Beatrice. Don Cesar. Der Chor.
Don Cesar (Beatricen zurückhaltend).
Bleib, Schwester! Scheide du nicht so von mir!
Mag mir die Mutter fluchen, mag dies Blut
Anklagend gegen mich zum Himmel rufen,
Mich alle Welt verdammen! Aber du
Fluche mir nicht! Von dir kann ich’s nicht tragen!
Beatrice (zeigt mit abgewandtem Gesicht auf den Leichnam).
Don Cesar.
Nicht den Geliebten hab‘ ich dir getödtet!
Den Bruder hab‘ ich dir und hab‘ ihn mir
Gemordet – Dir gehört der Abgeschiedne jetzt
Nicht näher an, als ich, der Lebende,
Und ich bin mitleidswürdiger, als er,
Denn er schied rein hinweg, und ich bin schuldig.
Beatrice (bricht in heftige Thränen aus).
Don Cesar.
Weine um den Bruder, ich will mit dir weinen,
Und mehr noch – rächen will ich ihn! Doch nicht
Um den Geliebten weine! Diesen Vorzug,
Den du dem Todten gibst, ertrag‘ ich nicht.
Den einz’gen Trost, den letzten, laß mich schöpfen
Aus unsers Jammers bodenloser Tiefe,
Daß er dir näher nicht gehört, als ich –
Denn unser furchtbar aufgelöstes Schicksal
Macht unsre Rechte gleich, wie unser Unglück.
In einen Fall verstrickt, drei liebende
Geschwister, gehen wir vereinigt unter
Und theilen gleich der Thränen traurig Recht.
Doch wenn ich denken muß, daß deine Trauer
Mehr dem Geliebten als dem Bruder gilt,
Dann mischt sich Wuth und Neid in meinen Schmerz,
Und mich verläßt der Wehmuth letzter Trost.
Nicht freudig, wie ich gerne will, kann ich
Das letzte Opfer seinen Manen bringen;
Doch sanft nachsenden will ich ihm die Seele,
Weiß ich nur, daß du meinen Staub mit seinem
In einem Aschenkruge sammeln wirst.
(Den Arm um sie schlingend, mit einer leidenschaftlich zärtlichen Heftigkeit.)
Dich liebt‘ ich, wie ich nichts zuvor geliebt,
Da du noch eine Fremde für mich warst.
Weil ich dich liebte über alle Grenzen,
Trag‘ ich den schweren Fluch des Brudermords,
Liebe zu dir war meine ganze Schuld.
– Jetzt bist du meine Schwester, und dein Mitleid
Fordr‘ ich von dir als einen heil’gen Zoll.
(Er sieht sie mit ausforschenden Blicken und schmerzlicher Erwartung an, dann wendet er sich mit Heftigkeit von ihr.)
Nein, nein, nicht sehen kann ich diese Thränen –
In dieses Todten Gegenwart verläßt
Der Muth mich, und die Brust zerreißt der Zweifel –
– Laß mich im Irrthum! Weine im Verborgnen!
Sieh nie mich wieder – niemals mehr – Nicht dich,
Nicht deine Mutter will ich wieder sehen,
Sie hat mich nie geliebt! Verrathen endlich
Hat sich ihr Herz, der Schmerz hat es geöffnet.
Sie nannt‘ ihn ihren bessern Sohn! – So hat sie
Verstellung ausgeübt ihr ganzes Leben!
– Und du bist falsch, wie sie! Zwinge dich nicht!
Zeig‘ deinen Abscheu! Mein verhaßtes Antlitz
Sollst du nicht wieder sehn! Geh hin auf ewig!
(Er geht ab. Sie steht unschlüssig, im Kampf widersprechender Gefühle, dann reißt sie sich los und geht.)