Theseus. Phädra. Theramen. Panope.
Theseus.
Nun wohl, du hast gesiegt, mein Sohn ist tot.
Ach, wie gerechten Grund hab’ ich, zu fürchten!
Welch grausamer Verdacht erhebt sich furchtbar
In mir, und spricht ihn frei in meinem Herzen!
Doch – er ist tot! Unschuldig oder schuldig!
Nimm hin dein Opfer! Freu dich seines Falls!
Ich will’ge drein, mich ewig zu betrügen!
Du klagst ihn an, so sei er ein Verbrecher!
Schon gnug der Tränen kostet mir sein Tod;
Nicht brauch’ ich’s, ein verhasstes Licht zu suchen,
Das meinem schmerz ihn doch nicht wieder gibt,
Vielleicht das Maß nur meines Unglücks füllt.
Lass mich, weit, weit von dir und diesem Ufer
Das Schreckbild fliehen des zerrissnen Sohns!
Heraus fliehn möchte’ ich aus der ganzen Welt,
Um dieser Qual-Erinnrung zu entweichen.
Was mich umgibt, rückt mir mein Unrecht vor;
Zur Strafe wird mir jetzt mein großer Name,
Minder bekannt, verbärg’ ich mich so mehr;
Die Huld sogar der Götter muss ich hassen,
Beweinen will ich ihre blut’ge Gunst,
Mein eitles Flehn soll sie nicht mehr bestürmen.
Was sie auch für mich tun, ihr traur’ger Eifer
Ersetzt mir nie mehr, was er mir geraubt!
Phädra.
Es sei genug des ungerechten Schweigens,
Theseus! Recht widerfahre deinem Sohn!
Er war nicht schuldig.
Theseus.
O ich unglücksel’ger Vater!
Weh mir, und auf dein Wort verdammt’ ich ihn!
Grausame, damit glaubst du dich entschuldigt?
Phädra.
Die Zeit ist kostbar. Theseus, höre mich!
Ich selbst war’s, die ein lasterhaftes Auge
Auf deinen keuschen Sohn zu richten wagte.
Der Himmel zündete die Unglücksflamme
In meinem Busen an – Was nun geschah,
Vollführte die verdammliche Oenone.
Sie fürchtete, dass Hippolyt, empört
Von meiner Schuld, sie dir entdecken möchte,
Und eilte, die Verräterin! Weil ich
Nur schwach ihr widerstand, ihn anzuklagen.
Sie hat sich selbst gerichtet, und, verbannt
Aus meinem Angesicht, im Schoß des Meers
Allzu gelinden Untergang gefunden.
Mein Schicksal würde längst ein schneller Stahl
Geendigt haben, doch dann schmachtete
Noch unter schimpflichem Verdacht die Tugend.
Um meine Schuld dir reuend zu gestehn.
Wählt’ ich den langsameren Weg zum Grabe.
Ein Gift flößt’ ich in meine glühenden Adern,
Das einst Medea nach Athen* gebracht;
Schon fühl’ ich es zu meinem Herzen steigen,
Mich fasst ein fremder, nie gefühlter Forst.
Schon seh’ ich nur durch einer Wolke Flor
Den Himmel und das Angesicht des Gatten,
Den meine Gegenwart entehrt. Der Tod
Raubt meinem Aug das Licht und gibt dem Tag,
Den ich befleckte, seinen Glanz zurück.
Panope.
Ach Herr, sie stirbt!
Theseus.
O stürbe doch mit ihr
Auch die Erinnerung so schwarzer Tat!
Kommt, lasst uns nunmehr, da wir unser Unrecht,
Ach, nur zu hell erkennen, mit dem Blut
Des leiben Sohnes unsre Tränen mischen!
Kommt, seine teuren Reste zu umfassen,
Und unsers Wunsches Wahnsinn abzubüßen!
Wie er’s verdiente, soll ihm Ehre werden,
Und kann es seine aufgebrachten Mannen
Besänftigen, sie, die er liebte, nehm’ ich
Zur Tochter an, was auch ihr Stamm verschuldet.