Die Niederländer hatten an mehrern Stellen, oberhalb und unterhalb Lillo den Damm durchstochen, welcher dem Brabantischen Ufer der Schelde folgt, und wo sich kurz zuvor grüne Fluren zeigten, da erschien jetzt ein neues Element, da sah man Fahrzeuge wimmeln und Mastbäume ragen. Eine Seeländische Flotte, von dem Grafen Hohenlohe angeführt, schiffte in die überschwemmten Felder, und machte wiederholte Bewegungen gegen den Cowensteinischen Damm, jedoch ohne ihn im Ernst anzugreifen; während daß eine andere in der Schelde sich zeigte, und bald dieses bald jenes Ufer mit einer Landung, bald die Schiffbrücke mit einem Sturme bedrohte. Mehrere Tage trieb man dieses Spiel mit dem Feinde, der, ungewiß, wo er den Angriff zu erwarten habe, durch anhaltende Wachsamkeit erschöpft, und durch so oft getäuschte Furcht allmählig sicher werden sollte. Die Antwerpener hatten dem Grafen Hohenlohe versprochen, den Angriff auf den Damm von der Stadt aus mit einer Flottille zu unterstützen; drei Feuerzeichen von dem Hauptthurm sollten die Losung seyn, daß diese sich auf dem Wege befinde. Als nun in einer finstern Nacht die erwarteten Feuersäulen wirklich über Antwerpen aufstiegen, so ließ Graf Hohenlohe sogleich fünfhundert seiner Truppen zwischen zwey feindlichen Redouten den Damm erklettern, welche die spanischen Wachen theils schlafend überfielen, theils wo sie sich zur Wehr setzten, niedermachten. In kurzem hatte man auf dem Damm festen Fuß gefaßt, und war schon im Begriff, die übrige Mannschaft zweytausend an der Zahl nachzubringen, als die Spanier in den nächsten Redouten in Bewegung kamen, und von dem schmalen Terrain begünstigt auf den dichtgedrängten Feind einen verzweifelten Angriff thaten. Und da nun zugleich das Geschütz anfieng, von den nächsten Batterien auf die anrückende Flotte zu spielen, und die Landung der übrigen Truppen unmöglich machte, von der Stadt aus aber kein Beystand sich sehen ließ, so wurden die Seeländer nach einem kurzen Gefecht überwältigt, und von dem schon eroberten Damm wieder heruntergestürzt. Die siegenden Spanier jagten ihnen mitten durch das Wasser biß zu den Schiffen nach, versenkten mehrere von diesen, und zwangen die übrigen, mit einem großen Verlust sich zurück zu ziehen. Graf Hohenlohe wälzte die Schuld dieser Niederlage aus die Einwohner von Antwerpen, die durch ein falsches Signal ihn betrogen hätten, und gewiß lag es nur an der schlechten Übereinstimmung ihrer beyderseitigen Operationen, daß dieser Versuch kein besseres Ende nahm.1
Endlich aber beschloß man, einen planmäßigen Angriff mit vereinigten Kräften auf den Feind zu thun, und durch einen Hauptsturm sowohl auf den Damm als auf die Brücke die Belagerung zu endigen. Der sechzehente May 1585 war zu Ausführung dieses Anschlags bestimmt, und von beyden Theilen wurde das äußerste aufgewendet, diesen Tag entscheidend zu machen. Die Holländer und Seeländer brachten, in Vereinigung mit den Antwerpern, über zweyhundert Schiffe zusammen, welche zu bemannen sie ihre Städte und Citadellen von Truppen entblößten, und mit dieser Macht wollten sie von zwey entgegengesezten Seiten den Cowensteinischen Damm bestürmen. Zu gleicher Zeit sollte die ScheldBrücke durch neue Maschinen von Gianibellis Erfindung angegriffen, und dadurch der Herzog von Parma verhindert werden, den Damm zu entsetzen.2
