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Die Braut von Messina – 2. Akt, 6. Auftritt

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Donna Isabella. Don Manuel. Don Cesar. Diego zeigt sich an der Thüre.

Isabella.
Doch, sieh, da kommt mein treuer Knecht zurück!
Nur näher, näher, redlicher Diego!
Wo ist mein Kind? – Sie wissen Alles! Hier
Ist kein Geheimniß mehr – Wo ist sie? Sprich!
Verbirg sie länger nicht! Wir sind gefaßt,
Die höchste Freude zu ertragen. Komm!

(Sie will mit ihm nach der Thüre gehen.)

Was ist das? Wie? Du zögerst? Du verstummst?
Das ist kein Blick, der Gutes mir verkündet!
Was ist dir? Sprich! Ein Schauder faßt mich an.
Wo ist sie? Wo ist Beatrice? (Will hinaus.)

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Don Manuel. (für sich betroffen).
Beatrice!

Diego. (hält sie zurück).  
Bleib!

Isabella.
Wo ist sie? Mich entseelt die Angst.

Diego.
Sie folgt
Mir nicht. Ich bringe dir die Tochter nicht.

Isabella.
Was ist geschehn? Bei allen Heil’gen, rede!

Don Cesar.
Wo ist die Schwester? Unglücksel’ger, rede!

Diego.
Sie ist geraubt! Gestohlen von Corsaren!
O, hätt‘ ich nimmer diesen Tag gesehn!

Don Manuel.
Faß dich, o Mutter!

Don Cesar.
Mutter, sei gefaßt!
Bezwinge dich, bis du ihn ganz vernommen!

Diego.
Ich machte schnell mich auf, wie du befohlen,
Die oft betretne Straße nach dem Kloster
Zum letztenmal zu gehn – Die Freude trug mich
Auf leichten Flügeln fort.

Don Cesar.
Zur Sache!

Don Manuel.
Rede!

Diego.
Und da ich in die wohlbekannten Höfe
Des Klosters trete, die ich oft betrat,
Nach deiner Tochter ungeduldig frage,
Seh‘ ich des Schreckens Bild in jedem Auge,
Entsetzt vernehm‘ ich das Entsetzliche.

(Isabella sinkt bleich und zitternd auf einen Sessel, Don Manuel ist um sie beschäftigt.)

Don Cesar.
Und Mauren, sagst du, raubten sie hinweg?
Sah man die Mauren? Wer bezeugte dies?

Diego.
Ein maurisch Räuberschiff gewahrte man
In einer Bucht, unfern dem Kloster ankernd.

Don Cesar.
Manch Segel rettet sich in diese Buchten
Vor des Orkanes Wuth – Wo ist das Schiff?

Diego.
Heut frühe sah man es in hoher See
Mit voller Segel Kraft das Weite suchen.

Don Cesar.
Hört man von anderm Raub noch, der geschehn?
Dem Mauren gnügt einfache Beute nicht.

Diego.
Hinweg getrieben wurde mit Gewalt
Die Rinderheerde, die dort weidete.

Don Cesar.
Wie konnten Räuber aus des Klosters Mitte
Die Wohlverschloßne heimlich raubend stehlen?

Diego.
Des Klostergartens Mauern waren leicht
Auf hoher Leiter Sprossen überstiegen.

Don Cesar.
Wie brachen sie ins Innerste der Zellen?
Denn fromme Nonnen hält der strenge Zwang.

Diego.
Die noch durch kein Gelübde sich gebunden,
Sie durfte frei im Freien sich ergehen.

Don Cesar.
Und pflegte sie des freien Rechtes oft
Sich zu bedienen? Dieses sage mir.

Diego.
Oft sah man sie des Gartens Stille suchen;
Der Wiederkehr vergaß sie heute nur.

Don Cesar (nachdem er sich eine Weile bedacht).
Raub, sagst du? War sie frei genug dem Räuber,
So konnte sie in Freiheit auch entfliehen.

Isabella (steht auf).
Es ist Gewalt! Es ist verwegner Raub!
Nicht pflichtvergessen konnte meine Tochter
Aus freier Neigung dem Entführer folgen!
– Don Manuel! Don Cesar! Eine Schwester
Dacht‘ ich euch zuzuführen; doch ich selbst
Soll jetzt sie eurem Heldenarm verdanken.
In eurer Kraft erhebt euch, meine Söhne!
Nicht ruhig duldet es, daß eure Schwester
Des frechen Diebes Beute sei – Ergreift
Die Waffen! Rüstet Schiffe aus! Durchforscht
Die ganze Küste! Durch alle Meere setzt
Dem Räuber nach! Erobert euch die Schwester!

Don Cesar.
Leb wohl! Zur Rache flieg‘ ich, zur Entdeckung!

(Er geht ab. Don Manuel aus einer tiefen Zerstreuung erwachend, wendet sich beunruhigt zu Diego.)

Don Manuel.
Wann, sagst du, sei sie unsichtbar geworden?

Diego.
Seit diesem Morgen erst ward sie vermißt.

