HomeDie Horen1796 - Stück 7III. Theoderich, König der Ostgothen. [K. L. von Woltmann]

III. Theoderich, König der Ostgothen. [K. L. von Woltmann]

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Ein Bote, welcher in Theodemirs Lager in der Nähe von Wien kam, um eine gute Kunde zu bringen, fand hier alles voll Freude, denn der Heerführer war kaum von seinem liebsten Kebsweibe Erelieva mit einem Knaben beschenkt worden, welchen er Theoderich nannte. In keiner schönern Stunde konnte er die Nachricht vernehmen daß die Hunnen weche sich unvermuthet unter der Anführung on Attilas Söhnen auf seinen Bruder Walamir geworfen hätten von diesen tapfer wären zurückgeschlagen worden. Dieser Sieg sicherte die Unabhängigkeit der Ostgothen von der hunnischen Herrschaft, welcher sie sich bald nach Attilas Tode entzogen hatten. In den fruchtbaren wenn gleich verheerten Gefilden Pannoniens lebten sie jetzt mit Bewilligung des griechischen Hofes, drei Brüder aus dem alten Heldenstamme der Amalen, Widemir, Walamir und Theodemir genannt, leiteten die Nation durch ihre gemeinschaftlichen Rathschläge, wiewohl sie sich in dem weiten Strich Landes von Surmium bis Wien getheit hatten.

Ein anderer Schwarm von Ostgothen hatte sich in Thracien niedergelassen, und ihr Anführer Theoderich, der Sohn des Triarius, stand in grossem Ansehen beim kaiserlichen Hofe, von welchem er jährlich ein bestimmtes Geld erhielt. Die amalischen Brüder wollten gleiche Vortheile geniessen, und fielen daher plötzlich in Illyrien ein. Dadurch hatten sie den Griechen gezeigt, was sie vermochten. Kaiser Leo schloß einen Bund mit ihnen, und versprach einen jährlichen Sold. Zur Geissel für die Treue der Gothen sollte Theodemir seinen Theoderich hingeben. Er stand und zauberte, und gab ihn endlich hin auf die dringenden Bitten seines Bruders Walamir.

Als ein siebenjähriger Knabe kam Theoderich nach Konstantinopel, und schon seine Schönheit gewann ihm die Herzen der Griechen, welche auch politische Gründe genug hatten, ihn mit Liebe zu behandeln. Die Künste des Krieges lernte er mit ausgezeichnetem Glück, er besuchte die Schulen der vornehmsten Meister: und wiewohl ihm selbst die ersten Anfangsgründe aller literärischen Bildung unbekannt blieben, so erhielt doch seine Seele durch die Eindrücke der Erziehung eine gewisse Achtung gegen wissenschaftliche Kultur, welche grossen Einfluß auf seine nachherige Regierung geäussert hat. Der Anblick der Griechen mußte ihn früh auf den Gedanken bringen, welcher späterhin seine Maxime ward, daß nehmlich alle wissenschaftliche Kultur, so nützlich sie im Staat seyn mächte, der Tapferkeit nachtheilig und daher eines Gothen unwürdig sei.

Unterdessen Theoderich in Konstantinopel lebte, kam sein Oheim Walamir in einem Treffen um, und sein Vater Theodemir erhielt nun bei den gemeinschaftlichen Unternehmungen die Hauptanführung. Als dieser einst von einem siegreichen Zug über die gefrorne Donau in der Land der Schwaben und Allemannen zurückkehrte, fand er seien Sohn, welchen Kaiser Leo mit grossen Geschenken ihm wieder gesandt hatte. Die schöne und hohe, fast riesenmäßige Gestalt des Jünglings, sein Geschick in den Künsten des Krieges und die Milde seines Geistes machten ihn zum Liebling der Gothen. Fast sechstausend der tapfersten Männer gesellten sich bald zu ihm, daß er ohne Wissen seines Vaters auf ein Abentheuer ausgehen konnte. Er zog an der Donau hinab in die Heimath des sarmatischen Königs Babai, welcher durch einen Sieg über ein römisches Herr furchtbar und trotzig geworden war. Er überfiel und erschlug ihn, und kehrte mit Beute beladen zu seinem Vater zurück. Bald darauf nahm er auch den Sarmaten Singidunum oder Belgrad ab, und erweiterte das Gebiet seines Stammes bis an den Einfluß der Sau in die Donau.

