HomeDie Horen1797 - Stück 5II. Phäthon. [Publius Ovidius Naso]

II. Phäthon. [Publius Ovidius Naso]

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(Ovid. Metam. II, I.)

Königlich ragt’ auf Säulen die Burg des Sonnenbeherrschers
Hell von schimmernden Gold’ und feuerrothen Pyropus.
Elfenbein umhüllte mit Glanz den oberen Giebel;
Silbernes Licht entstrahlte des Eingangs doppelten Flügeln.
Aber den Stof besiegte die Kunst. Denn Mulciber hatte
Dort des Oceanus Gurt um den Rand der Erde gemeißelt,
Auch der Lande Bezirk, und das Dach des gewölbeten Himmels.
Rings hat bläuliche Götter die Flut: den ertönenden Triton,
Proteus Wechselgestalt, und Ägäon, welcher dem Wallfisch
Drückt mit Riesenarmen den ungeheuren Rücken;
Doris auch und die Töchter die theils wie schwimmend erscheinen,
Theils auf dem Riffe gesezt, und grünliche Haare sich trocknend,
Theils auch vom Fische geführt: nicht gleich ist allen, noch ungleich,
Ihre Gestalt, nein ähnlich, wie leiblichen Schwestern es ansteht.
Männer trägt’ und Städte die Erd’, auch Wälder und Bergwild,
Ströme zugleich, und Nymphen, und andere Mächte des Feldes.
Oben herum erhebt sich das Bild des leuchtenden Himmels:
Sechs der Zeichen zur Rechten, und sechs zur Linken des Eingangs.
Als nun der Clymene Sohn hieher auf steigendem Pfade
Ankam, und in die Burg des bezweifelten Vaters hineingieng;
Wendet er straks die Schritte zum Angesicht des Erzeugers,
Und blieb stehen von fern: denn des näheren Lichtes Bestralung
Duldet’ er nicht. Dort saß in umhüllendem Purpurgewande
Phöbus auf fürstlichem Thron, der leuchtete, hell von Smaragden.
Rechts ihm standen und links der Tag, und das Jahr, und der Monat;
Auch Jahrhunderte standen, und gleich geordnete Horen;
Jugendlich stand auch der Frühling, den blumigen Kranz um die Scheitel;
Auch der nackende Sommer, im Schmuck umwindender Ähren;
Auch der Herbst, mit der Kufen getretenem Moste besudelt;
Und der beeisete Winter, umstarrt von grauendem Haupthaar.
Sol in der Mitte des Raums, mit alldurchschauendem Blicke,
Sah vor der Neuheit der Dinge verzagt annahen den Jüngling.
Was will, sagt er, dein Gang? was suchest du hier in der Felsburg?
Phaethon, werthes Geschlecht dem nicht ableugnenden Vater!
Jener beginnt: O du Licht des unermeßlichen Weltalls!
Vater Phöbus, wofern du des Namens Gebrauch mir vergönnest,
Und nicht Clymene Schuld in gefabelte Täuschungen einhüllt:
Gieb mir, Erzeuger, ein Pfand, daß man für dien wahres Geschlecht mich
Anerkenn’, und vertilg’ aus unserem Herzen den Irthum!
Phäethon sprachs; und der Vater enthüllte sich aller Bestralung,
Welche sein Haupt umglänzt’, und gebot ihm, näher zu treten.
Dann in die Arm’ ihn schließend: Nicht Du bist meiner Verkennung
Würdig, und Clymene hat dir wahr verkündet den Ursprung.
Daß dir schwinde der Zweifel; so fodere, was du auch wünschest:
Und ich gewähre den Wunsch. Sei Styx mir Zeugin des Wortes,
Furchtbar dem schwörenden Gott, und unseren Augen ein Abscheu!
Kaum war alles gesagt; da wünscht er den Wagen des Vaters
Einen Tag, und die Lenkung der fußgeflügelten Rosse.
Phöbus bereute den Schwur, und schüttelte dreimal und viermal
Sein mildleuchtendes Haupt: Unbedachtsam, rief er, und Leichtsinn
Ward mein Wort durch das deine! Gestatte mir, Sohn, die Verheißung
Nicht zu verleihn! Ich bekenne, dies einzige möcht’ ich dir weigern.
