HomeBriefwechsel Schiller-Goethe1801804. An Schiller, 25. März 1801

804. An Schiller, 25. März 1801

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Eben bin ich im Begriff auf acht Tage nach Roßla zu gehen nach deren Verlauf wir uns denn wohl wieder treffen werden, worauf ich mich sehr freue.

Wenn Ihr Aufenthalt in Jena nicht ganz so fruchtbar wird wie Sie es hofften, so ist das das gewöhnliche Schicksal poetischer Vorsätze; indessen muß man auch das wenigere mit Dank empfangen.

Ich schicke Ihnen eine portugiesische Reisebeschreibung, welche unterhaltend und lehrreich ist und den Wunsch dieses Land zu besuchen, wohl schwerlich rege machen wird.

Beim Nachdenken übers Beharrende im Menschen, worauf sich die Phänomene der Cultur beziehen ließen, habe ich bis jetzt nur vier Grundzustände gefunden:

des Genießens,
des Strebens,
der Resignation,
der Gewohnheit.

Ueberhaupt geht es bei einer solchen Betrachtung sonderbar, daß nämlich die Differenzen unter den Fällen verschwinden; doch eine gewisse Einheit ist ja was man bezwecken will.

Leben Sie recht wohl. Es hat sich inzwischen manches zugetragen, was Stoff zur Unterhaltung geben wird.

Weimar am 25. März 1801.

G.