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Macbeth (Shakespeare) – Zweiter Aufzug. Zehnter Auftritt.

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Vorige. Malcolm. Donalbain.

Donalbain.
Was ist verloren –

Macbeth.
Ihr! Und wißt es nicht! (Zu Donalbain.)
Der Brunnen deines Blutes ist verstopft,
Ja, seine Quelle selber ist verstopft.

Macduff (zu Malcolm).
Dein königlicher Vater ist ermordet!

Malcolm.
O Gott! Von wem?

Rosse.
Die Kämmerer sind allem Ansehn nach
Die Thäter. Ihre Hände und Gesichter waren
Voll Blut, auch ihre Dolche, welche wir
Unabgewischt auf ihrem Kissen fanden.
Sie sahen wild aus, waren ganz von Sinnen,
Und Niemand wagte sich an sie heran.

Macbeth.
O, jetzo reut mich’s, daß ich sie im Wahnsinn
Der ersten Wuth getödtet.

Macduff.
Warum thatst du das?

Macbeth.
Wer ist im nämlichen Moment zugleich
Gefaßt und wüthend, sinnlos und besonnen,
Rechtliebend und parteilos? Niemand ist’s!
Die rasche That der heft’gen Liebe rannte
Der zaudernden Vernunft zuvor. – Hier lag
Duncan – sein königlicher Leib von Dolchen
Entstellt, zerrissen! Seine offnen Wunden
Erschienen wie ein Riß in der Natur,
Wodurch der Tod den breiten Einzug nahm!
Dort seine Mörder, in die Farbe ihres Handwerks
Gekleidet, ihre Dolche frech bemalt mit Blut!
Wer, der ein Herz für seinen König hatte
Und Muth in diesem Herzen, hätte da
Sich halten und sich selbst gebieten können!

Lady (stellt sich, als ob sie ohnmächtig werde).
Helft mir von hinnen – Oh!

Macduff.
Sorgt für die Lady!

(Macduff, Banquo, Rosse und Angus sind um sie beschäftigt.)

Malcolm (zu Donalbain).
Wir schweigen still, die dieser Trauerfall
Am nächsten trifft?

Donalbain.
Was läßt sich sagen, hier,
Wo unser Feind, in unsichtbarer Spalte
Verborgen, jeden Augenblick hervor
Zu stürmen, auf uns herzufallen droht!
Laß uns davon gehn, Bruder, unsre Thränen
Sind noch nicht reif.

Malcolm.
Noch unser heft’ger Schmerz
Im Stand, sich von der Stelle zu bewegen.

Banquo (zu Denen, welche die Lady wegführen).
Nehmt euch der Lady an! – Und wenn wir uns
Von der Verwirrung unsers ersten Schreckens
Erholt und unsre Blöße erst bedeckt,
Dann laßt uns hier aufs Neu‘ zusammenkommen
Und dieser ungeheuren Blutschuld weiter
Nachforschen. Uns erschüttern Furcht und Zweifel.
Hier in der großen Hand des Höchsten steh‘ ich,
Und unter diesem Schirme kämpf‘ ich jeder
Beschuldigung entgegen, die Verrath
Und Bosheit wider mich ersinnen mögen!

Macbeth.
Das thu‘ ich auch.

Macduff.
Und ich.

Rosse, Angus und Lenox.
Das thun wir Alle!

Macbeth.
Jetzt werfen wir uns schnell in unsre Kleider
Und kommen in der Halle dann zusammen.

Alle.
Wir sind’s zufrieden. (Gehen ab.)