Alexander, von der ihm drohenden Gefahr unterrichtet, sparte auf seiner Seite nichts, derselben nachdrücklich zu begegnen. Er hatte, gleich nach Eroberung des Dammes an fünf verschiedenen Orten Redouten darauf erbauen lassen, und das Kommando darüber den erfahrensten Offizieren der Armee übergeben. Die erste derselben, welche die Kreuzschanze hieß, wurde an der Stelle errichtet, wo der Cowensteinische Damm in den großen Wall der Schelde sich einsenkt und mit diesem die Figur eines Creuzes bildet; über diese wurde der Spanier Mondragon zum Befehlshaber gesetzt. Tausend Schritte von derselben wurde in der Nähe des Schloßes Cowenstein die St. Jakobs-Schanze aufgeführt, und dem Kommando des Camillo von Monte übergeben. Auf diese folgte in gleicher Entfernung die St. Georgs-Schanze, und tausend Schritte von dieser die Pfahl-Schanze unter Gamboas Befehlen, welche von dem Pfahlwerk, auf dem sie ruhte, den Nahmen führte; am äußersten Ende des Dammes, ohnweit Stabroek, lag eine fünfte Bastey, worinn der Graf von Mansfeld nebst einem Italiener Capizucchi den Befehl führte. Alle diese Forts ließ der Herzog jetzt mit frischer Artillerie und Mannschaft verstärken, und noch überdiß an beyden Seiten des Dammes und längs der ganzen Richtung desselben Pfähle einschlagen, sowohl um den Wall dadurch desto fester, als den Schanzgräbern, die ihn durchstechen würden, die Arbeit schwerer zu machen.3
Früh Morgens, am sechzehnten May, setzte sich die feindliche Macht in Bewegung. Gleich mit Abbruch der Dämmerung kamen von Lillo aus durch das überschwemmte Land vier brennende Schiffe daher geschwommen, wodurch die spanischen Schildwachen auf dem Damm, welche sich jener furchtbaren Vulkane erinnerten, so sehr in Furcht gesetzt wurden, daß sie sich eilfertig nach den nächsten Schanzen zurückzogen. Gerade diß war es, was der Feind beabsichtigt hatte. In diesen Schiffen, welche blos wie Brander aussahen, aber es nicht wirklich waren, lagen Soldaten versteckt, die nun plötzlich ans Land sprangen, und den Damm an der nicht vertheidigten Stelle, zwischen S. Georgs und der Pfahlschanze glücklich erstiegen. Unmittelbar darauf zeigte sich die ganze Seeländische Flotte mit zahlreichen Kriegsschiffen, Proviantschiffen und einer Menge kleinerer Fahrzeuge, welche mit großen Säcken Erde, Wolle, Faschinen, Schanzkörben und dgl. beladen waren, um sogleich, wo es Noth that, Brustwehren auswerfen zu können. Die Kriegsschiffe waren mit einer starken Artillerie und einer zahlreichen, tapfern Mannschaft besezt, und ein ganzes Heer von Schanzgräbern begleitete sie, um den Damm, sobald man im Besitz davon seyn würde, zu durchgraben.4
Kaum hatten die Seeländer auf der einen Seite angefangen, den Damm zu ersteigen, so rückte die Antwerpensche Flotte von Osterweel herbey und bestürmte ihn von der andern. Eilfertig führte man zwischen den zwey nächsten feindlichen Redouten eine hohe Brustwehre auf, welche die Feinde voneinander abschneiden, und die Schanzgräber decken sollte. Diese, mehrere hundert an der Zahl, fielen nun von beyden Seiten mit ihren Spaden den Damm an, und wühlten in demselben mit solcher Emsigkeit, daß man Hofnung hatte, beyde Meere in kurzem miteinander verbunden zu sehen. Aber unterdessen hatten auch die Spanier Zeit gehabt, von den zwey nächsten Redouten herbey zu eilen, und einen muthigen Angriff zu thun, während daß das Geschütz von der Georgs-Schanze unausgesetzt auf die feindliche Flotte spielte. Eine schreckliche Schlacht entbrannte jetzt in der Gegend, wo man den Teich durchstach, und die Brustwehre thürmte. Die Seeländer hatten um die Schanzgräber herum einen dichten Cordon gezogen, damit der Feind ihre Arbeit nicht stören sollte, und in diesem kriegerischen Lerm, mitten unter dem feindlichen Kugelregen, oft biß an die Brust im Wasser, zwischen Todten und Sterbenden setzten die Schanzgräber ihre