Don Manuel. (zu Donna Isabella).
Und Beatrice nennt sich deine Tochter?

Isabella.
Dies ist ihr Name! Eile! Frage nicht!

Don Manuel.
Nur Eines noch, o Mutter, laß mich wissen –

Isabella.
Fliege zur That! Des Bruders Beispiel folge!

Don Manuel.
In welcher Gegend, ich beschwöre dich –

Isabella (ihn forttreibend).
Sieh meine Thränen, meine Todesangst

Don Manuel.
In welcher Gegend hieltst du sie verborgen?

Isabella.
Verborgner nicht war sie im Schooß der Erde!

Diego.
O, jetzt ergreift mich plötzlich bange Furcht.

Don Manuel.
Furcht, und worüber? Sage, was du weißt.

Diego.
Daß ich des Raubs unschuldig Ursach sei.

Isabella.
Unglücklicher, entdecke, was geschehn!

Diego.
Ich habe dir’s verhehlt, Gebieterin,
Dein Mutterherz mit Sorgen zu verschonen.
Am Tage, als der Fürst beerdigt ward,
Und alle Welt, begierig nach dem Neuen,
Der ernsten Feier sich entgegendrängte,
Lag deine Tochter – denn die Kunde war
Auch in des Klosters Mauern eingedrungen –
Lag sie mir an mit unabläß’gem Flehn,
Ihr dieses Festes Anblick zu gewähren.
Ich Unglückseliger ließ mich bewegen,
Verhüllte sie in ernste Trauertracht,
Und also war sie Zeugin jenes Festes.
Und dort, befürcht‘ ich, in des Volks Gewühl,
Das sich herbeigedrängt von allen Enden,
Ward sie vom Aug des Räubers ausgespäht,
Denn ihrer Schönheit Glanz birgt keine Hülle.

Don Manuel (vor sich, erleichtert).
Glücksel’ges Wort, das mir das Herz befreit!
Das gleicht ihr nicht! Dies Zeichen triff nicht zu.

Isabella.
Wahnsinn’ger Alter! So verriethst du mich!

Diego.
Gebieterin! Ich dacht‘ es gut zu machen.
Die Stimme der Natur, die Macht des Bluts
Glaubt‘ ich in diesem Wunsche zu erkennen;
Ich hielt es für des Himmels eignes Werk,
Der mit verborgen ahnungsvollem Zuge
Die Tochter hintrieb zu des Vaters Grab!
Der frommen Pflicht wollt‘ ich ihr Recht erzeigen,
Und so, aus guter Meinung, schafft‘ ich Böses!

Don Manuel (vor sich).
Was steh‘ ich hier in Furcht und Zweifelsqualen?
Schnell will ich Licht mir schaffen und Gewißheit. (Will gehen.)

Don Cesar (der zurückkommt).
Verzieh, Don Manuel; gleich folg‘ ich dir.

Don Manuel.
Folge mir nicht! Hinweg! Mir folge Niemand! (Er geht ab.)

Don Cesar (sieht ihm verwundert nach).
Was ist dem Bruder? Mutter, sage mir’s.

Isabella.
Ich kenn‘ ihn nicht mehr. Ganz verkenn‘ ich ihn.

Don Cesar.
Du siehst mich wiederkehren, meine Mutter;
Denn in des Eifers heftiger Begier
Vergaß ich, um ein Zeichen dich zu fragen,
Woran man die verlorne Schwester kennt.
Wie find‘ ich ihre Spuren, eh‘ ich weiß,
Aus welchem Ort die Räuber sie gerissen?
Das Kloster nenne mir, das sie verbarg.

Isabella.
Der heiligen Cecilia ist’s gewidmet,
Und hinterm Waldgebirge, das zum Aetna
Sich langsam steigend hebt, liegt es versteckt;
Wie ein verschwiegner Aufenthalt der Seelen.

Don Cesar.
Sei guten Muths! Vertraue deinen Söhnen!
Die Schwester bring‘ ich dir zurück, müßt‘ ich
Durch alle Länder sie und Meere suchen.
Doch eines, Mutter, ist es, was mich kümmert:
Die Braut verließ ich unter fremdem Schutz.
Nur dir kann ich das theure Pfand vertrauen,
Ich sende sie dir her, du wirst sie schauen;
An ihrer Brust, an ihrem lieben Herzen
Wirst du des Grams vergessen und der Schmerzen. (Er geht ab.)

Isabella.
Wann endlich wird der Fluch sich lösen,
Der über diesem Hause lastend ruht?
Mit meiner Hoffnung spielt ein tückisch Wesen,
Und nimmer stillt sich seines Neides Wuth.
So nahe glaubt ich mich dem sichern Hafen,
So fest vertraut‘ ich auf des Glückes Pfand,
Und alle Stürme glaubt‘ ich eingeschlafen,
Und freudig winkend sah ich schon das Land
Im Abendglanz der Sonne sich erhellen;
Da kommt ein Sturm, aus heitrer Luft gesandt,
Und reißt mich wieder in den Kampf der Wellen!

(Sie geht nach dem innern Hause, wohin ihr Diego folgt.)