mit ihrem guten Rufe nicht genau nahm, mochte sie den Jüngling mit allerley Liebreitzungen an sich locken, die eben nicht die ehrbarsten waren, und ich merkte wohl, daß er anfing, mehr als gewöhnlich seine ehemalige Meisterin zu besuchen.

Nun begab sichs, daß er eines Tages einen meiner Lehrpursche ohne Ursache geschlagen hatte, der sich, als ich nach Hause kam, darüber beklagte und versicherte, Askanio habe nicht die mindeste Ursache dazu gehabt. Darauf sagte ich zu diesem: Mit oder ohne Ursache sollst du niemand in meinem Hause schlagen, oder du sollst sehen, wie ich dich treffen will. Als er darauf etwas einwenden wollte, warf ich mich gleich über ihn her und versetzte ihm, mit Fäusten und Füssen, so rauhe Stösse, als er wohl jemals gefühlt haben mochte. Sobald er nur aus meinen Händen zu entkommen wußte, floh er, ohne Jacke und Mütze aus der Werkstatt, und ich wußte zwey Tage nicht, wo er war, auch bekümmerte ich mich nicht um ihn. Nach Verlauf derselben kam ein spanischer Edelmann zu mir, der Don Diego hieß, und der liberalste Mann war, den ich je gekannt habe. Ich hatte für ihn einige Arbeiten vollendet, und noch einige unter der Hand, so daß er mein grosser Freund war. Er sagte mir: Askanio sey zu seinem alten Meister zurückgekehrt, und ich möchte doch so gut seyn, ihm seine Mütze und Weste wieder zu geben. Ich antwortete: Meister Francesko habe sich übel betragen, und es sey dieses die rechte Art nicht; hätte er mir gleich angezeigt, daß Askanio sich in seinem Hause befinde, so hätte ich ihm gern den Abschied gegeben, da er ihn aber zwey Tage im Hause gehalten habe, ohne mir es anzuzeigen, so würde ich nicht leiden, daß er bey ihm bliebe, und sie sollten es nur nicht darauf ankommen lassen, daß ich ihn einmal dort erblickte. Alles das überbrachte Don Diego und Francesko spottete nur darüber.

Den andern Morgen sah ich Askanio, der an der Seite seines Meisters einige Lappalien arbeitete, er grüßte mich, da ich vorbeyging, der Meister schien mich beynahe zu verlachen und ließ mir durch Don Diego sagen: wenn mirs beliebte, so möchte ich Askanio die Kleider schicken, die ich ihm geschenkt hätte, thäte ichs auch nicht, so hätte es nichts zu sagen, Askanio soll doch Kleider finden. Darauf wendete ich mich zu Diego und sagte: mein Herr! ich habe keinen edleren und rechtschaffnern Mann gekannt als euch, und davon ist der nichtswürdige Francesko gerade das Gegentheil, sagt ihm von meinetwegen, daß, wenn er mir vor der Nachtglocke nicht den Askanio hierher in meine Werkstatt bringt so ermorde ich ihn ohne Umstände, und dem Askanio sagt: wenn er nicht in der bestimmten Stunde von seinem Meister weggeht, so soll es ihm gleichfalls übel bekommen.