Aber ich darf abrathen. Gefahrvoll ist, was du wünschest!
Viel zu großes begehrst du, ein Amt, das solcherlei Kräften,
Phaethon, wenig geziemt, noch so unmännlichem Alter.
Dir ward sterbliches Loos; doch sterblich ist nicht dein Bestreben.
Höher sogar, als Ewigen selbst zu gelangen vergönnt ist,
Trachtest du ohne Bedacht. Es gefalle sich jeder nach Willkühr:
Doch zu stehen vermag auf der glutbelasteten Axe
Keiner, denn Ich! Ja selber der Fürst des weiten Olympus,
Der aus schrecklicher Hand fernschmetternde Leuchtungen sendet,
Lenkt nicht dieses Gespann: und Wer mißt Jupiters Allmacht?
Steil ist der Weg im Beginn, wo kaum noch frisch mir die Rosse
Frühe hinaufarbeiten. Dann schreckt die Höhe des Mittags,
Wo mir selbst, tief unten das Meer und die Lande zu schauen,
Oftmals graut, und das Herz aufbebt vor banger Besorgnis.
Jäh ist endlich der Weg, und bedarf der sichersten Lenkung.
Jene sogar, die drunten, die Arm’ ausbreitend, mich aufnimmt,
Tethus pflegt, daß im Sturz ich enttaumele, nun zu befürchten.
Denke dazu, daß geraft von beständigem Schwunge, der Himmel
Hohe Gestirn’ hinzieht, und in hurtigem Wirbel herumdreht.
Ich nur sterb’ auswärts; und den Sturm, der alles besieget,
Troz’ ich allein, und fahre der raffenden Kreisung entgegen.
Sey dir der Wagen gewährt; was meinest du? Kannst du hinangehn
Wider den rollenden Pol, unentführt von der reissenden Axe?
Ja wer weiß, auch Haine sogar und Städte der Götter
Träumt sich dein Herz dort oben, und prangende Tempel mit Reichthum?
Schau, Nachstellungen drohn auf der Fahrt, und Gestalten des Wildes!
Ob du die Bahn auch hältst, und nie ausbeugend verirrest;
Dennoch mußt du hindurch am Gehörn des begegnenden Stieres,
An des Hämoeers Geschoß, und dem Rachen des grausamen Löwen,
Auch an dem Skorpion, der die Klaun in entsezlichem Umfang
Krümmt, und den gräßlichen Krebs, der sie krümmt in anderer Windung!
Wähn’ auch nicht, daß die Rosse, von Mut beseelet und Feuer,
Welches ihr Busen verschließt, und aus Maul und Nase hervorhaucht,
Leicht dir zu bändigen sein! Kaum dulden sie mich, wann entflammter
Ihnen der Mut aufglüht; und es sträubt sich der Nacken den Zügeln.
Laß doch nicht von mir selber ein trauriges Ehrengeschenk dir
Kommen, o Sohn; und verbeßre den Wunsch, da die Zeit es gestattet!
Siehe, damit man erzeugt aus unserem Blute dich glaube,
Willst du ein sicheres Pfand: ich gebe das Pfand durch Besorgnis!
Wohl beweis’ ich den Vater, mich väterlich ängstend! O schau doch,
Schau mein Gesicht! Und o möchtest du auch in das innerste Herz mir
Senken den Blick, und drinnen die Vatersorgen erkennen!
Endlich betracht’ umher, was die Welt einschliesset an Reichthum:
Aus so vielen und großen, der Erd’ und des Meers und des Himmels,
Fodre dir einiges Gut; nicht Weigerung soll dich betrüben!
Diesem nur, fleh’ ich entsage: was richtiger Strafe, denn Ehre,
Würde genannt! Ach Strafe, mein Phaethon, soll dir Geschenk seyn!
Was umschlingst du den Hals, Unweiser, mit schmeichelnden Armen?
Zweifele nicht, du erlangst (bei den stygischen Fluten beschwur ichs!)
Was du auch immer gewünscht; doch laß verständig den Wunsch seyn!