Arbeit fort, unter dem beständigen Treiben der Kaufleute, welche mit Ungeduld darauf warteten, den Damm geöfnet und ihre Schiffe in Sicherheit zu sehen. Die Wichtigkeit des Erfolges, der gewißermaaßen ganz von ihrem Spaden abhing, schien selbst diese gemeinen Taglöhner mit einem heroischen Muth zu beseelen. Einzig nur auf das Geschäft ihrer Hände gerichtet, sahen sie, hörten sie den Tod nicht, der sie rings umgab, und fielen gleich die vordersten Reyhen, so drangen sogleich die hintersten herbey. Die eingeschlagenen Pfähle hielten sie sehr bey der Arbeit auf, noch mehr aber die Angriffe der Spanier, welche sich mit verzweifeltem Muth durch die feindlichen Haufen schlugen, die Schanzgräber in ihren Löchern durchbohrten, und mit den todten Körpern die Breschen wieder ausfüllten, welche die Lebenden gegraben hatten. Endlich aber als ihre meisten Offiziere theils todt, theils verwundet waren, die Anzahl der Feinde unaufhörlich sich mehrte, und immer frische Schanzgräber an die Stelle der gebliebenen traten, so entfiel diesen tapfern Truppen der Muth, und sie hielten für rathsam, sich nach ihren Schanzen zurück zu ziehen. Jetzt also sahen sich die Seeländer und Antwerper von dem ganzen Theil des Dammes Meister, der von dem Fort S. Georg bis zu der Pfahlschanze sich erstreckt. Da es ihnen aber viel zu lang anstand, die völlige Durchbrechung des Dammes abzuwarten, so luden sie in der Geschwindigkeit ein Seeländisches Last-Schiff aus, und brachten die Ladung desselben über den Damm herüber auf ein Antwerpisches, welches Graf Hohenlohe nun im Triumph nach Antwerpen brachte. Dieser Anblick erfüllte die geängstigte Stadt auf einmal mit den frohesten Hofnungen, und als wäre der Sieg schon erfochten, überließ man sich einer tobenden Fröhlichkeit. Man läutete alle Glocken, man brannte alle Kanonen ab, und die außer sich gesetzten Einwohner rannten ungeduldig nach dem Osterweeler Thore, um die Proviantschiffe, welche unterwegs seyn sollten, in Empfang zu nehmen.5
In der That war das Glück den Belagerten noch nie so günstig gewesen, als in diesem Augenblick. Die Feinde hatten sich muthlos und erschöpft in ihre Schanzen geworfen, und weit entfernt, den Siegern den eroberten Posten streitig machen zu können, sahen sie sich vielmehr selbst in ihren Zufluchtsörtern belagert. Einige Companien Schottländer, unter der Anführung ihres tapfern Obersten Balfour, griffen die S. Georgs Schanze an, welche Kamillo von Monte, der aus S. Jakob herbey eilte, nicht ohne großen Verlust an Mannschaft entsetzte. In einem viel schlimmern Zustand befand sich die Pfahlschanze, welche von den Schiffen aus heftig beschossen wurde, und alle Augenblicke in Trümmern zu gehen drohte. Gamboa, der sie kommandirte, lag verwundet darinn, und unglücklicher weise fehlte es an Artillerie, die feindlichen Schiffe in der Entfernung zu halten. Dazu kam noch, daß der Wall, den die Seeländer zwischen dieser und der Georgs-Schanze aufgethürmt hatten, allen Beystand von der Schelde her abschnitt. Hätte man also diese Entkräftung und Unthätigkeit der Feinde dazu benutzt, in Durchstechung des Dammes mit Eifer und Beharrlichkeit fortzufahren, so ist kein Zweifel, daß man sich einen Durchgang geöfnet, und dadurch wahrscheinlich die ganze Belagerung geendigt haben würde. Aber auch hier zeigte sich der Mangel an Folge, welchen man den Antwerpern im ganzen Lauf dieser Begebenheit zur Last legen muß. Der Eifer, mit dem man die Arbeit angefangen, erkaltete in demselben Maaß, als das Glük ihn begleitete. Bald fand man es viel zu langweilig und mühsam, den Teich zu durchgraben; man hielt für besser, die große Lastschiffe in kleinere auszuladen, welche man sodann mit steigender Fluth nach der Stadt schaffen wollte. S. Aldegonde und Hohenlohe, anstatt durch ihre persönliche Gegenwart den Fleiß der Arbeiter anzufeuern, verließen gerade im entscheidenden Moment den Schauplatz der Handlung, um mit einem Getreideschiff nach der Stadt zu fahren, und dort die Lobsprüche über ihre Weißheit und Tapferkeit in Empfang zu nehmen.6