Nicht lange nachher zog Widemir mit einer Schaar von Ostgothen nach Italien, und seine Begleiter verloren sich nach seinem frühzeitigen Tode unter den Westgothen in Gallien. Auch Theodemir starb bald, nachdem er dem griechischen Reich noch eine Provinz abgenommen hatte, und sein Sohn war nun der einzige Anführer des Stammes, welcher von dem Heldengeschlecht der Amalen sich beherrschen ließ. Gewaltige Kriege, durch welche der Kaiserthron wankte, konnten nun sogleich dem König der Ostgothen Gelegenheit geben, eine wichtige Rolle im griechischen Reiche zu spielen. Kaiser Zeno, welcher vorzüglich durch ihn zuletzt den Thron behauptete, überhäufte ihn mit Ehrenbezeugungen und Geschenken, mehr aus Furcht vor den großen Eigenschaften des Barbaren, als aus Zuneigung zu ihm, dessen sein niedriger Charakter nicht fähig war. Theoderich erhielt sogar die Konsulnwürde (für das Jahr 484). Sein hoher, freier Sinn berechtigte ihn vor allen, diesen Schmuck zu tragen, der von den Zeiten der alten römischen Freiheit noch übrig war. Selten war auch ein Anführer von germanischen Horden so dankbar und beständig gegen die Griechen, wie er, wenn gleich theils die Denkart derselben, theils der ungezähmte Geist seines Volks ihn bisweilen zwangen, seinen Speer gegen das griechische Reich selbst zu kehren, und die Flamme in einem Lande, welchem er diente, wüthen zu lassen. In einem Zeitpunkt der Art bedrohte er sogar Konstantinopel selbst; aber der Anblick der Stadt, welche ihm durch so manche Eindrücke der Jugend werth geworden war, wirkte so auf ihn, daß er ohne eine feindselige Handlung gegen sie zurückkehrte. Nur kriegerische Züge für die Griechen, von welchen er nie geruht hätte, wären ein Mittel gewesen, ihn in ununterbrochener Treue zu erhalten. Aber wie konnte er in der üppigen Muße des Hofes, wie seine Volk in der trägen Ruhe des Lagers, aus welcher es öfters selbst durch Mangel getrieben wurde, lange verharren? Wann ihn dieses auf der einen Seite zum Schutz, zur Anführung aufrief, und auf der andern der griechische Hof ihm die bittersten Vorwürfe wegen seiner Verrätherei und Habsucht machte, dann versank er bisweilen in schwermüthige Gedanken, und wünschte an den Gränzen von Scythien im Frieden und ohne Ruhm voll Gehorsam seine Tage zu verleben. Nur wenn die Flamme seines Geistes durch Stürme aufwärts getrieben ward, konnte er glücklich seyn, und er schmeichelte sich, in einer völligen Stille werde er das Glück seines Lebens finden.

Bei einer solchen Seelenstimmung des Helden und bei der Eifersucht, die schon lange zwischen den Gothen der Amalen und denjenigen geherrscht hatte, welche Theoderich, der Sohn des Triarius leitete, mußte es der griechischen Arglist leicht werden, ihn zu einem Zuge gegen diese letzten zu bereden, welche bei den bürgerlichen Unruhen gegen Zeno Dienste gethan hatten. Man hofte, die gothischen Stämme sollten sich untereinander zu Grunde richten.

Nach den heiligsten Versicherungen, daß er einen hinlänglichen Vorrath von Lebensmitteln vor seiner Ankunft bei Hadrianopel erhalten werde, nebst einer Verstärkung von achttausend Mann Reiterei und dreissigtausend Fußvölkern, brach Theoderich auf. Bei dem Eintritt in Thracien fand er sich in einer wüsten Einöde, zwischen den Felsen und Abgründen des Bergs Sondis von seinen Wegweisern verrathen. Hier war es, wo ihn der Sohn des Triarius überraschte und angriff. Doch mehr als jeder Angriff an diesem gefahrvollen Ort bekümmerten ihn die Worte desselben, welche er von einer nahen Anhöhe ihm zurief. Er nannte ihn einen Meineidigen, einen thörigten Knaben, den Verräther seines Volks, welcher die Arglist der Griechen nicht kenne und das Ziel ihrer Rathschläge nicht sehe. „Wißt ihr denn nicht,“ rief er, „daß diese immer den Rath hoch achteten, die Gothen durch ihr eignes Schwert sich wechselweise vertilgen zu lassen? Ahnet es euch nicht, daß der Sieger in diesem unnatürlichen Kampf ihrer unversöhnlichen Rache wird hingegeben, mit Recht wird hingeopfert werden? Wo sind diese Krieger, meine Verwandten, und deine eignen, Theoderich, deren Witwen nun wehklagen, daß ihr Leben ein Raub deines blinden Ehrgeizes wurde? Wo ist die Habe geblieben, welche deine Krieger besassen, ehe sie von der väterlichen Heimath hinweg unter deine Fahnen gelockt wurden? Da gehorsamten drei oder vier Rosse auf den Ruf eines jeden von ihnen, nun folgten sie dir gleich Sklaven zu Fuß durch die Wüsten von Thracien, verführt von dem Wahn, daß sie Berge von Gold erobern würden; und wehe, daß diese Männer einst frei und edel waren, wie du selbst!“

