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806. An Goethe, 3. April 1801

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Weimar, 3. April 1801.

Am Mittwoch bin ich wieder hier eingetroffen und habe sehr beklagt, Sie nicht zu finden. Möge Ihnen indessen der Aufenthalt auf dem Lande nur recht günstig sein! Ich will während Ihrer Abwesenheit mein Geschäft so weit als möglich zu fördern suchen, daß ich es Ihnen bald nach Ihrer Zurückkunft geendigt vorlegen kann. In etwa vierzehn Tagen hoffe ich am Ziele zu sein. Von meinem letzten Act augurire ich viel Gutes, er erklärt den ersten, und so beißt sich die Schlange in den Schwanz. Weil meine Heldin darin auf sich allein steht, und im Unglück von den Göttern deserirt ist, so zeigt sich ihre Selbstständigkeit und ihr Charakteranspruch auf die Prophetenrolle deutlicher. Der Schluß des vorletzten Acts ist sehr theatralisch und der donnernde Deus ex machina wird seine Wirkung nicht verfehlen.

Meyer hat meinen kleinen Ernst gemalt, wie Sie wissen; das Bild ist fertig und sehr schön ausgefallen, daß es Sie gewiß auch erfreuen wird. Es ist so bedeutend gefaßt und sehr angenehm behandelt; auch die Ähnlichkeit fehlt nicht, so schwer es auch hielt, den Kleinen in eine ruhige Positur zu bringen.

Es hat mir leid gethan, meinen Garten gerade jetzt da das Wetter so schön geworden, zu verlassen; doch habe ich mich auch wieder nach Haus zurückgesehnt; und zum Glück bin ich hier gleich wieder in meine Arbeit herein gekommen.

Ich habe Verlangen wieder einige Zeilen von Ihnen zu sehen, denn in Roßla liegen Sie uns doch, so nah es ist, wie am Ende der Welt. Leben Sie recht wohl und alles Gute sei mit Ihnen.

Sch.