Chor (tritt auf.)
Aus Chalcis, meiner Heimath, bin ich gezogen,
Die mit Meeran treibenden Wogen
Die ruhmreiche Arethusa benetzt.
Ueber den Euripus hab‘ ich gesetzt,
Der Griechen herrliche Schaaren zu sehen
Und die Schiffe am lebendigen Strand,
Die so rasch und gelehrig sich drehen
Unter dieser Halbgötter Hand.
In der Trojer fernes Land
Folgen sie, wie ich daheim erfahren,
Agamemnons fürstlichem Haupt
Und dem Bruder mit den blonden Haaren
Heimzuführen, die der Phrygier geraubt,
Helena vom Ufer der Barbaren.
Von des Eurotas schilfreichem Strand
Führte sie Paris in Priamus‘ Land,
Paris, dem am thauenden Bach
Ringend mit der göttlichen Athene
Und mit Heren um den Preis der Schöne,
Cypria das schöne Weib versprach.
(Antistrophe.)
Ich bin durch die heiligen Haine gegangen,
Wo sie Dianen mit Opfern erfreun,
Junge Gluth auf den schamhaften Wangen,
Mischt‘ ich mich in die kriegrischen Reihn,
An des Lagers eisernen Schätzen,
An der Schilde furchtbarer Wehr
Meinen bewundernden Blick zu ergötzen,
An der Rosse streitbarem Heer.
Erst sah ich die tapfern Zeltgenossen,
Der Ajaxe Heldenpaar, vereint
Mit Protesilas, dem Freund,
Auf den Sitzen friedlich hingegossen;
Des Oileus Sohn, und dich – die Krone
Salamis‘ – furchtbarer Telamone!
An des Würfels wechselndem Glück
Labte sich der Helden Blick.
Gleich nach diesen sah ich Diomeden,
Ares‘ tapfern Sprößling, Merion,
Und Poseidons Enkel, Palameden,
Und Laertes‘ listenreichen Sohn,
Seiner Felsen-Ithaka entstiegen,
Nireus dann, den Schönsten aus dem Zug,
An des Diskus mannigfachem Flug
Lustig sich vergnügen.
(Epode.)
Auch der Thetis Sohn hab‘ ich gesehen,
Den der weise Chiron auferzog,
Raschen Laufes, wie der Winde Wehen,
Mit Erstaunen hab‘ ich’s angesehen,
Wie er flüchtig längs dem Ufer flog,
Schwergeharnischt mit geschwinden Sohlen
Eines Wagens Flug zu überholen,
Den die Schnelle von vier Rossen zog.
Uebergoldet waren ihre Zügel,
Bunte Schenkel, gelbes Mähnenhaar
Schmückten das Gespann auf jedem Flügel;
Weißgefleckt war das Deichselpaar.
Mit dem Stachel und mit lautem Rufen
Trieb die Renner Pheräs König an,
Aber immer dicht an ihren Hufen
Ging des waffenschweren Läufers Bahn.
(Zweite Strophe.)
Jetzt sah ich – ein Schauspiel zum Entzücken! –
Ihrer Wimpel zahlenloses Wehn;
Nein, kein Mund vermag es auszudrücken,
Was mein weiblich Auge hier gesehn.
Fünfzig Schiffe tapfrer Myrmidonen –
Zeus‘ glorreicher Enkel führt sie an –
Zieren rechts der Flotte schönen Plan.
Auf erhabenem Verdecke thronen,
Zeichen des unsterblichen Peliden,
Goldne Nereiden.
(Zweite Antistrophe.)
Fünfzig Schiffe zählt‘ ich, die, regieret
Von Kapaneus‘ und Mecistens Sohn,
Der Argiver Mars herangeführet.
Sechzig führt zum Streit nach Ilion
Theseus‘ Sohn von der Athener Küste,
Pallas mit geflügeltem Gespann
Ist ihr Zeichen, auf der Wasserwüste
Eine Helferin dem Steuermann!
(Dritte Strophe.)
Der Böoten fünfzig Schiffe kamen,
Kenntlich an des Stifters Schlangenbild.
König Leitus, aus der Erde Samen,
Bringt sie aus dem phocischen Gefild.
Fünfzig Schiffe führte der Oilide,
Ajax, aus der Lokrier Gebiete.
(Dritte Antistrophe.)
Von Mycene kam mit hundert Masten
Agamemnon, Atreus‘ Sohn,
Seinen Scepter theilend mit Adrasten,
Dem Gewaltigen von Sicyon.
Treu und dienstlich seines Freundes Harme,
Folgt‘ auch er der Griechen Heldenzug,
Heimzuholen, die in Räubers Arme
Des geflohnen Hymens Freuden trug.
Nestors Flotte hab‘ ich jetzt begrüßet;
Alpheus‘ schönen Stromgott sieht man hier,
Der die Heimath nachbarlich umfließet,
Oben Mensch und unten Stier.
(Dritte Epode.)
Mit zwölf Schiffen schließt an die Achäer
Guneus, Fürst der Enier, sich an.
Elis‘ Herrscher folgen, die Epeer,
Des Eurytus Scepter unterthan.
Von den Echinaden, wo zu wagen
Keine Landung, führt der Taphen Macht,
Die das Meer mit weißen Rudern schlagen,
Meges, Sohn des Phyleus, in die Schlacht.
Beide Flügel bindend, schließt der Telamone,
Den die stolze Salamis gebar,
Mit zwölf Schiffen – dieses Zuges Krone.
So erfragt‘ ich’s, und so nahm ich’s wahr.
Dieses Volk, im Ruderschlag erfahren,
Mit Verwundrung hab‘ ich’s nun erblickt.
Weh dem kühnen Fahrzeug der Barbaren,
Das die Parze ihm entgegenschickt!
In die Bucht der väterlichen Laren
Hoffe keines freudig einzufahren!
Auch das Schlachtgeräthe und der Schiffe Menge
(Vieles wußt‘ ich schon) hab‘ ich gesehn,
Die Erinnerung an diese Dinge,
Nimmer, nimmer wird sie mir vergehn.