HomeDie Horen1795 - Stück 5VIII. Weihe der Schönheit. [J. H. Voß]

VIII. Weihe der Schönheit. [J. H. Voß]

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Die Schönheit ist des Guten Hülle;
Der Schönheit wollen wir uns freun,
Und bei der schönen Gaben Fülle
Nicht Menschen nur, auch menschlich sein.
Du, Blume, sollst uns kränzen;
Du, edler Wein, uns glänzen!
Schenk’ ein, o Mädchen! Schall’, o Chor!
Das schöne Mädchen singt uns vor!

Chor. Du, Blume etc.

Ich senk’ in hellgeschlifne Becher
Euch gern den edlen Feiertrank;
Als weise Trinker, nicht als Zecher,
Genießt ihr menschlich mit Gesang.
Die Seele schweb’ erhaben
Zum Geber aller Gaben,
Der uns dies schöne Paradies
Mit Menschensinn bewohnen hieß!

Chor. Die Seele etc.

In tausendfacher Schönheit pranget
Nicht Blume nur, auch Blütenbaum,
Auch Frucht und Traube; daß verlanget
Der Geist, und nicht allein der Gaum.
Es blühe nicht vergebens
Die Blum’ auch unsers Lebens!
Des Blattes schöne Raupe kreucht,
Entschläft, wird schöner Sylf’, und steigt!

Chor. Es blühe etc.

Wo ist er, der uns Menschen wieder
Als Waldgeschlecht nur weiden heißt,
Ohn’ einmal aufzuschaun, wer nieder
Vom schönen Baum die Eichel geußt?
Sein Herz erfreute nimmer
Der Blume Duft und Schimmer;
Sein Ohr, zu fühllos für Gesang,
Vernahm nur Golds und Schellenklang!

Chor. Sein Herz etc.

Die Harmonie gemeßner Rede
Rief Waldgeschlecht, zu baun das Feld;
Die Harmonie entschied die Fehde
Dem Volk, in Dorf und Stadt gesellt.
Durch Lieder lehrt’ Erfahrung,
Und Gottes Offenbarung;
In Liedern trug der fromme Chor
Der Erstlingsopfer Dank empor.

Chor. Durch Lieder etc.

Der Menschenrede Reitz und Klarheit
Erhob des Denkers kühnern Flug:
Von Wahrheit flog er auf zu Wahrheit,
Und sah herab auf Wahn und Trug.
Doch niemals lockt’ er Hörer,
Der hohen Weisheit Lehrer;
Ward nicht in schöner Rede Bild
Ihr Götterstral sanft eingehüllt.

Chor. Doch niemals etc.

Der Weise lehrt das Herz der Menge
Sich edler Menschlichkeit erfreun;
Ihm wards, durch Red’ und durch Gesänge
Ein Volkverschönerer zu sein.
Wenn gleich, durch Zwang gelähmet,
Sein armes Volk sich grämet;
Durch ihn an Geist und Sinn geklärt,
Erhebt sichs einst, der Freiheit werth.

Chor. Wenn gleich etc.

Nicht fröhnet, niedres Geizes Diener,
Der freie Geist, nur Brot zu baun;
Geweiht der Schönheit, strebt er kühner
Aus unsrer Sklavenzeiten Graun.
Ihm tanzt der Musen Reihen
Mit Grazien im Freien;
Und hoch entzückt, ein Grieche schon,
Bemerkt er weder Dank noch Hohn.

Chor. Ihm tanzt etc.

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