Während daß auf dem Damme von beyden Theilen mit der hartnäckigsten Hitze gefochten wurde, hatte man die Scheldbrücke von Antwerpen aus mit neuen Maschinen bestürmt, um die Aufmerksamkeit des Herzogs auf dieser Seite zu beschäftigen. Aber der Schall des Geschützes vom Damm her entdeckte demselben bald, was dort vorgehen mochte, und er eilte, sobald er die Brücke befreyt sah, in eigener Person den Teich zu entsetzen. Von zweyhundert spanischen Pikenierern begleitet flog er an den Ort des Angriffes, und erschien noch gerade zu rechter Zeit auf dem Kampfplatz, um die völlige Niederlage der Seinigen zu verhindern. Eiligst warf er einige Kanonen, die er mitgebracht hatte, in die zwey nächsten Redouten, und ließ von da aus nachdrücklich auf die feindlichen Schiffe feuern. Er selbst stellte sich an die Spitze seiner Soldaten, und in der einen Hand den Degen, den Schild in der andern, führte er sie gegen den Feind. Das Gerücht seiner Ankunft, welches sich schnell von einem Ende des Dammes biß zum andern verbreitete, erfrischte den gesunkenen Muth seiner Truppen, und mit neuer Heftigkeit entzündete sich der Streit, den das Lokal des Schlachtfeldes noch mörderischer machte. Auf dem schmalen Rücken des Dammes, der an manchen Stellen nicht über neun Schritte breit war, fochten gegen fünftausend Streiter; auf einem so engen Raume drängte sich die Kraft beyder Theile zusammen, beruhte der ganze Erfolg der Belagerung. Den Antwerpenern galt es die letzte Vormauer ihrer Stadt, den Spaniern das ganze Glück ihres Unternehmens; beide Partheyen fochten mit einem Muth, den nur Verzweiflung einflößen konnte. Von beyden äusersten Enden des Dammes wälzte sich der Kriegsstrom der Mitte zu, wo die Seeländer und Antwerper den Meister spielten, und ihre ganze Stärke versammelt war. Von Stabroek her drangen die Italiener und Spanier heran, welche an diesem Tag ein edler Wettstreit der Tapferkeit erhitzte; von der Schelde her die Wallonen und Spanier, den Feldherrn an ihrer Spitze. Indem jene die Pfahlschanze zu befreyen suchten, welche der Feind zu Wasser und zu Lande heftig bedrängte, drangen diese mit alles niederwerfendem Ungestümm auf die Brustwehr los, welche der Feind zwischen St. Georg und der Pfahlschanze aufgethürmt hatte. Hier stritt der Kern der niederländischen Mannschaft hinter einem wohlbevestigten Wall, und das Geschütz beider Flotten deckte diesen wichtigen Posten. Schon machte der Herzog Anstalt, mit seiner kleinen Schaar diesen furchtbaren Wall anzugreifen, als ihm Nachricht gebracht wurde, daß die Italiener und Spanier unter Capizucchi und Aquila mit stürmender Hand in die Pfahlschanze eingedrungen, davon Meister geworden, und jetzt gleichfalls gegen die feindliche Brustwehr im Anzuge seyen. Vor dieser letzten Verschanzung sammelte sich also nun die ganze Kraft beyder Heere, und von beyden Seiten geschah das äuserste, sowohl diese Bastey zu erobern als sie zu vertheidigen. Die Niederländer sprangen aus ihren Schiffen ans Land um nicht bloß müßige Zuschauer dieses Kampfes zu bleiben. Alexander stürmte die Brustwehre von der einen Seite, Graf Mansfeld von der andern; fünf Angriffe geschahen