Mochte diese ganze Rede dem Sohn des Triarius von seiner Schlauheit, denn ihn selbst trafen alle Vorwürfe, die er dem Helden machte, oder von seinem Herzen eingegeben seyn, sie erregte das Geschrei des Unmuths im Lager der Amalen. Das Andenken an die Väter und die Heimath durchstürmte die rauhe Brust der Gothen und beide Heere lagen sich einander in den Armen. Die Nothwendigkeit und sein Herz rissen auch den Sohn Theodemirs zu den Umarmungen hin. Die griechische Arglist veranlaßte einen Triumph der deutschen Liebe, und die thracischen Klüfte hallten von dem Bundesgeschrei derselben Menschen wieder, welche kamen, um sie mit dem Schlachtruf gegen einander, mit dem Winseln der Sterbenden und ihrem Blut zu erfüllen.

Vielleicht hätten die Gothen vereint ihre Waffen gegen die Griechen gerichtet, wenn sie bei einer solchen Unternehmung ausser der Beute, welche sie machten, ausser dem höhern Sold, welchen sie erzwangen, im Ganzen nicht mehr hätten verlieren als gewinnen müssen. Wo sie lebten, ward immer eine Einöde. Daß eine Regierung bestand, unter welcher der Boden kultivirt und Handel getrieben ward, die ihnen aber, sobald sie wollte, alles preiß geben mußte, war für sie ein wahres Bedürfniß. Auch ließ sich nicht erwarten, daß sie im Orient selbst einen Staat hätten stiften sollen wo unter ihrer Herrschaft, wie nachher in Italien, die Künste des Friedens fortgeblüht hätten, denn theils war es für barbarische Horden nicht so leicht möglich, in der Nähe der Kaiserstadt selbst und mehr beim Mittelpunkt der Regierung auf längere Zeit den Meister zu spielen, theils scheinen die Eigenschaften der Germanen nur auf die Natur der occidentalischen Länder berechnet gewesen zu seyn. In diesen erhielten sich ihre Staaten vornemlich durch das Band, welches Gleichheit der Denkart und der bürgerlichen Einrichtungen zwischen ihnen einmal geschlungen hatte, und wilde Eifersucht nie ganz zerreissen konnte. Ein isolirter germanischer Staat würde leicht die Beute des griechischen Kaiserthums geworden seyn.

Nur den Sohn des Triarius erblicken wir bald nach jenem Schauspiel im Kriege mit den Griechen, aber sein plötzlicher Tod machte demselben schnell ein Ende. Als er eines Tages auf ein wildes Pferd gesprungen war, und es noch nicht in seine Gewalt bekommen hatte, trug es ihn gegen den Speer, welchen er vor seinem Zelte aufgehängt hatte, trieb ihm die Spitze desselben in die Seite. Er starb nach wenigen Tagen.