Ohne hierauf etwas zu antworten, ging Don Diego fort, richtete umständlich aus, was ich gesagt hatte, und Francesko erschrack dergestalt, daß er nicht wußte, was er thun sollte. Inzwischen hatte Askanio seinen Vater aufgesucht, der nach Rom gekommen war, und, nachdem er den Handel erfuhr, dem Francesko gleichfalls rieth, den Askanio zu mir zu führen. Darauf sagte Francesko: so gehe denn nur Askanio! dein Vater mag dich begleiten! Darauf versetzte Don Diego: Francesko, ich befürchte irgend ein grosses Unglück, du kennst Benvenuto besser als ich, führe ihn sicher zurück, ich geh mit dir. Indessen hatte ich mich zu Hause vorbereitet, ging in meiner Werkstatt auf und ab, und erwartete den Schlag der Abendglocke, völlig entschlossen, die fürchterlichste Handlung meines Lebens zu begehen. Endlich traten herein Don Diego, Francesko, Askanio, und der Vater, den ich nicht kannte; ich sah sie alle mit einem fürchterlichen Blick an, Francesko, ganz blaß, sagte: siehe, hier ist Askanio, den ich bsher bey mir gehabt habe, ohne daß es meine Absicht war, dir Mißvergnügen zu machen. Askanio sagte voll Ehrfurcht:: Meister! verzeiht mir, ich bin hier alles zu thun, was ihr befehlet. Darauf versetzte ich: bist du gekommen, deine versprochene Zeit bey mir auszuhalten? Ja, sagte er, und ich will niemals wieder von euch weichen. Darauf wendete ich mich und befahl dem Lehrpurschen, den er geschlagen hatte, das Bündel Kleider zu holen; hier ist, sagte ich zu Askanio, was ich dir geschenkt hatte, nimm zugleich deine Freiheit und gehe wohin du willst. Don Diego, der ganz etwas anders erwartete, stand verwundert, indessen bat mich Askanio, ich möchte ihm verzeihen, und ihn wieder nehmen, das gleiche that der fremde Mann, der dabey stund. Ich fragte ihn, wer er wäre, er sagte, daß er der Vater sey, und fuhr zu bitten fort, endlich versetzte ich: aus Liebe zu euch mags geschehen.

Nun hatte ich mich, wie schon oben erwähnt ist, entschlossen, nach Frankreich zu gehen. Da der Papst mich nicht wie sonst mit günstigen Augen ansah, durch böse Zungen mein gutes Verhältnis gestöhrt worden war, und ich sogar befürchten mußte, daß es noch schlimmer werden könnte; wollte ich ein besseres Land, und mit Gottes hülfe ein besseres Glück suchen, und gedachte mich allein auf den Weg zu machen.

Als ich eines Abends meine Reise für den andern Morgen beschlossen hatte, sagte ich meinem treuen Felix: er sollte sich aller meiner Sachen bis zu meiner Rückkunft bedienen, und wenn ich aussen bliebe, sollte alles sein gehören. Nachher setzte ich mich noch mit einem Peruginer Gesellen auseinander, der mir geholfen hatte, die Arbeit für den Papst zu endigen ich entließ ihn und bezahlte seine Arbeit, er aber bat mich, ich möchte ihn mit mir nehmen, er wolle die Reise auf seine Kosten machen. Nun war er freylich, wenn ich in Frankreich Arbeit finden sollte ,der beste von den Italiänern, die ich kannte, um mir zu helfen und beyzustehen, da ließ ich mich denn überreden und nahm ihn mit au die Bedingungen, die er mir vorgeschlagen hatte. Askanio der bey diesem Gespräche gegenwärtig war, sagte halb weinend: ihr habt mich wieder genommen, ich habe versprochen, lebenslang bey euch zu bleiben und das will ich auch thun. Ich sagte ihm: diesmal könne ich ihn nun nicht mitnehmen, darauf machte er Anstalt, mir zu Fusse zu folgen. Da ich diesen Entschluß sah, nahm ich ein Pferd auch für ihn, ließ ihn einen Mandelsack aufbinden, und so hatte ich mich viel mehr belästigt, als zuerst meine Absicht war.

So zog ich auf Florenz nach Bologna, Venedig, und von da nach Padua. Aus dem Wirthshause holte mich Albertaccio del Bene, mein werther Freund. Den andern Tag ging ich Herrn Peter Bembo die Hand zu küssen, der damals noch nicht Cardinal war, er empfing mich mit ausserordentlichen Liebkosungen, dann wendete er sich zu Albertaccio und sagte: Benvenuto soll mit allen seinen Leuten bey mir bleiben, und wenn es hundert wären, und ihr bleibt nur auch gleich in meinem Hause, denn auf andere Weise kann ich ihn euch nicht überlassen, und so genoß ich des Umgangs dieses trefflichsten Herrn.

