HomeText: ÜbersetzungenDer Neffe als OnkelDer Neffe als Onkel (Picard) – Dritter Aufzug. Dritter Auftritt.

Der Neffe als Onkel (Picard) – Dritter Aufzug. Dritter Auftritt.

Bewertung:
(Stimmen: 0 Durchschnitt: 0)

Ein Postillon. Vorige

Postillon (betrunken).
He! Holla! Wird’s bald, ihr Herren? Meine Pferde stehen schon eine Stunde vor dem Hause, und ich bin nicht des Wartens wegen da.

Oberst.
Was will der Bursch?

Erster Unterofficier.
Es ist der Postillon, der Sie fahren soll.

Postillon.
Sieh doch! Sind Sie’s, Herr Hauptmann, der abreist? – Sie haben kurze Geschäfte hier gemacht – Heute Abend kommen Sie an, und in der Nacht geht’s wieder fort.

Oberst.
Woher weißt denn du?

Postillon.
Ei! Ei! War ich‘ s denn nicht, der Sie vor etlichen Stunden an der Hinterthür dieses Hauses absetzte? Sie sehen, mein Capitän, daß ich Ihr Geld wohl angewendet – ja, ja, wenn mir Einer was zu vertrinken gibt, so erfüll‘ ich gewissenhaft und redlich die Absicht.

Oberst.
Was sagst du, Kerl? Mich hättest du gefahren? Mich?

Postillon.
Sie, Herr! – Ja doch, beim Teufel, und da steht ja Ihr Bedienter, der den Vorreiter machte – Gott grüß‘ dich, Gaudieb! Eben der hat mir’s ja im Vertrauen gesteckt, daß Sie ein Herr Hauptmann seien und von Straßburg heimlich nach Paris gingen. –

Oberst.
Wie, Schurke? Ich wäre das gewesen?

Postillon.
Ja, Sie! Und der auf dem ganzen Wege laut mit sich selbst sprach und an Einem fort rief: Meine Sophie! Mein liebes Bäschen! Mein englisches Cousinchen! – Wie? haben Sie das schon vergessen?

Champagne (zum Oberst).
Ich bin’s nicht, gnädiger Herr, der ihm diese Worte in den Mund legt – Wer wird aber auch auf öffentlicher Poststraße so laut von seiner Gebieterin reden!

Oberst.
Es ist beschlossen, ich seh’s, ich soll nach Straßburg, um der Sünden meines Neffen willen –

Erster Unterofficier.
Also, mein Herr Hauptmann –

Oberst.
Also, mein Herr Geleitsmann, also muß ich freilich mit Ihnen fort, aber ich kann Sie versichern, sehr wider meinen Willen.

Erster Unterofficier.
Das sind wir gewohnt, mein Capitän, die Leute wider ihren Willen zu bedienen.

Oberst.
Du bist also mein Bedienter?

Champagne.
Ja, gnädiger Herr.

Oberst.
Folglich bin ich dein Gebieter.

Champagne.
Das versteht sich.

Oberst.
Ein Bedienter muß seinem Herrn folgen – du gehst mit mir nach Straßburg.

Champagne (für sich).
Verflucht!

Postillon.
Das versteht sich – Marsch!

Champagne.
Es thut mir leid, Sie zu betrüben, gnädiger Herr – Sie wissen, wie groß meine Anhänglichkeit an Sie ist –ich gebe Ihnen eine starke Probe davon in diesem Augenblick – aber Sie wissen auch, wie sehr ich mein Weib liebe. Ich habe sie heute nach einer langen Trennung wieder gesehen! Die arme Frau bezeigte eine so herzliche Freude über meine Zurückkunft, daß ich beschlossen habe, sie nie wieder zu verlassen und meinen Abschied von Ihnen zu begehren. Sie werden sich erinnern, daß Sie mir noch von drei Monaten Gage schuldig sind.

Oberst.
Dreihundert Stockprügel bin ich dir schuldig, Bube!

Erster Unterofficier.
Herr Capitän, Sie haben kein Recht, Diesen ehrlichen Diener wider seinen Willen nach Straßburg mitzunehmen – und wenn Sie ihm noch Rückstände schuldig sind –

Oberst.
Nichts, keinen Heller bin ich ihm schuldig.

Erster Unterofficier.
So ist das kein Grund, ihn mit Prügeln abzulohnen.

Lormeuil.
Ich muß sehen, wie ich ihm heraus helfe – Wenn es nicht anders ist – in Gottes Namen, reisen Sie ab, Herr von Dorsigny. Zum Glück bin ich frei, ich habe Freunde, ich eile, sie in Bewegung zu setzen, und bringe Sie zurück, eh‘ es Tag wird.

Oberst.
Und ich will den Postillon dafür bezahlen, daß er so langsam fährt als möglich, damit Sie mich noch einholen können – (Zum Postillon.) Hier, Schwager! Vertrink das auf meine Gesundheit – aber du mußt mich fahren –

Postillon (treuherzig).
Daß die Pferde dampfen.

Oberst.
Nicht doch! nein! so mein‘ ich’s nicht –

Postillon.
Ich will Sie fahren wie auf dem Herweg! Als ob der Teufel Sie davon führte.

Oberst.
Hol‘ der Teufel dich selbst, du verdammter Trunkenbold! Ich sage dir ja –

Postillon.
Sie haben’s eilig! Ich auch! Sei’n Sie ganz ruhig! Fort soll’s gehen, daß die Funken hinauf fliegen. (Ab.)

Oberst (ihm nach).
Der Kerl macht mich rasend! Warte doch, höre!

Lormeuil.
Beruhigen Sie sich! Ihre Reise soll nicht lange dauern.

Oberst.
Ich glaube, die ganze Hölle ist heute losgelassen. (Geht ab, der erste Unterofficier folgt.)

Lormeuil (zum zweiten).
Kommen Sie, mein Herr, folgen Sie mir, weil es Ihnen so befohlen ist – aber ich sage Ihnen vorher, ich werde Ihre Beine nicht schonen! Und wenn Sie sich Rechnung gemacht haben, diese Nacht zu schlafen, so sind Sie garstig betrogen, denn wir werden immer auf den Straßen sein.

Zweiter Unterofficier.
Nach Ihrem Gefallen, gnädiger Herr – Zwingen Sie sich ganz und gar nicht – Ihr Diener, Herr Champagne!

(Lormeuil und der zweite Unterofficier ab.)