Sein Tod war entscheidend für das Schicksal des amalischen Stammes, theils weil unter dem Sohn Theodemirs sich nun beide Stämme vereinigten, theils weil das ganze Verhältniß des letzten zu dem griechischen Reich sich nun änderte. Bisher hatte dieses seine Sicherheit in der Eifersucht der Ostgothen gegen einander gefunden; nun ward es von der ganzen Macht derselben ohne Gegengewicht gedruckt. Theoderich sah recht wohl, wie ihn der Argwohn der Griechen auf allen Seiten mit Fallstricken umgab, und eben so wenig entgieng ihm der Unmuth seines Volks, daß es in rauhen Gefilden umher irrte, unterdeß er in der wollüstigen Ruhe des Hofes seine Tage verträumte. Er schaute nach einer großen Unternehmung umher, welche dem Drange seines Geistes entspräche und ihn der gefahrvollen Gegenwart entrisse: er warf seinen Blick auf das schöne Italien, wo kaum das abendländische Kaiserthum sein Ende erreicht und ein deutscher Heerführer Odoacer, wahrscheinlich vom Stamm der Rugen, sich der Herrschaft bemächtigt hatte. „Soll denn Hesperien, sprach er zum Kaiser Zeno, soll denn jene Stadt, einst die Beherrscherin der Welt, nun durch die Tyrannei der Rugen zerrissen, der Senat durch einen Fremdling, welchen du nicht kennst, zerfleischt werden? Sende mich dahin mit meinem Volk. Dann drückt dich der Sold nicht, welchen du uns hier entrichtest, und bin ich dort siegreich gewesen, so will ich Hesperien als ein Geschenk von dir besitzen!“

Der Kaiser horchte gern auf einen solchen Antrag; die Gothen vernahmen ihn mit lautem Beyfall. Das ganze wilde Volk stund auf und begann im tiefen Winter einen Zug von beynahe anderthalbhundert Meilen (489). Weiber und Kinder und Greise wurden nebst der kostbarern Habe auf Wagen geführt, von welchen zweitausend in einem einzigen Treffen verloren gingen; die Heerden zogen mit, und nährten ihre Besitzer; wenn sie und der gesammelte Vorrath an Lebensmitteln nicht mehr hinreichten zur Nahrung, so war das Wild in den Wäldern verfolgt, oder von den Völkern, zu welchen man kam, Unterhalt erfleht und erkämpft. So zog Theoderich mit seinem Volke nach Epirus hinab, um nach Italien hinüberzuschiffen; weil es aber an Fahrzeugen fehlte, mußte er sich entschliessen, nördlich durch verödete Gegenden zu ziehen und die Alpen zu ersteigen. Manche wilde Völker warfen sich ihm blos aus Kampflust entgegen, andere von Odoacer aufgefodert. Aber nur ein einzigesmal schienen seine Klugheit und Tapferkeit die Gothen nicht mehr vom Verderben retten zu können. Als sie an das Land der Gepiden kamen, war alle Hofnung verschwunden, einer unvermeidlichen Hungersnoth auf eine andere Weise, als durch die Hülfe derselben begegnen zu können. Eine Gesandschaft an sie bat um Lebensmittel und freyen Durchzug; die Antwort brachte ein gepidisches Heer, das mit drohenden Mienen und dem Feldgeschrei an dem hohen, durch übereinander aufsteigende Mauern befestigten Ufer des reissenden Flusses Ulka erschien; am niedern jenseitigen Ufer standen die Gothen vor Hunger entkräftet und muthlos. Mit Verzweiflung begannen sie den Angriff; die aber vom Strom nicht weggerissen wurden, sanken sogleich unter den Pfeilen und Schwertern des Feindes. „Wer eine Bahn durch die feindlichen Schlachtordnung haben will, rief Theoderich, der folge mir! nicht für die Menge ist der Preiß der Tapferkeit, nur wenige entscheiden das Kriegsglück; der Genuß desselben kommt vielen zu Gute. Nach meinen Thaten werde euer Muth geachtet; ihrentwegen sollt Ihr jauchzen. Wohlauf, hebt die Fahnen hoch neben mir empor: ich will keinem verborgen bleiben!“ Dann foderte der König einen Becher und trank zur Weihe des Sieges, und flog mit verhängtem Zügel gegen den Feind. Die Gepiden wankten bei diesem Anblik, die Gothen setzten ihrem Heerführer nach, und nur die einbrechende Finsterniß der Nacht, rettete den flüchtigen Feind von einem gänzlichen Untergange.