und fünfmal wurden sie zurück geschlagen. Die Niederländer übertrafen in diesem entscheidenden Augenblick sich selbst; nie im ganzen Lauf des Krieges hatten sie mit dieser Standhaftigkeit gefochten. Besonders aber waren es die Schotten und Engländer, welche durch ihre tapfre Gegenwehr die Versuche des Feindes vereitelten. Weil da wo die Schotten fochten, niemand mehr angreifen wollte, so warf sich der Herzog selbst, einen Wurfspieß in der Hand, biß an die Brust ins Waßer, um den Seinigen den Weg zu zeigen. Endlich, nach einem langwierigen Gefechte gelang es den Mansfeldischen mit Hülfe ihrer Hellebarden und Piken eine Bresche in die Brustwehre zu machen, und indem sich der Eine auf die Schultern des andern schwang, die Höhe des Walls zu ersteigen. Bartelemi Toralva, ein spanischer Hauptmann, war der erste, der sich oben sehen ließ, und fast zu gleicher Zeit mit demselben zeigte sich der Italiener Capizucchi auf dem Rande der Brustwehr; und so wurde denn, gleich rühmlich für beyde Nationen der Wettkampf der Tapferkeit entschieden. Es verdient bemerkt zu werden, wie der Herzog von Parma, den man zum Schiedsrichter dieses Wettstreits gemacht hatte, das zarte Ehrgefühl seiner Krieger zu behandeln pflegte. Den Italiener Capizucchi umarmte er vor den Augen der Truppen, und gestand laut, daß er vorzüglich der Tapferkeit dieses Offiziers die Eroberung der Brustwehr zu danken habe. Den spanischen Hauptmann Toralva, der stark verwundet war, ließ er in sein eignes Quartier zu Stabroek bringen, auf seinem eignen Bette verbinden, und mit demselben Rocke bekleiden, den er selbst den Tag vor dem Treffen getragen hatte.7
Nach Einnahme der Brustwehr blieb der Sieg nicht lange mehr zweifelhaft. Die Holländischen und Seeländischen Truppen, welche aus ihren Schiffen gesprungen waren, um mit dem Feind in der Nähe zu kämpfen, verloren auf einmal den Muth, als sie um sich blickten, und die Schiffe, welche ihre letzte Zuflucht ausmachten, vom Ufer abstoßen sahen.
Denn die Fluth fing an, sich zu verlaufen, und die Führer der Flotte, aus Furcht mit ihren schweren Fahrzeugen auf dem Strande zu bleiben, und bey einem unglücklichen Ausgang des Treffens dem Feind zur Beute zu werden, zogen sich von dem Damme zurück und suchten das hohe Meer zu gewinnen. Kaum bemerkte dieß Alexander, so zeigte er seinen Truppen die fliehenden Schiffe, und munterte sie auf, mit einem Feinde zu enden, der sich selbst aufgegeben habe. Die Holländischen Hülfstruppen waren die ersten, welche wankten, und bald folgten die Seeländer ihrem Beispiel. Sie warfen sich eiligst den Damm herab, um durch Waten oder Schwimmen die Schiffe zu erreichen, aber weil ihre Flucht viel zu ungestüm geschah, so hinderten sie einander selbst, und stürzten haufenweise unter dem Schwerdt des nachsetzenden Siegers. Selbst an den Schiffen fanden viele noch ihr Grab, weil jeder dem andern zuvorzukommen suchte, und mehrere Fahrzeuge, unter der Last derer, die sich hinein warfen, untersanken. Die Antwerper, die für ihre Freiheit, ihren Heerd, ihren Glauben kämpften, waren auch die letzten, die sich zurückzogen, aber eben dieser Umstand verschlimmerte ihr Geschick. Manche ihrer Schiffe wurden von der Ebbe übereilt, und saßen fest auf dem Strande, so daß sie von den feindlichen Kanonen erreicht und mit samt ihrer Mannschaft zu Grund gerichtet wurden. Den andern Fahrzeugen, welche voraus gelaufen waren, suchten die flüchtigen Haufen durch Schwimmen nachzukommen; aber die Wuth und Verwegenheit der Spanier gieng so weit, daß sie, das Schwerdt zwischen den Zähnen, den fliehenden nachschwammen, und