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Der Neffe als Onkel (Picard) – Zweiter Aufzug. Neunter Auftritt.

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Oberst Dorsigny. Champagne, ein wenig betrunken.

Champagne.
Nun, das muß wahr sein! – Hier lebt sich’s, wie im Wirthshaus – Aber wo Teufel stecken sie denn alle? – Keine lebendige Seele hab‘ ich mehr gesehen, seitdem ich als Kourier den Lärm angerichtet habe – Doch, sieh da, mein gnädiger Herr, der Hauptmann – Ich muß doch hören, wie unsere Sachen stehen. (Macht gegen den Oberst Zeichen des Verständnisses und lacht selbstgefällig.)

Oberst.
Was Teufel! ist das nicht der Schelm, der Champagne? – Wie kommt der hieher, und was will der Esel mit seinen einfältigen Grimassen?

Champagne (wie oben).
Nun, nun, gnädiger Herr?

Oberst.
Ich glaube, der Kerl ist besoffen.

Champagne.
Nun, was sagen Sie? Hab‘ ich meine Rolle gut gespielt?

Oberst (für sich).
Seine Rolle? Ich merke etwas – Ja, Freund Champagne, nicht übel.

Champagne.
Nicht übel! Was? Zum Entzücken hab‘ ich sie gespielt. Mit meiner Peitsche und den Kourierstiefeln, sah ich nicht einem ganzen Postillon gleich? Wie?

Oberst.
Ja! ja! (Für sich.) Weiß der Teufel, was ich ihm antworten soll.

Champagne. Nun, wie steht’s drinnen? Wie weit sind Sie jetzt?

Oberst.
Wie weit ich bin – wie’s steht – nun, du kannst dir leicht vorstellen, wie’s steht.

Champagne.
Die Heirath ist richtig, nicht wahr?– Sie haben als Vater die Einwilligung gegeben?

Oberst.
Ja.

Champagne.
Und morgen treten Sie in Ihrer wahren Person als Liebhaber auf.

Oberst (für sich).
Es ist ein Streich von meinem Neffen.

Champagne.
Und heirathen die Wittwe des Herrn von Lormeuil – Wittwe! Hahaha! – die Wittwe von meiner Erfindung.

Oberst.
Worüber lachst du?

Champagne.
Das fragen Sie! Ich lache über die Gesichter, die der ehrliche Onkel schneiden wird, wenn er in vier Wochen zurückkommt und Sie mit seiner Tochter verheirathet findet.

Oberst (für sich).
Ich möchte rasend werden!

Champagne.
Und der Bräutigam von Toulon, der mit ihm angezogen kommt und einen Andern in seinem Neste findet – das ist himmlisch!

Oberst.
Zum Entzücken!

Champagne.
Und wem haben Sie alles das zu danken? Ihrem treuen Champagne!

Oberst.
Dir? Wie so?

Champagne.
Nun, wer sonst hat Ihnen denn den Rath gegeben, die Person Ihres Onkels zu spielen?

Oberst (für sich).
Ha der Schurke!

Champagne.
Aber das ist zum Erstaunen, wie Sie Ihrem Onkel doch so ähnlich sehen! Ich würde drauf schwören, er sei es selbst, wenn ich ihn nicht hundert Meilen weit von uns wüßte.

Oberst (für sich).
Mein Schelm von Neffen macht einen schönen Gebrauch von meiner Gestalt.

Champagne.
Nur ein wenig zu ältlich sehen Sie aus – Ihr Onkel ist ja so ziemlich von Ihren Jahren; Sie hätten nicht nöthig gehabt, sich so gar alt zu machen.

Oberst.
Meinst du?

Champagne.
Doch was thut’s! Ist er doch nicht da, daß man eine Vergleichung anstellen könnte – Und ein Glück für uns, daß der Alte nicht da ist! Es würde uns schlecht bekommen, wenn er zurück käme.

Oberst.
Er ist znrückgekommen.

Champagne.
Wie? Was?

Oberst.
Er ist zurückgekommen, sag‘ ich.

Champagne.
Um Gotteswillen, und Sie stehen hier? Sie bleiben ruhig? Thun Sie, was Sie wollen – Helfen Sie sich, wie Sie können – ich suche das Weite. (Will fort.)

Oberst.
Bleib, Schurke! zweifacher Hallunke, bleib! Das also sind deine schönen Erfindungen, Herr Schurke?

Champagne.
Wie, gnädiger Herr, ist das mein Dank?

Oberst.
Bleib, Hallunke! – Wahrlich, meine Frau (hier macht Champagne eine Bewegung des Schreckens) ist die Närrin nicht, für die ich sie hielt – und einen solchen Schelmstreich sollte ich so hingehen lassen? – Nein, Gott verdamm‘ mich, wenn ich nicht auf der Stelle meine volle Rache dafür nehme. – Es ist noch nicht so spät. Ich eile zu meinem Notar. Ich bring‘ ihn mit. Noch heute Nacht heirathet Lormeuil meine Tochter – Ich überrasche meinen Neffen – er muß mir den Heirathscontract seiner Base noch selbst mit unterzeichnen – Und was dich betrifft, Hallunke –

Champagne.
Ich, gnädiger Herr, ich will mit unterzeichnen – ich will auf der Hochzeit mit tanzen, wenn Sie’s befehlen.

Oberst.
Ja, Schurke, ich will dich tanzen machen! – Und die Quittung über die hundert Pistolen, merk‘ ich jetzt wohl, habe ich auch nicht der Ehrlichkeit des Wucherers zu verdanken. – Zu meinem Glück hat der Juwelier Bankerott gemacht – Mein Taugenichts von Neffe begnügte sich nicht, seine Schulden mit meinem Gelde zu bezahlen; er macht auch noch neue auf meinen Kredit. – Schon gut! Er soll mir dafür bezahlen! – Und du, ehrlicher Gesell, rechne auf eine tüchtige Belohnung. – Es thut mir leid, daß ich meinen Stock nicht bei mir habe; aber aufgeschoben ist nicht aufgehoben. (Ab.)

Champagne.
Ich falle aus den Wolken! Muß dieser verwünschte Onkel auch gerade jetzt zurückkommen und mir in den Weg laufen, recht ausdrücklich, um mich plaudern zu machen – Ich Esel, daß ich ihm auch erzählen mußte – Ja, wenn ich noch wenigstens ein Glas zu viel getrunken hätte – Aber so!