HomeDie Horen1795 - Stück 9III. Auf die Geburt des Apollo.

III. Auf die Geburt des Apollo.

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Nach dem Griechischen.

Dein gedenk ich Apollo du Fernetreffer, und werde
Nie vergessend ein Lob zu verkünden. In Jupiters Hause
Fürchten die Götter dich alle, sie heben wie du hereintrittst
Von den Stühlen sich auf, den kommenden Sieger zu ehren.
Läto aber allein bleibt sitzen neben dem Donnrer,
Spannt den Bogen dir ab, und schließt den Köcher, sie löset
Von der glänzenden Schulter die Waffen dir los, und hänget
An dem Pfeiler des Vater sie auf am goldenen Nagel,
Leitet zum Sitze den Gott. Es reicht der Vater, im goldnen
Becher, Nektar dem Sohn und grüßt ihn freundlich, die andern
Götter setzen sich auch, es freut sich Läto, die grose
Ihres herrlichen Sohns. Gegrüßet selige Läto
Sey uns, Mutter herrlicher Kinder! Apollo den König,
Artemis hast du gebohren, die Freundinn treffender Pfeile,
Auf Ortygia diese, auf Delos jenen, der rauhen
Insel; am grosen Gebirge, dem Cynthischen Hügel gebahrst du
An die Palme gelehnt. Der Juopus rauschte vorüber.

Wie besing ich, o Phöbus, dich Liederreichen? Es kommen
Alle Lieder von dir, die auf der nährenden Erde
Auf den Inseln des Meers den Menschen festlich erschallen.
Freye Gipfel gefallen dir wohl der höchsten Gebirge
Nach dem Meere sich stürzende Flüsse, die offnen, gekrümmten
Weitgestreckten Ufer des Meers, die Buchten und Häfen.

Sing ich wie dich Läto gebahr, dich Freude des Menschen
An den Cynthischen Hügel gelehnt, im rauhen vom Meere
Ringsumflossenen Delos; es trieben die säuselnden Winde
Die bewegliche Fluth von allen Seiten ans Ufer.

Dort entsprangst du, beherrschest nunmehr die Sterblichen Alle
Welche Creta, welche der Gau Athens ernähret,
Und Aigina die Insel, Euboea schiffreich und Aiga
Eiresiai, Peparethos am Meere, der Thracische Athos,
Pelios hohes Gebirg, die trakische Samos, des Idas
Schattige Rücken, und Skyros, Phokaia, dann der erhabne
Berg Autokanes, Imbrus bewohnt von Vielen und Lemnos
Unwirthbares Gestade, die göttliche Lesbos, der sel’ge
Sitz Aiolions, Chius, die schönste der Inseln im Meere,
Mimas steinig, und Corukos hoch, die herrliche Claos
Dann Aisagees hohes Gebirg, das gewässerte Samos
Mükales steiles Gebirge, Miletus, Koos, die hohe
Enidus, die stürmische Karpathos, Raxus und Paros,
Und Rhinaia die steinige; schmerzlich verlegen durchwandert
Diese Länder und Insuln, den Sohn zu gebähren die Göttinn,
Suchet Wohnung dem Sohn, allein die Länder erbebten
Keines wagte, das fruchtbarste nicht, Apollen zu tragen.
Endlich stiegst du auf Delos, verehrte Läto, und sagtest:

Delos, willst du der Sitz des Sohnes, den ich gebähre
Phöb Apollens werden, und seinem herrlichen Tempel
Platz gewähren? – Fürwahr, dich wird kein andrer verlangen
In Besitz zu nehmen, denn weder Stieren beförderst
Du, noch Schafen den Wuchs, und es gedeihet der Weinstock
Weder auf dir, noch gedeihet der Trieb der unendlichen Pflanzen.
Ehret dich aber Apollos des herrlichen Tempel, so bringen
Hekatomben die Menschen dir alle versammelt; es duftet
Immer glänzend der Rauch des dampfenden Opfers, dich schützen,
Bist du die Wohnung des Gotts, die Götter für feindlichen Händen.
Nun bedenke, wie wenig du sonst durch Früchte berühmt bist.