Er hatte mir ein Zimmer eingeräumt, das zu ehrenvoll für einen Cardinal gewesen wäre, und verlangte, daß ich beständig an seiner Gnaden Seite speisen sollte; sodann zeigte er, auf die bescheidenste Weise, im Gespräche das Verlangen, das er hatte, von mir abgebildet zu seyn, und ich, der ich nichts mehr in der Welt wünschte, bereitete mir sogleich in ein Schächtelchen die weiseste Masse und fing an diesen geistreichen Kopf mit so guter Art zu entwerfen, daß Ihro Gnaden ganz erstaunt darüber waren.

Nun war er in den Wissenschaften der größte Mann und ausserordentlich in der Poesie, aber von meiner Kunst erstanden Ihro Gnaden auch gar nichts, so, daß Sie glaubten ich wäre fertig, da ich kaum angefangen hatte und ich konnte ihm nicht begreiflich machen, daß man viel Zeit brauche, um so etwas gut zu machen. Ich aber entschloß mich, so viel Zeit und Mühe anzuwenden, als ein solcher Mann verdiente, und da er einen kurzen Bart nach venezianischer Art trug, hatte ich viele Noth einen Kopf zu machen, der mir genug that. Doch ward ich endlich fertig und es schien mir die schönste Arbeit, die ich jemals gemacht hatten, was meine Kunst betraf. Er aber war ganz verwirrt, denn er hatte geglaubt, ich würde das Modell in zwey Stunden und den Stempel vielleicht in zehn fertig machen, nun aber sah er wohl, daß ich verhältnißmäßig über zweyhundert brauchen würde, und noch gar Urlaub verlangte, nach Frankreich zu gehen, da wußte er gar nicht, was er sagen sollte, und verlangte, daß ich nur noch zur Rückseite einen Pegasus, innerhalb eines Myrrthenkranzes, abbilden sollte. Das that ich in drey Stunden und die Arbeit sah sehr gefällig aus. Er war äusserst zufrieden und sagte: das Pferd scheint mir nun zehnmal schwerer zu machen, als das Köpfchen, mit dem ihr euch so sehr gequält habt, ich kann die Schwierigkeit nicht einsehen. Dann bat er mich, ich sollte ihm doch noch den Stempel schneiden. Ich weiß, sagte er, ihr macht das so geschwind, als ihr nur wollt. Dagegen versetzte ich, daß ich sie hier nicht machen könne, sobald ich aber irgendwo eine Werkstatt errichtete, sollte es nicht fehlen.

Indessen hatte ich auch um drey Pferde gehandelt, und er ließ alle meine Schritte beobachten, denn er stand zu Padua in dem größten Ansehn. Als ich nun die Pferde bezahlen wollte, die ich vor fünfzig Ducaten gehandelt hatte, sagte der Besitzer: trefflicher Mann! ich verehre euch diese drey Pferde. Darauf antwortete ich: du verehrst sie mir nicht, und von dem, der sie mir verehrt, darf ich sie nicht annehmen, denn ich habe ihm nichts leisten können. Darauf sagte der gute Mann, wenn ich diese Pferde nicht nähme, so würde man mir gewiss in Padua keine andern geben, und ich würde genöthigt seyn zu Fusse wegzugehn. Darauf ging ich zu Herrn Pietro, der von nichts wissen wollte, und mich aufs freundlichste ersuchte, in Padua zu bleiben. Ich aber, der ich auf alle Weise fort wollte, war genöthigt, die Pferde anzunehmen, und so reiste ich weiter.

(Die Fortsetzung folgt.)

Stammtafel des Hauses Medicis,
zum Verständniß des Lebens des Benvenuto Cellini.

"]"]