Also endigte Sol die Ermahnungen. Jener verschmäht sie,
Hält den beschlossenen Zwek, und glüht in Begierde des Wagens.
Als nun, was er gekonnt, Sol zauderte, führt’ er den Jüngling
Hin zu dem hohen Geschirr, dem vulkanischen Ehrengeschenke.
Lauteres Gold war die Ax, und Gold die Deichsel, und Gold auch
Ober dem Rade der Kranz; die geordneten Speichen von Silber.
Chrysolith’ um das Joch, und funkelnde Stein’ in der Ordnung,
Spiegelten hell den Phöbus in wiederstralender Klarheit.
Während Phaethon dies voll Mut anstaunt’, und die Arbeit
Musterte; siehe da öfnet’ erwacht im röthlichem Aufgang
Schon Aurora das purpurne Thor, und den rosenbestreuten
Vorhof. Schleunig entfliehn die Gestirn’, und es treibet den Heerzug
Lucifer, welcher zulezt abzieht von der Wache des Himmels.
Aber sobald der Vater die Erd’ und den Himmel erröthen
Sah, und schwinden am Rand die erblassenden Hörner der Luna;
Schnell zu schirren die Rosse gebot nun Titan den Horen.
Schnell ist vollbracht das Gebot: die feuerschnaubenden Renner,
Mit Ambrosiasaft an erhabenen Krippen gesättigt,
Führen die Göttinnen her, und legen die klirrenden Zäum’ an.
Jezo berührt der Vater mit heiliger Salbe das Antliz
Seines Sohns, und stärkt es, die reissenden Flammen zu dulden.
Hierauf krönt er mit Stralen sein Haar, und aus innerstem Herzen
Bang aufziehend des Grams vorahnende Seufzer, beginnt er:
Magst du, wenigstens hier, die Ermahnungen hören des Vaters;
Meid’, o Knabe, den Sporn und kräftiger brauche den Zügel!
Selbst schon eilen sie fort: sie im Flug zu hemmen ist Arbeit.
Auch nicht wähle die Bahn durch fünf gradlaufende Gürtel.
Schlängelnd windet sich schräg’ ein breitgebogener Queerweg,
Welcher, auf drei der Zonen den Lauf einschränkend, die Kreisung
Meidet des südlichen Pols, und der nördlich stürmenden Bärin:
Dort sei die Fahrt; du erkennst die deutlichen Spuren des Rades!
Und das Himmel und Land gleichmäßige Wärme gewinnen,
Senke du weder den Wagen, noch schwing’ ihn empor in den Äther.
Allzu hoch verbrennst du der Himmlischen wölbende Wohnung,
Aber zu tief die Länder; am sichersten gehst du im Mittel.
Daß dir weder zur Rechten, wo weit die Schlange sich windet,
Noch linksab zum gesenkten Altar ausbeuge der Wagen;
Halt durch beide den Strich. Des übrigen walte Fortuna,
Die mit besserem Rath, als du, dir helfe: das wünsch’ ich!
Während ich rede berührt am hesperischen Ufer die Seulen
Schon die feuchtende Nacht, und verbeut uns längere Säumnis.
Auf denn, es gilt! Dort stralt aus zerstreuetem Dunkel Aurora!
Faß’ in die Hand das Geriem! doch fals du lenkbares Herzens
Bleibst! Nimm unseres Rathes, und nicht des Wagens, Gebrauch an:
Weil du es kannst, und fest auf gediegenem Boden noch dastehst,
Eh du, nach thörigtem Wunsch, auf der Ax’, Unkundiger schwebest!
Anschaun magst du es sicher, doch mich laß leuchten den Erdkreis!
Aber im Schwunge besteigt den ätherischen Wagen der Jüngling,
Steht nun empor, und berührt mit der Hand die gegebenen Zügel,
Fröhlich, und dankt von oben dem ungern schenkenden Vater.
Doch die geflügelten Rosse, der Pyrois und der Eous,
Äthon zugleich, und Phlegon, erfüllen die Luft mit Gewieher
Flammenden Hauchs, und schlagen die Huf’ an die hemmenden Barren.
