HomeBriefwechsel Schiller-Goethe1800752. An Goethe, 30. Juli 1800

752. An Goethe, 30. Juli 1800

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Weimar, 30. Juli 1800.

Der heitre Ton Ihres Briefs beweist mir, daß es Ihnen in Jena ganz wohl geht, wozu ich Glück wünsche. Ich kann dasselbe von mir nicht rühmen; der Barometerstand, der Ihnen so günstig ist, regt meine Krämpfe auf und ich schlafe nicht gut. Unter diesen Umständen war mir die Nachricht von Körnern, daß er nicht reisen könne, sehr willkommen. Ich werde also nicht nach Lauchstädt gehen, und mache dadurch einen unverhofften Gewinn an Zeit und auch an Geld; denn so gern ich ihn wieder gesehen hätte, so war es mir gerade jetzt ein wenig lästig .

Ich gratulire zum Fortschritt in Ihrer Arbeit. Die Freiheit, die Sie sich mit dem französischen Original zu nehmen scheinen, ist mir ein sehr gutes Zeichen Ihrer productiven Stimmung: auch augurire ich daraus, daß wir noch einen Schritt weiter vorwärts kommen werden als beim Mahomet. Mit Verlangen erwarte ich die Mittheilung des Werks und unsre Gespräche darüber. Wenn Sie den Gedanken mit dem Chor ausführen, so werden wir auf dem Theater ein wichtiges Experiment machen.

Auch von meinem Stück hoffe ich Ihnen wenn Sie zurückkommen das fertige Schema vorzulegen und mich, ehe ich an das Ausführen gehe, Ihrer Beistimmung zu versichern. In diesen letzten Tagen hat mich der Schluß meiner Gedichtsammlung noch beschäftigt. Die Stanzen über den Mahomet habe ich auch darin abdrucken lassen. Göpferdt kann Ihnen, wenn Sie neugierig darauf sind, die Bogen R und S zusenden, sobald sie abgedruckt sind.

Kirms hat mir heute eine sehr willkommene Rolle Geld zugesendet, für die ich Ihnen bestens Dank sage.

Meine Frau grüßt Sie aufs schönste. Leben Sie recht wohl, und erfreuen sich der bunten Mannigfaltigkeit, die Sie in Jena umgiebt. Mellisch ist gestern hier durchgekommen und wohnt wieder in Dornburg. Er hat mir viel von dem lustigen Leben erzählt, das in Wilhelmsthal geführt wird, wo es sehr utopisch zugeht. Meine Schwägerin hatte ein großes Unglück mit dem Wagen, der entzwei ging, doch hat sie selbst keinen Schaden gelitten.

Leben Sie recht wohl.

Sch.