manche noch mitten aus den Schiffen heraus hohlten. Der Sieg der königlichen Truppen war vollständig, aber blutig; denn von den Spaniern waren gegen achthundert, von den Niederländern (die Ertrunkenen nicht gerechnet) etliche tausend auf dem Platz geblieben; und auf beyden Seiten wurden viele von dem vornehmsten Adel vermißt. Mehr als dreißig Schiffe fielen mit einer großen Ladung von Proviant, die für Antwerpen bestimmt gewesen war, mit hundert und fünfzig Kanonen und anderem Kriegsgeräthe in die Hände des Siegers. Der Damm, dessen Besitz so theuer behauptet wurde, war an dreyzehn verschiedenen Orten durchstochen, und die Leichname derer, welche ihn in diesen Zustand versetzt hatten, wurden jetzt dazu gebraucht, jene Öfnungen wieder zuzustopfen. Den folgenden Tag fiel den Königlichen noch ein Fahrzeug von ungeheurer Größe und seltsamer Bauart in die Hände, welches eine schwimmende Vestung vorstellte, und gegen den Cowensteinischen Damm hatte gebraucht werden sollen. Die Antwerper hatten es mit unsäglichem Aufwand zu der nehmlichen Zeit erbaut, wo man den Ingenieur Gianibelli, der großen Kosten wegen, mit seinen heilsamen Vorschlägen abwies, und diesem lächerlichen Monstrum den stolzen Nahmen Ende des Kriegs beygelegt, den es nachher mit der weit paßendern Benennung Verlorenes Geld vertauschte. Als man dieses Schiff in See brachte, fand sichs, wie jeder Vernünftige vorher gesagt hatte, daß es seiner unbehülflichen Größe wegen schlechterdings nicht zu lenken sey, und kaum von der höchsten Fluth konnte aufgehoben werden. Mit groser Mühe schleppte es sich biß nach Ordam fort, wo es, von der Fluth verlassen, am Strande sitzen blieb, und den Feinden zur Beute wurde.8
Die Unternehmung auf den Cowensteinischen Teich war der letzte Versuch, den man zu Antwerpens Rettung wagte. Von dieser Zeit an sank den Belagerten der Muth, und der Magistrat der Stadt bemühte sich vergebens, das gemeine Volk, welches den Druck der Gegenwart empfand, mit entfernten Hofnungen zu vertrösten. Biß jetzt hatte man das Brod noch zu einem leidlichen Preiß erhalten, obgleich die Beschaffenheit immer schlechter wurde; nach und nach aber schwand der Getreidevorrath so sehr, daß eine Hungersnoth nahe bevorstand. Doch hoffte man die Stadt wenigstens noch so lange hin zu halten, biß man das Getreide zwischen der Stadt und den äusersten Schanzen, welches in vollen Halmen stand, würde einärnten können; aber ehe es dazu kam, hatte der Feind auch die letzten Werke vor der Stadt eingenommen, und die ganze Ärnte sich selbst zugeeignet. Endlich fiel auch noch die benachbarte und bundsverwandte Stadt Mecheln in des Feindes Gewalt, und mit ihr verschwand die letzte Hofnung, Zufuhr aus Brabant zu erhalten. Da man also keine Möglichkeit mehr sah, den Proviant zu vermehren, so blieb nichts anders übrig, als die Verzehrer zu vermindern. Alles unnütze Volk, alle Fremden, ja selbst die Weiber und Kinder sollten aus der Stadt hinweggeschafft werden; aber dieser Vorschlag stritt allzusehr mit der Menschlichkeit, als daß er hätte durchgehen sollen. Ein anderer Vorschlag, die katholischen Einwohner zu verjagen, erbitterte diese so sehr, daß es beynahe zu einem Aufruhr gekommen wäre. Und so sah sich denn S. Aldegonde genötigt, der stürmischen Ungeduld des Volks nachzugeben und am siebenzehenten August 1585 mit dem Herzog von Parma wegen Übergabe der Stadt zu traktiren.9
4 Strad. 587 seq. Meteren 498. Thuan. III. 48.
8 Thuan. III. 49. Meteren 485. Strad. 597 seq.
9 Meteren 500. Strad. 600 seq. Thuan. III. 50. Allgem. Geschichte der vereinigten Niederlanden III. 499.