Als nun zurük die Barren, das Loos miskennend des Enkels,
Tethys drängt’, und der Raum unermesslicher Himmel sich aufthat;
Raffen sie schleunig den Weg, und die Luft mit den Füßen durchstampfend,
Spalten sie dick vorstehend Gedünst, und auf bebenden Flügeln
Rennen sie muthig voran dem zugleich ausstürmenden Ostwind.
Doch leicht war das Gewicht, und ganz unkennbar dem edlen
Sonnengespann; es gebrach an gewohnter Schwere des Joches.
Wie der gebogene Kiel hinschwankt mit dürftiger Ladung,
Und von zu leichtem Gewicht unstät durch die Wellen umhertreibt:
Also, der vorigen Last entlediget, sprang in die Luft nun
Hüpfend mit Stößen empor, wie mit eiteler Leere, der Wagen.
Aber sobald dies merkte das Viergespann, da entstürzt es
Wild dem gebahneten Raum, nicht laufend in voriger Ordnung.
Jener erschrickt, rathlos die gewirreten Zügel zu lenken,
Und unkundig des Wegs, und kennt’ er ihn, doch des Befehles.
Jezo zuerst erwarmten die frostigen Stiere des Wagens,
Und versuchten umsonst in verbotene Flut sich zu tauchen.
Auch die Schlange, die dicht am beeiseten Pole sich lagert,
Träg’ in der Kälte zuvor, harmlos, und fürchterlich keinem,
Ward nun erwärmt und schwoll zu neuem Zorn in der Glut auf.
Du auch, melden sie, flohst in zerrüttender Angst, o Bootes,
Langsam, wie du auch warst; dein Wagen nur zwang dich zu bleiben.
Doch als Phaethon jetzt, der Elende, hoch aus dem Äther
Niederschaut’ auf die Lande, die tief, tief unter sich streckten;
Blaß nun ward sein Gesicht, und ihm zitterten plözlich die Kniee;
Und in des Urlichts Glanz unzog ihm Dunkel die Augen.
Hätt’ er doch nie, so wünscht’ er, des Vaters Rosse berühret;
Hätt’ er doch nie erkannt sein Geschlecht, noch gewagt die Erkundung;
Merops Sohn zu heißen genügt! Es entraft die Gewalt ihn,
So wie die Bark’ hinstürmet der Boreas, wann sie entzügelt
Treiben ihr Steuerer läßt, und Gättern vertraut und Gelübden.
Was zu thun? Viel hat er zurückgelassen des Himmels,
Doch vor den Augen ist mehr: sein Herz mißt dieses und jenes.
Vorwärts bald, wohin sein Schicksal verbeut zu gelangen,
Schaut er zum Untergang, bald rückwärts schaut er zum Aufgang.
Sonder Entschluß nun stutz er, und senkt so wenig die Zügel,
Als er sie strengt; auch die Namen der fliehenden Rosse vergaß er.
Jezt am gesprenkelten Himmel umhergestreuete Wunder
Schaut er voll Angst, und gestalten des ungeheuren Gewildes.
Dort auch krümmt zwei Arme der Skorpion in geschweiften
Windungen: hinten den Schwanz, und vorn ausstreckend die Scheeren,
Füllet er ganz mit dem Liebe den Raum zwei himmlischer Zeichen.
Kaum erblickte der Knabe das Scheusal, feucht von dem Schweiße
Dunkeles Gifts, und Wunden mit stechender Krümmung ihm drohend;
Sinnlos ließ er in kältender Angst hingleiten die Riemen.
Als die gesunkenen nun des Rückens Fläche berührten;
Schweifen die Rosse dahin, und gehen, da keiner sie hemmet,
Durch einöde Bezirke der Luft: wie das wilde Gelust führt,
Stürzen sie ohne Gesez; schon sprengen sie hoch in den Äther
Zwischen geheftete Stern’, und es rollt das Geschirr in die Wildnis.
Bald durchfliegen sie Höhe, und bald abschössige Strecken,
Niedergestürzt und durchjagen die Gegenden nahe der Erde.
