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Die Braut von Messina – 4. Akt, 1. Auftritt

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Die Säulenhalle. – Es ist Nacht; die Scene ist von oben herab durch eine große Lampe erleuchtet.
Donna Isabella und Diego treten auf.

Isabella.
Noch keine Kunde kam von meinen Söhnen,
Ob eine Spur sich fand von der Verlornen?

Diego.
Noch nichts, Gebieterin! – doch hoffe Alles
Von deiner Söhne Ernst und Emsigkeit.

Isabella.
Wie ist mein Herz geängstiget, Diego!
Es stand bei mir, dies Unglück zu verhüten.

Diego.
Drück‘ nicht des Vorwurfs Stachel in dein Herz.
An welcher Vorsicht ließest du’s ermangeln?

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Isabella.
Hätt‘ ich sie früher an das Licht gezogen,
Wie mich des Herzens Stimme mächtig trieb!

Diego.
Die Klugheit wehrte dir’s, du thatest weise;
Doch der Erfolg ruht in des Himmels Hand.

Isabella.
Ach, so ist keine Freude rein! Mein Glück
Wär‘ ein vollkommnes ohne diesen Zufall.

Diego.
Dies Glück ist nur verzögert, nicht zerstört;
Genieße du jetzt deiner Söhne Frieden.

Isabella.
Ich habe sie einander Herz an Herz
Umarmen sehn – ein nie erlebter Anblick!

Diego.
Und nicht ein Schauspiel bloß, es ging von Herzen,
Denn ihr Geradsinn haßt der Lüge Zwang.

Isabella.
Ich seh‘ auch, daß sie zärtlicher Gefühle,
Der schönen Neigung fähig sind; mit Wonne
Entdeck‘ ich, daß sie ehren, was sie lieben.
Der ungebundnen Freiheit wollen sie
Entsagen, nicht dem Zügel des Gesetzes
Entzieht sich ihre brausend wilde Jugend,
Und sittlich selbst blieb ihre Leidenschaft.
– Und will dir’s jetzo gern gestehn, Diego,
Daß ich mit Sorge diesem Augenblick,
Der aufgeschloßnen Blume des Gefühls
Mit banger Furcht entgegen sah – Die Liebe
Wird leicht zur Wuth in heftigen Naturen.
Wenn in den aufgehäuften Feuerzunder
Des alten Hasses auch noch dieser Blitz,
Der Eifersucht feindsel’ge Flamme schlug –
Mir schaudert, es zu denken – ihr Gefühl,
Das niemals einig war, gerade hier
Zum erstenmal unselig sich begegnet –
Wohl mir! Auch diese donnerschwere Wolke,
Die über mir schwarz drohend niederhing,
Sie führte mir ein Engel still vorüber,
Und leicht nun athmet die befreite Brust.

Diego.
Ja, freue deines Werkes dich. Du hast
Mit zartem Sinn und ruhigem Verstand
Vollendet, was der Vater nicht vermochte
Mit aller seiner Herrscher Macht – Dein ist
Der Ruhm; doch auch dein Glücksstern ist zu loben!

Isabella.
Vieles gelang mir! Viel auch that das Glück!
Nichts Kleines war es, solche Heimlichkeit
Verhüllt zu tragen diese langen Jahre,
Der Mann zu täuschen, den umsichtigsten
Der Menschen, und ins Herz zurückzudrängen
Den Trieb des Bluts, der mächtig, wie des Feuers
Verschloßner Gott, aus seinen Banden strebte!

Diego.
Ein Pfand ist mir des Glückes lange Gunst,
Daß Alles sich erfreulich lösen wird.

Isabella.
Ich will nicht eher meine Sterne loben,
Bis ich das Ende dieser Thaten sah.
Daß mir der böse Genius nicht schlummert,
Erinnert warnen mich der Tochter Flucht.
– Schilt oder lobe meine That, Diego!
Doch dem Getreuen will ich nichts verbergen.
Nicht tragen konnt‘ ich’s, hier in müß’ger Ruh
Zu harren des Erfolgs, indeß die Söhne
Geschäftig forschen nach der Tochter Spur.
Gehandelt hab‘ auch ich – Wo Menschenkunst
Nicht zureicht, hat der Himmel oft gerathen.

Diego.
Entdecke mir, was mir zu wissen ziemt.

Isabella.
Einsiedelnd auf des Aetna Höhen haust
Ein frommer Klausner, von Uralters her
Der Greis genannt des Berges, welcher, näher
Dem Himmel wohnend, als der andern Menschen
Tief wandelndes Geschlecht, den ird’schen Sinn
In leichter, reiner Aetherluft geläutert
Und von dem Berg der aufgewälzten Jahre
Hinabsieht in das aufgelöste Spiel
Des unverständlich krummgewundnen Lebens.
Nicht fremd ist ihm das Schicksal meines Hauses,
Oft hat der heil’ge Mann für uns den Himmel
Gefragt und manchen Fluch hinweggebetet.
Zu ihm hinauf gesandt hab‘ ich alsbald
Des raschen Boten jugendliche Kraft,
Daß er mir Kunde von der Tochter gebe,
Und stündlich harr‘ ich dessen Wiederkehr.

Diego.
Trügt mich mein Auge nicht, Gebieterin,
So ist’s derselbe, der dort eilend naht,
Und Lob fürwahr verdient der Emsige!