HomeText: Die Jungfrau von OrleansÜber die Entstehung von Schillers »Die Jungfrau von Orleans«

Über die Entstehung von Schillers »Die Jungfrau von Orleans«

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Im Frühjahr des Jahres 1800, wo Schiller seine Maria Stuart vollendet hatte, war er ernstlich erkrankt. Nach – nur – einer vierwöchigen Pause beschäftigt er sich bereits mit einem neuen Stoff: dem „das Mädchen von Orleans“. Schon im Juli war das Schema des Dramas fertig, mit dem er Goethe dessen Rückkehr aus China überraschen wollte. Er sagt darüber: „Mein Stück führt mich in die Zeiten der Troubadours, und ich muss, um in den rechten Ton zu kommen, auch mit den Minnesängern mich bekannter machen. Es ist an dem Plan der Tragödie noch gewaltig viel zu tun, aber ich habe große Freude daran und hoffe, wenn ich mich bei dem Schema länger verweile, in der Ausführung als dann desto freier fortschreiten zu können.“

Die Veranlassung zu dem Stück gab ihm eine Sammlung von 28 Handschriften über den Prozess der Jeanne d’Arc und dessen Widerlegung, welche de l’Averdy in einem  Auszug bekannt gemacht hatte. Leider war die große Hitze des Sommers von 1800 den immer noch kränkelnden Dichter in hohem Grade belästigend, so dass die Arbeit bei der Mühe, die ihm die Bewältigung des Stoffes verursachte, nur langsam vorrücken konnte.

Im September aber griff er das Stück energischer an. Anfang des Jahres 1801 waren bereits drei Akte fertig. Im März trennte sich Schiller von seiner Familie und ging nach Jena, um dort mit größerer Ruhe weiterarbeiten zu können. Aber körperliche Leiden wirkten störend auf die Produktion ein, so dass er selbst sagt: „Ich hetze und ängstige mich, es will nicht recht damit fort.“ Dennoch brachte er Anfang April den vierten Akt fertig nach Weimar mit, wo er in 14 Tagen den letzten hinzufügte. Am 15. April, als Goethe nach Weimar kam, konnte er diesem mit dem in kaum neun Monaten vollendeten Stück eine freundschaftliche Aufmerksamkeit erweisen und erhielt dasselbe am 20. mit den kurzen aber herzlich anerkennenden Worten zurück: „Nehmen sie mit Dank das Stück wieder. Es ist so brav, gut und schön, dass ich ihm nichts zu vergleichen weiß.“

Jetzt sandte er es dem Herzog von Weimar zu, auf den es einen außerordentlichen Eindruck machte, der aber doch der Meinung war, es würde sich zu einer Aufführung nicht eignen. Hierauf kam es Schiller zunächst auch nicht an. Hatte er doch sein Stück an Unger in Berlin gut verkauft. Das Einüben mit den Schauspielern und das Leiten der Proben waren ihm doch schon längste eine lästige Arbeit geworden. Außerdem stellten sich abermals körperliche Leiden ein. Ein heftiges Fieber hielt von der Tätigkeit zurück. Als die Krankheit überstanden war, ging er mit seiner Familie nach Dresden zu Körner, wo ihn die ersehnte Erholung zuteil wurde.

Erst im Herbst sah Schiller seine Jungfrau über die Bretter gehen. Das Leipziger Theater hatte eine Aufführung vorbereitet, die in Schillers Gegenwart bei überfülltem Haus stattfand. Schon nach dem ersten Akt wurde ihm unter Pausenwirbel und Trommelschall ein 1000-stimmiges Lebe-Hoch gebracht. Als er nach dem Ende der gelungenen Darstellung das Haus verließ, entblößte rundum das Haupt, um Schiller noch einmal seine Huldigung darzubringen.

Von Leipzig ging Schiller nach Weimar zurück, wo er die Jungfrau erst im April 1803 zur Aufführung kam. Inzwischen hatte auch die Hofbühne in Berlin mit der Einstudierung des Stückes begonnen, die am 23. November 1801 zum ersten Mal gegeben wurde. Iffland hatte alle Kraft daran gesetzt, um das neue Meisterwerk seines Jugendfreundes dem Publikum in würdiger Darstellung vorzuführen. Zelter schreibt darüber an Goethe: „Wenn Schiller seine Jungfrau von Orleans jetzt sehen will, so muss er nach Berlin kommen. Die Pracht und der Aufwand unserer Darstellung dieses Stückes ist mehr als kaiserlich. Der vierte Akt desselben ist hier mit mehr den 800 Personen besetzt, und, Musik und alles andere mit inbegriffen von so eklatanter Wirkung, dass das Haus jedes Mal in Ekstase darüber gerät.“

Schiller konnte sich mit diesem großen Aufwand an Pracht nicht einverstanden erklären. Er fürchtete, die Aufmerksamkeit des Publikums würde dadurch von der Hauptsache abgelenkt und die Wirkung des fünften Aktes müsse darunter leiden.