Luna sieht mit Erstaunen, wie unter dem ihrigen jezo
Läuft des Bruders Gespann; und es dampfen gesengt die Gewölke.
Feuer ergreift nach einander die ragenden Höhen der Erde;
Tief zerspaltet das Land, und die nährenden Säfte versiegen;
Falb verwelket das Gras, und es knattert der Baum mit den Blättern;
Und sich selbst ist die trockene Saat ein verwüstender Zunder.
Kleines annoch! Es vergehn hochthürmende Städte mit Mauern;
Ganze Völker sogar mit Stämmen zugleich und Geschlechtern
Wandelt in Asche der Brand, und Waldungen glühn mit Gebirgen.
Athos brennt, und Taurus, es brennt der Tmolus und Öta;
Auch, und trocken, zuvor voll strömender Quellen, der Ida;
Helikons Jungfraunhöh’, und der künftig öagrische Hämos.
Ätna brennt, unermeßlich die Feuerbrünste verdoppelnd,
Eryx, und Cynthos, und Othrys, und zwiefaches Haupts, der Parnasus,
Rhodope auch, nun endlich des Schnees entbehrend, und Mimas;
Dindyma brennt, und mit Mykale brennt der umschwärmte Cithäron.
Nicht auch rettet der Frost dich, Scythia: Kaukasus brennet;
Ossa zugleich mit Pindus, und, hoch vor beiden, Olympus;
Luftige Alven zugleich, und der wolkige Apenninus.
Phaethon schauet nunmehr, wie an jeglichem Theile der Erdkreis
Raucht in der lodernden Glut; und kann nicht dulden die Hize.
denn aufsiedende Luft, wie aus tiefem Schlunde des Ofens,
Athmet sein Mund; auch fühlt er, daß unter ihm glühe der Wagen.
Nicht die flockende Asch’, und nicht die geschnelleten Funken,
Mag er bestehn; ringsher umwirbelt ihn hizender Rauchdampf.
Wo und wohin er gehe durch pechschwarz wallendes Dunkel,
Weiß er nicht mehr; ihn entraffen die fliegenden Rosse nach Willkühr.
Jezo, glauben sie, drang das kochende Blut in den Adern
Oben zur Haut, und schwärzte die äthiopischen Völker.
Jezt ward Libya erst nach ausgesottener Nässe
Trockener Sand; jezt weinten mit hangendem Haare die Nymphen,
Laut um Brunnen und Seen. Böotia jammert um Dirce,
Argos klagt Amymone, und Efyra ihre Pyrene.
Nicht auch bleiben die Ströme, die fern ihr Ufer gewannen,
Sicher annoch. Schon dampfet der Tanais mitten im Strudel,
Schon Peneos der Greis, und der Teuthranteer Cajcus,
Phocis Strom Erymanthos, mit dir, o schneller Ismenos;
Xanthos, zu doppeltem Brande bestimmt, und der gelbe Lycormas;
Du auch, froher Mäandros, in oft rückkehrender Windung;
Auch der Mygdonier Melas, und Tanares Strom Eurotas.
Brennend erscheint Eufrates um Babylon, brennend Oroates,
Auch Thermodon im Sturz, auch Ganges, und Phasis und Ister;
Brennend wallt Alfeos, und wallt die spercheische Strömung;
Und es zerfließt in der Flamme das Gold, das Tagus herabführt.
Auch, die mit süßem Gesang’ ihr mäanisches Ufer verherlicht,
Selbst erwarmten die Schwän’ im sumpfenden Strom des Caystros.
Nilus entfloh voll Schrecken zum äussersten Ende des Landes,
Bergend das Haupt, das noch immer verborgene: dürr und versandet,
Stehn die Mündungen all’, und sind ungewässerte Thäler.
Gleiches Geschick auch dörrt die Ismarier, Hebros und Strymon,
Auch die hesperischen Ströme, den Rhodanus, Rhenus und Padus,
Und, dem Obergewalt verkündiget wurde, dem Tibris.
Rings nun zerlechzet der Grund; in den Tartarus dringt durch die Spalten
Licht, und erschreckt mit der Gattin den unterirdischen König.
