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Wallensteins Tod – 3. Aufzug, 18. Auftritt

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Wallenstein.
Du schilderst deines Vaters Herz. Wie du’s
Beschreibst, so ist’s in seinem Eingeweide,
In dieser schwarzen Heuchlers Brust gestaltet.
O mich hat Höllenkunst getäuscht. Mir sandte
Der Abgrund den verstecktesten der Geister,
Den Lügekundigsten herauf und stellt ihn
Als Freund an meine Seite. Wer vermag
Der Hölle Macht zu widerstehn! Ich zog
Den Basilisken auf an meinem Busen,
Mit meinem Herzblut nährt‘ ich ihn, er sog
Sich schwelgend voll an meiner Liebe Brüsten,
Ich hatte nimmer Arges gegen ihn,
Weit offen ließ ich des Gedankens Tore
Und warf die Schlüssel weiser Vorsicht weg –
Am Sternenhimmel suchten meine Augen,
Im weiten Weltenraum den Feind, den ich
Im Herzen meines Herzens eingeschlossen.
– Wär‘ ich dem Ferdinand gewesen, was
Octavio mir war – Ich hätt‘ ihm nie
Krieg angekündigt – nie hätt‘ ich’s vermocht.
Er war mein strenger Herr nur, nicht mein Freund,
Nicht meiner Treu vertraute sich der Kaiser.
Krieg war schon zwischen mir und ihm, als er
Den Feldherrnstab in meine Hände legte;
Denn Krieg ist ewig zwischen List und Argwohn,
Nur zwischen Glauben und Vertraun ist Friede.
Wer das Vertraun vergiftet, o der mordet
Das werdende Geschlecht im Leib der Mutter.

Max.
Ich will den Vater nicht verteidigen.
Weh mir, daß ich’s nicht kann!
Unglücklich schwere Taten sind geschehn,
Und eine Frevelhandlung faßt die andre
In enggeschloßner Kette grausend an.
Doch wie gerieten wir, die nichts verschuldet,
In diesen Kreis des Unglücks und Verbrechens?
Wem brachen wir die Treue? Warum muß
Der Väter Doppelschuld und Freveltat
Uns gräßlich wie ein Schlangenpaar umwinden?
Warum der Väter unversöhnter Haß
Auch uns, die Liebenden, zerreißend scheiden?

(Er umschlingt Thekla mit heftigem Schmerz.)

Wallenstein (hat den Blick schweigend auf ihn geheftet und nähert sich jetzt).

Max! Bleibe bei mir. – Geh nicht von mir, Max!
Sieh, als man dich im pragschen Winterlager
Ins Zelt mir brachte, einen zarten Knaben,
Des deutschen Winters ungewohnt, die Hand
War dir erstarrt an der gewichtigen Fahne,
Du wolltest männlich sie nicht lassen, damals nahm ich
Dich auf, bedeckte dich mit meinem Mantel,
Ich selbst war deine Wärterin, nicht schämt‘ ich
Der kleinen Dienste mich, ich pflegte deiner
Mit weiblich sorgender Geschäftigkeit,
Bis du, von mir erwärmt, an meinem Herzen,
Das junge Leben wieder freudig fühltest.
Wann hab ich seitdem meinen Sinn verändert?
Ich habe viele Tausend reich gemacht,
Mit Ländereien sie beschenkt, belohnt
Mit Ehrenstellen – dich hab ich geliebt,
Mein Herz, mich selber hab ich dir gegeben.
Sie alle waren Fremdlinge, du warst
Das Kind des Hauses – Max! du kannst mich nicht verlassen!
Es kann nicht sein, ich mag’s und will’s nicht glauben,
Daß mich der Max verlassen kann.

Max.
O Gott!

Wallenstein.
Ich habe dich gehalten und getragen
Von Kindesbeinen an – Was tat dein Vater
Für dich, das ich nicht reichlich auch getan?
Ein Liebesnetz hab ich um dich gesponnen,
Zerreiß es, wenn du kannst – Du bist an mich
Geknüpft mit jedem zarten Seelenbande,
Mit jeder heil’gen Fessel der Natur,
Die Menschen aneinanderketten kann.
Geh hin, verlaß mich, diene deinem Kaiser,
Laß dich mit einem goldnen Gnadenkettlein,
Mit seinem Widderfell dafür belohnen,
Daß dir der Freund, der Vater deiner Jugend,
Daß dir das heiligste Gefühl nichts galt.

Max (in heftigem Kampf).
O Gott! Wie kann ich anders? Muß ich nicht?
Mein Eid – die Pflicht –

Wallenstein.
Pflicht, gegen wen? Wer bist du?
Wenn ich am Kaiser unrecht handle, ist’s
Mein Unrecht, nicht das deinige. Gehörst
Du dir? Bist du dein eigener Gebieter,
Stehst frei da in der Welt, wie ich, daß du
Der Täter deiner Taten könntest sein?
Auf mich bist du gepflanzt, ich bin dein Kaiser,
Mir angehören, mir gehorchen, das
Ist deine Ehre, dein Naturgesetz.
Und wenn der Stern, auf dem du lebst und wohnst,
Aus seinem Gleise tritt, sich brennend wirft
Auf eine nächste Welt und sie entzündet,
Du kannst nicht wählen, ob du folgen willst,
Fort reißt er dich in seines Schwunges Kraft
Samt seinem Ring und allen seinen Monden.
Mit leichter Schuld gehst du in diesen Streit,
Dich wird die Welt nicht tadeln, sie wird’s loben,
Daß dir der Freund das meiste hat gegolten.

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