»Die Teilung der Erde« hat Friedrich Schiller 1795 gedichtet. Bestimmt war es für die Horen, wo es im 11. Stück anonym erschien. Das Gedicht befasst sich mit der Klage des Dichters, der bei der Aufteilung der Erde leer ausging. Er muss sich damit trösten, dass ihm die ideale Welt, der Himmel offen steht.
Was dich hier über das Gedicht »Die Teilung der Erde« erwartet
- Text des Gedichtes mit Worterklärungen und Verszählung (2. Fassung und 1. Fassung)
- Entstehung des Gedichtes
- Idee und Inhalt
- Aufbau und sprachliche Mittel
Bei den Kommentaren kannst du auch Fragen stellen.
Text des Gedichtes
Die Teilung der Erde (überarbeitete 2. Fassung)
»Nehmt hin die Welt!« rief Zeus von seinen Höhen
Den Menschen zu. »Nehmt, sie soll euer sein!
Euch schenk ich sie zum Erb und ewgen Lehen1,
Doch teilt euch brüderlich darein.«
5Da eilt, was Hände hat, sich einzurichten,
Es regte sich geschäftig jung und alt.
Der Ackermann griff nach des Feldes Früchten,
Der Junker2 pirschte durch den Wald.
Der Kaufmann nimmt, was seine Speicher fassen,
10Der Abt wählt sich den edeln Firnewein3,
Der König sperrt die Brücken und die Straßen
Und sprach: »Der Zehente ist mein.«
Ganz spät, nachdem die Teilung längst geschehen,
Naht der Poet, er kam aus weiter Fern;
15Ach! da war überall nichts mehr zu sehen,
Und alles hatte seinen Herrn!
»Weh mir! so soll ich denn allein von allen
Vergessen sein, ich, dein getreuster Sohn?«
So ließ er laut der Klage Ruf erschallen
20Und warf sich hin vor Jovis4 Thron.
»Wenn du im Land der Träume dich verweilet«,
Versetzt der Gott, »so hadre nicht mit mir.
Wo warst du denn, als man die Welt geteilet?«-
»Ich war«, sprach der Poet, »bei dir.
25Mein Auge hing an deinem Angesichte,
An deines Himmels Harmonie5 mein Ohr –
Verzeih dem Geiste, der, von deinem Lichte
Berauscht, das Irdische verlor!«
»Was tun?« spricht Zeus. »Die Welt ist weggegeben,
30Der Herbst, die Jagd, der Markt ist nicht mehr mein.
Willst du in meinem Himmel mit mir leben:
So oft du kommst, er soll dir offen sein.«
Die Teilung der Erde (1. Fassung – 1795)
(Die von Schiller bearbeiteten Verse sind fett markiert.)
Da! Nehmt sie hin, die Welt! rief Zeus von seinen Höhen
Den Menschen zu. Nehmt! Sie soll euer seyn,
Euch schenk ich sie zum ewgen Lehen,
Doch theilt euch brüderlich darein!
5Da griff, was Hände hatte, zu, sich einzurichten,
Es regte sich geschäftig Jung und Alt.
Der Ackermann griff nach des Feldes Früchten,
Der Junker birschte durch den Wald.
Der Kaufmann füllte hurtig sein Gewölb, die Scheune
10Der Fermier6, das Faß der Seelenhirt,
Der König sagte: Jeglichem das Seine:
Und mein ist – was geärntet wird!
Ganz spät erschien, nachdem die Theilung längst geschehen,
Auch der Poet, (er kam aus weiter Fern)
15Ach! Da war überall nichts mehr zu sehen,
Und alles hatte seinen Herrn.
„Weh mir! So soll denn ich allein von allen
„Vergessen seyn, ich dein getreuster Sohn!“
So ließ er laut der Klage Ruf erschallen,
20Und warf sich hin vor Jovis Thron.
Wenn du zu lang dich in der Träume Land verweilet,
Antwortete der Gott, so hadre nicht mit mir.
Wo warst du denn, als man die Welt getheilet?
„Ich war“, sprach der Poet, „bey dir.“
25„Mein Auge hieng an deinem Stralenangesichte,
„An deines Himmels Harmonie mein Ohr;
„Verzeyh dem Geiste, der, von deinem Lichte
„Berauscht, das Irdische verlor!“
Was kann ich thun, spricht Zeus. Die Welt ist weggegeben,
30Der Herbst, die Jagd, der Markt ist nicht mehr mein.
Willst du in meinem Himmel mit mir leben?
So oft du kommst, er soll dir offen seyn.