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Phädra (Racine) – Dritter Aufzug. Erster Auftritt.

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Phädra.
Obgleich sie Scythin war, sie liebte doch.

Oenone.
Er hasst, du weißt es, unser ganz Geschlecht.

Phädra.
So werd’ ich keiner andern aufgeopfert.
– Zur Unzeit kommen alle deine Gründe,
Hilf meiner Leidenschaft, nicht meiner Tugend!
Der Liebe widersteht sein Herz. Lass sehn,
Ob wir’s bei einer andern Schwäche fassen!
Die Herrschaft lockt’ ihn, wie mir schien; es zog
Ihn nach Athen; er konnt’ es nicht verbergen.
Die Schnäbel seiner Schiffe waren schon
Herumgekehrt, und alle Segel flogen.
Geh, schmeichle seiner Ehrbegier, Oenone,
Mit einer Krone Glanz – Er winde sich
Das Diadem um seine Stirne! Mein
Sei nur der Ruhm, dass ich’s ihm umgebunden!
Behaupten kann ich meine Macht doch nicht;
Nehm’ er sie hin! Er lehre meinen Sohn
Die Herrscherkunst und sei ihm statt des Vaters;
Mutter und Sohn geb’ ich in seine Macht.
Geh, lass nichts unversucht, ihn zu bewegen!
Dich wird er hören, wenn er mich nicht hört.
Dring’ in ihn, seufze, weine, schildre mich
Als eine Sterbende, o schäme dich
Auch selbst der Flehensworte nicht! Was du
Gut findest, ich bekenne mich zu allem.
Auf dir ruht meine letzte Hoffnung. Geh!
Bis du zurückgekehrt, beschließ’ ich nichts.

(Oenone geht ab.)

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