Eng auch zieht sich das Meer; ein Gefild’ aufwehenden Sandes
Ist, wo der Abgrund war; noch eben umhüllt von Gewässern,
Tauchen die Berge hervor, den Schwarm der Cykladen vermehrend.
Labsal sucht in den Tiefen der Fisch; und über der Meerflut
Wagt nicht mehr in die Luft der gebogne Delfin sich zu schwingen.
Auch unförmige Robben, den Rücken gestreckt auf die Woge,
Schwimmen entseelt ringsher. Selbst Nereus, sagt man, und Doris
Hielten sich jezt, und die Töchter, in laulicher Grotte verborgen.
Dreimal wollte Neptunus die Arm’ und das finstere Antliz
Aus dem Gewog’ aufstrecken; doch dreimal trug er die Glut nicht.
Aber die nährende Tellus, umströmt von Oceanus Kreisung,
Zwischen den Fluten des Meers und rings versammelten Quellen,
Die sich zusammen gedrängt in den Schooß der dunkelen Mutter,
Hob, bis zum Halse gedörrt, ihr allbefruchtendes Antliz,
Schüzte die Hand vor die Stirn, und jezt, mit gewaltigem Beben
Alles erschütternd umher, versank sie ein weniges tiefer,
Als sie gewöhnlich erscheint, und mit trockener Stimme begann sie:
Wolltest du dies, und verdient’ ichs; warum der Unsterblichen Höchster,
Zaubert dein Stral? O laß, soll ich Elende sterben durch Feuer,
Durch dein Feuer mich sterben! Das Schlags Urheber wird Trost seyn!
Kaum vermag ich der Kehle nur dieses Wort zu entlocken!
(Qualm erstickt’ ihr den Mund.) O schau die versengeten Haare!
Schau die Augen so voll, und so voll von Asche das Antliz!
Giebst du mir solchen Dank der Fruchtbarkeit, solche Belohnung
Meiner gefälligen Treu: daß ich Wunden des hakigen Pfluges,
Wunden des Karstes ertrag’, im ganzen Jahre gequälet?
Daß ich dem Viehe sein Laub, dem Geschlecht der Menschen zur Nahrung
Zeitige Früchte gewähr’, und euch zum Opfer den Weihrauch?
Aber wenn Ich mein Leiden verdienete; was hat die Meerflut,
Was der Bruder verdient? Warum versiegen die Wasser,
Welche das Loos ihm gab, und entziehn sich ferne dem Äther?
Wenn denn, so wenig wie ich, dein eigener Bruder dich rühret;
Wenigstens sei dein Himmel dir werth! Schau jeglichen Pol an:
Hier schon dampft es und dort! Beschädiget jene das Feuer,
Plözlich zerfällt euch die Wohnung in Schutt! Selbst drüben der Atlas
Müht sich und hält auf der Schulter noch kaum die glühende Axe!
Wenn die Meer’ und die Lande vergehn, und die Burg des Olympus;
Ins urnächtliche Chaos enttaumeln wir! Reiß aus den Flammen,
Was noch übrig dir ist, und sorge für Heil und Erhaltung!
Dies nur redete Tellus; denn nicht aushalten die Schwüle
Konnte sie länger im Qualm, noch mehreres reden: ihr Antlitz
Zog sie zurück in die Erde, die tief zu den Manen sich höhlet.
Doch der allmächtige Vater bezeugt die Gewalten des Himmels,
Und, der den Wagen verliehn, es zerscheitere, rett’ er nicht schleunig,
Alles im grausen Geschick; dann steigt er zur obersten Burg auf,
Wo er umher mit Wolken den Erdkreis pflegt zu verhüllen,
Wo er die Donner erregt, und geschleuderte Stralen entsendet.
Aber so wenig Gewölk, den Erdkreis rings zu verhüllen,
Hatt’ er nunmehr, als Regen herabzugießen vom Himmel.
Siehe da donnert’ er laut, und rechts von dem Ohre geschwungen
Sandt’ er dem Lenker den Stral: aus dem Leben zugleich und den Rädern
Schmettert’ ihn, und dämpfte mit schrecklicher Flamme die Flammen.