Über die Julischen Alpen zogen die Gothen nach Italien hinab und fanden Odoacer mit einem mächtigen Heer am Fluß Isapo gelagert, nicht weit von Aquilea: und schon die Wahl dieser Stellung zeigte, daß es ihm nicht an Feldherrntalenten fehlte. Allein der Sturm der gothischen Horden, die nach einem solchen Zuge auf die schönen venetischen Gefilde sich stürzten, war unwiderstehlich. Siegreich verfolgten sie den geschlagnen Feind und eroberten das Land bis Verona, wo er sich ihnen zum zweitenmal, und mit verstärkter Macht entgegensetzte. An der Etsch hatte er eine Stellung genommen, welche sich gegen jeden Angriff behaupten ließ, und ihn gegen eine förmliche Schlacht schützte. Theoderich entdeckte an einem Abend das weite Lager desselben mit zahllosen Feuern, es glich in der Entfernung einem Himmel voll Sterne, und beschloß, sogleich am folgenden Morgen einen entscheidenden Angriff zu wagen. Er wußte es, wie heiß der Kampf seyn werde, als der Morgen zu dämmern anfieng, und der schmetternde Klang der Trompeten in sein Zelt drang, wo er sich die Rüstung anlegte. Seine Mutter Erelieva und seine Schwester kamen ängstlich zu ihm. Zwar besaß jene ganz den hohen Geist der germanischen Weiber, sie war es, welche eines Tages, da ihr grosser Sohn selbst in einer blutigen Schlacht von den Fliehenden mit fortgerissen ward, ihnen vor dem Lager entgegen trat, und sie durch ihre Vorwürfe zu den Schwertern der Feinde zurücktrieb; aber an diesem Morgen mußte er ihr Muth zusprechen. „Das Bild meines Vaters steht vor meinen Augen, sagte er. Wurde er doch nie zum Spotte des Glücks in einer Schlacht, denn er erzwang sich durch seine Tapferkeit ein gutes Ende derselben. Bringt mir nun das Gewand, von euren Händen gearbeitet, euer schönes Gewebe; zu diesem Kampf muß ich geschmückter gehen, als sonst zum Feste!“

Durch ihn, durch seine Klugheit, seinen Muth, ward der Angriff ganz zum Vortheil der Gothen entschieden, und Odoacer entfloh in das feste Ravenna. Zwei Dinge waren es, welchen Theodemirs Sohn, ausser seinem Verdienste, seine Siege verdankte. Er stand allein an der Spitze eines ganzen Volks; die Heere seines Gegners waren zusammengesetzt aus den Überbleibseln von mehrern germanischen Völkern, die im Solde der Römer gewesen waren, und deren Anführer sich selbst den königlichen Titel beylegten: seine Gothen waren verlohren, wenn sie aus Italien zurückgetrieben wurden, und mußten daher in dem Streit über dasselbe für alles kämpfen, was ihnen werth war; den alten Bewohnern Italiens hingegen lag gar nichts, den germanischen Schwärmen unter Odoacer wenig daran, ob dieser oder sein Gegner herrschte.

Ein grosser Theil der feindlichen Krieger ging auch zu den Gothen über, welche im Lager bey Mailand standen. Doch wurde die Verrätherei eines ihrer vornehmsten Anführer, der mit ihnen übergegangen war, nachher Ursache, daß Theoderich die Oberhand in Italien wieder verlor, und erst nach erhaltener Hülfe von den Westgothen in Gallien, nach einem dritten Sieg über Odoacer, diesen wiederum in Ravenna einschliessen konnte. Fast drei Jahre hindurch mußte er ihn hier belagern, unterdeß ihn ganz Italien schon als Herrscher anerkannte, die Vandalen ihm Sicilien völlig überliessen, und er vom römischen Senat und Volk als ihr Befreier empfangen wurde.

Als endlich eine Hungersnoth in Ravenna ausbrach, zwangen Odoacers Krieger ihren Anführer, auf einen Vergleich mit Theoderich zu denen, und der Bischof der Stadt ward der Friedensvermittler. Persönliche Sicherheit versprach der Held der Ostgothen seinem Gegner gewiss, vielleicht auch einigen Antheil an der Regierung; beide wollten wenigstens in Ravenna mit einem gleichen Rang und mit gleichen Rechten leben. Eine Zeitlang wurde der Vergleich von beiden treu gehalten; aber Odacer konnte noch weniger die verlorne Macht vergessen, als Theoderich es dulden, daß der Rest der Herrschaft, welchen jener noch besaß, einen Schatten über seinen neuen Glanz verbreitete. Auch brach der Fürst der Rugen zuerst den Frieden. Er umgab den Anführer der Ostgothen mit hinterlistigen Anschlägen, und ward von diesem, sobald sie entdeckt waren, zum Mahle geladen, wo die strafende Rache ausgeübt werden sollte. Theoderich stieß ihn mit eigner Hand nieder. Der Sohn und die vornehmsten Krieger des unglücklichen Königs wurden darauf verfolgt und so viel möglich mit ihren Familien ausgerottet.

(Die Fortsetzung folgt.)

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