Also sprach sie, es freute sich Delos, und sagte dagegen:
Läto herrlichste Tochter des grosen Kronions, wie gerne
Nähm’ ich den treffenden Gott bey seiner Geburt auf! die Menschen
Reden Übels von mir, ich weiß es, aber ich würde
Dann aufs höchste verehrt. Allein die prophetischen Worte
Fürcht ich, Läto, verberge dirs nicht. Sie sagen, es werde
Grimmig aus dir ein Verderber entstehn, und über die Götter,
Über alle Menschen gebieten das fürcht ich, erblickt er
Erst das Licht, so verachtet er mich und mein rauhes Gestade,
Tritt mit den Füßen mich weg und in die Tiefe des Meeres,
Daß die Wellen mir über und über den Scheite bedecken,
Geht und findet alsdann sich eine gefällige Wohnung
Baut den Tempel daselbst und pflanzt die schattigen Haine.
Mich umkriechen Polypen, die schwarzen Kälber des Meeres
Machen sich Höhlen in mir, und mich vergessen die Völker.
Darum betheure mit heiligem Schwur, erhabene Göttinn,
Daß er hier den Tempel erbaut, den Sterblichen allen,
Die mit vielen Nahmen ihn nennen, Orakel verkündigt.

Läto hört es, und schwur sogleich die heiligen Schwüre:
Wisse die Erde, der Himmel da droben, es wisse der schwarze
Drunten fließende Styx (die seligen Götter verbindet
Diese Betheurung des heiligen Eids) im Tempel des Phöbus
Hier an seinem Altar solls ewig duften, vor allen
Ländern und Inseln des Meers soll er dich immer verehren.

Nach vollendetem Schwur erfreute sich Delos, erwartend
Seines Gottes. Allein von schmerzlichen Wehen gequälet
Litt neun Tag’ und Nächte die Göttinn. Es waren die andern
Göttlichen Frauen zu ihr die herrlichsten alle gekommen.
Rhea, ferner Diana, dazu die forschende Themis,
Amphitrite mit ihnen, die Göttinn seufzender Wogen.
Andre mehr der unsterblichen Frauen. Es weilte mit Vorsatz
Häre, sitzend im Hause Kronions, beschäftigte künstlich
Dich, gebährenden Frauen erwünschteste Eileithüia
Dir verbarg sie die Schmerzen der leidenden Göttinn, mißgönnte
Jupiters herrlichen Sohn der ringellockigten Läto.

Aber die göttlichen Frauen versendeten Iris von Delos
Eileithüia zu holen, die Helferinn, liessen zusammen
Eine köstliche Schnur um den Hals, von goldenem feinem
Drate künstlich geflochten ihr, lang neuen Ellen, versprechen.
Heimlich solle sie Iris berufen, daß Häre nicht etwa
Merkte die Absicht und hinderlich wäre der scheidenden Göttinn.
Schnell entfernte sich Iris mit leichten Füßen, und legte,
Zwischen Himmel und Erde den Raum in Kurzem zurücke,
Kam zum Sitze der Götter, dem hohen Olympus und winkte
Eileithüien heraus vor die Thüre des göttlichen Hauses,
Sagte mit eilenden Worten ihr alles, was die erhabnen
Frauen ernstlich befohlen; und sie bewegte das Herz ihr.
Beyde gingen wie schüchterne Tauben, und kamen nach Delos.

Da Eleithüia, die Helferinn, Delos betreten,
Wirkten die Wehen gewaltig, es nahte Lätos Entbindung.
Mit den Armen umschloß die Göttinn den Palmbaum; die Füße
Stemmte sie gegen das Gras, die Erde lächelte. Mächtig
Sprang an’s Licht der göttliche Sohn, es jauchzten die Frauen,
Wuschen heilig und rein im klaren Wasser, o Phöbus
Deine Glieder und wickelten dich in glänzende zarte
Neue weiße Gewande, die goldene Binde darüber.
Und es tränkete nicht die Mutter den göttlichen Knaben,
Themis reichte mit göttlichen Händen ihm Nektar zu saugen
Und Ambrosia hin, zur Freude Lätos der großen
Die den herrlichen Sohn nach vielen Sorgen gebohren.
Aber kaum genoß er die Kost der unsterblichen Götter,
Als die goldenen Binden nicht mehr den Strebenden hielten,
Bande der sterblichen Jugend, die Knoten lößten sich alle.
Und die göttlichen Frauen vernahmen die Rede des Knaben:
Lieben werd ich Zither und Bogen, den Rathschluß Kronions
Werd’ ich wahrhaft und treu den Menschen allen verkünden.
Also sprach er und schritt die weiten Wege hernieder,
Phöbus der lockige Gott, der Fernetreffer. Es staunten
Die unsterblichen Frauen, und wie von Golde beladen
Glänzte Delos für Freuden, den Sohn Kronions und Lätos
Endlich schauend, den Gott, der sie vor allen erwählet,
Allen Ländern und Inseln sich einen Tempel zu bauen.
Und es ergriff sie gewaltige Liebe, sie leuchtete freundlich,
Wie im Frühling der Rücken des Berges von blühenden Wäldern.