Scheu nun stuzen die Ross’, und im Sprung’ auf die Seite sich bäumend,
Sprengen sie ab das Geriem, und schüteln das Joch von den Hälsen.
Dorthin fallen die Zäum’, und dort, von der Deichsel gerissen,
Lieget die Ax’, und dort die Speichen zerbrochener Räder;
Weitaus schnellt in die runde der Wrak des zertrümmerten Wagens.
Phaethon nun, von der Glut die gerötheten Haare verwüstet,
Taumele häuptlings hinab, und in langem Zuge die Luft durch
Flieget er: so wie zuweilen ein Stern von heiterem Himmel,
Wenn auch nicht er entfällt, doch gleich dem entfallenden scheinet.
Fern von der Heimat nimmt in dem Gegenlande der Hauptstrom,
Nimmt ihn Eridanus auf, und spült sein schäumendes Antliz.
Aber besperische Nymphen bestatten den Leib, der noch aufdampft
Vom dreispaltigen Stral; und die Inschrift zeichnet den Grabstein:
„Phaethon ruhet allhier, der des Vaters Wagen gelenket;
„Zwar nicht ganz ihn behauptend, erlag er doch großem Bestreben.“
Jezo barg der Erzeuger in trostlos jammernder Wehmuth
Sein umzogenes Haupt; und wenn wir trauen der Sage,
Ging Ein Tag von der Sonn’ unerhellt: nur die Lohe des Brandes
Leuchtete; daß solch Übel doch einigen Nuzen gewährte.
Clymene selbst, nachdem sie geklagt, was alles in solchen
Schrecknissen lehrt unerschöpflicher Schmerz: in Verzweiflung und sinnlos,
Und mit entstelleter Brust, durchschweifte sie jezo den Erdkreis.
Erst die entseeleten Glieder, und bald die Gebeine nur suchend,
Fand die Gebeine sie doch am Fremdlingsufer bestattet.
Schmerzvoll sank sie dahin, und las den Namen am Marmor,
Überströmt’ ihn mit Thränen, und wärmt’ ihn am offenen Herzen.
Heliaden auch bringen die eitele Ehre des Todes,
Bitterer Thränen Erguß; und die Brust mit den Händen sich schlagend,
Rufen sie, der nie hört die erbarmungswürdige Klage,
Phaethon! Tag und Nacht, und liegen gestreckt um das Grabmal.
Viermal füllete Luna den Kreis mit vereinigten Hörnern:
Jene, der Sitte gemäß, (denn Sitte ward aus Gewohnheit),
Brachten ihr Trauergeschrei. Als nun Phaetusa, der Schwestern
Älteste, eben zur Erde den Leib hineigete; plözlich
Klagt sie, ihr starre der Fuß. Die weiße Lampetia strebte
Ihr mit Hülfe zu nahn, und haftete schnell an der Wurzel.
Als die dritte das Haar mit der Hand zu zerreißen emporgrif;
Raufte sie Laub. Die traurt, daß ein Stamm ihr binde die Schenkel;
Jene, daß lang ihr die Arm’ in grünende Äste sich strecken.
Während sie dies anstaunen; da schließt die Rinde den Schooß ein;
Dann aufstufend zum Bauche, zu Brust und Schulter und Händen,
Steigt sie: allein nur raget der Mund, anrufend die Mutter.
Was kann jezo die Mutter? Nur dorthin rennt sie und dorthin,
So wie das Herz ihr gebeut, und küsst noch, weil es vergönnt ist.
Nein, nicht genug! von dem Stamme den Leib zu reißen versucht sie,
Und das zarte Gesproß von der Hand zu brechen: doch siehe,
Blutig rinnen hervor, wie aus offener Wunde, die Tropfen.
Schone doch, Mutter, o schone! so ruft, die sie eben verwundet:
Schone doch! uns wird selber der Leib in dem Baume zerrissen!
Lebe nun wohl! Baumrinde verschließt die endenden Worte.
Thränen fließen hervor, und es starrt der getröpfelte Bernstein
365 Gegen die Sonn’ am jungen Gebüsch; das empfangene Kleinod
Sendet der lautere Strom zum Schmuck den latinischen Töchtern.

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