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Die Braut von Messina – 4. Akt, 5. Auftritt

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(Stimmen: 1 Durchschnitt: 4)

Don Cesar. Isabella. Beatrice. Der Chor.
Beim Eintritt des Don Cesar zertheilt sich der Chor in fliehender Bewegung vor ihm; er bleibt allein in der Mitte der Scene stehen.

Beatrice.
Weh mir, er ist’s!

Isabella (tritt ihm entgegen).  
O mein Sohn Cesar! Muß ich so
Dich wiedersehen – O, blick her und sieh
Den Frevel einer gottverfluchten Hand!
(Führt ihn zu dem Leichnam.)

Don Cesar (tritt mit Entsetzen zurück, das Gesicht verhüllend).

Erster Chor (Cajetan, Berengar.)
Brechet auf, ihr Wunden!
Fließet, fließet!
In schwarzen Güssen
Strömet hervor, ihr Bäche des Bluts!

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Isabella.
Du schauderst und erstarrst! – Ja, das ist Alles
Was dir noch übrig ist von deinem Bruder!
Da liegen meine Hoffnungen – Sie stirbt
Im Keim, die junge Blume eures Friedens,
Und keine schöne Früchte sollt‘ ich schauen.

Don Cesar.
Tröste dich, Mutter! Redlich wollten wir
Den Frieden, aber Blut beschloß der Himmel.

Isabella.
O, ich weiß, du liebtest ihn, ich sah entzückt
Die schönen Bande zwischen euch sich flechten!
An deinem Herzen wolltest du ihn tragen,
Ihm reich ersetzen die verlornen Jahre.
Der blut’ge Mord kam deiner schönen Liebe
Zuvor – Jetzt kannst du nichts mehr, als ihn rächen.

Don Cesar.
Komm, Mutter, komm! Hier ist kein Ort für dich,
Entreiß dich diesem unglücksel’gen Anblick! (Er will sie fortziehen.)

Isabella (fällt ihm um den Hals).
Du lebst mir noch! Du, jetzt mein Einziger!

Beatrice.
Weh, Mutter! Was beginnst du?

Don Cesar.  
Weine dich aus
An diesem treuen Busen! Unverloren
Ist dir der Sohn, denn seine Liebe lebt
Unsterblich fort in deines Cesars Brust.

Erster Chor (Cajetan, Berengar, Manfred.)
Brechet auf, ihr Wunden!
Redet, ihr stummen!
In schwarzen Fluthen
Stürzet hervor, ihr Bäche des Bluts!

Isabella (Beider Hände fassend).
O meine Kinder!

Don Cesar.
Wie entzückt es mich,
In deinen Armen sie zu sehen, Mutter!
Ja, laß sie deine Tochter sein! Die Schwester –

Isabella (unterbricht ihn).
Dir dank‘ ich die Gerettete, mein Sohn!
Du hieltest Wort, du hast sie mir gesendet.

Don Cesar (erstaunt).
Wen, Mutter, sagst du, hab‘ ich dir gesendet?

Isabella.
Sie mein‘ ich, die du vor dir siehst, die Schwester.

Don Cesar.
Sie meine Schwester?

Isabella.
Welche andre sonst?

Don Cesar.
Meine Schwester?

Isabella.
Die du selber mir gesendet.

Don Cesar.
Und seine Schwester!

Chor.
Wehe! Wehe! Wehe!

Beatrice.
O, meine Mutter!

Isabella.
Ich erstaune – Redet!

Don Cesar.
So ist der Tag verflucht, der mich geboren!

Isabella.
Was ist dir? Gott!

Don Cesar.
Verflucht der Schooß, der mich
Getragen! – Und verflucht sei deine Heimlichkeit,
Die all dies Gräßliche verschuldet! Falle
Der Donner nieder, der dein Herz zerschmettert,
Nicht länger halt‘ ich schonen ihn zurück –
Ich selber, wiss‘ es, ich erschlug den Bruder,
In ihren Armen überrascht‘ ich ihn;
Sie ist es, die ich liebe, die zur Braut
Ich mir gewählt – den Bruder aber fand ich
In ihren Armen – Alles weißt du nun!
– Ist sie wahrhaftig seine, meine Schwester,
So bin ich schuldig einer Gräuelthat,
Die keine Reu‘ und Büßung kann versöhnen!

Chor (Bohemund.)
Es ist gesprochen, du hast es vernommen,
Das Schlimmste weißt du, nichts ist mehr zurück!
Wie die Seher verkündet, so ist es gekommen,
Denn noch Niemand entfloh dem verhängten Geschick.
Und wer sich vermißt, es klüglich zu wenden,
Der muß es selber erbauend vollenden.

Isabella.
Was kümmert’s mich noch, ob die Götter sich
Als Lügner zeigen, oder sich als wahr
Bestätigen? Mir haben sie das Aergste
Gethan – Trotz biet‘ ich ihnen, mich noch härter
Zu treffen, als sie trafen – Wer für nichts mehr
Zu zittern hat, der fürchtet sie nicht mehr.
Ermordet liegt mir der geliebte Sohn,
Und von dem lebenden scheid‘ ich mich selbst.
Er ist mein Sohn nicht – Einen Basilisken
Hab‘ ich erzeugt, genährt an meiner Brust,
Der mir den bessern Sohn zu Tode stach.
– Komm, meine Tochter! Hier ist unsers Bleibens
Nicht mehr – den Rachegeistern überlass‘ ich
Dies Haus – ein Frevel führte mich herein,
Ein Frevel treibt mich aus – Mit Widerwillen
Hab‘ ich’s betreten und mit Furcht bewohnt,
Und in Verzweiflung räum‘ ich’s – Alles dies
Erleid‘ ich schuldlos; doch bei Ehren bleiben
Die Orakel, und gerettet sind die Götter. (Sie geht ab. Diego folgt ihr.)