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Die Braut von Messina – 4. Akt, 3. Auftritt

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Isabella. Diego. Bote. Beatrice. Chor. (Bohemund, Roger, Hippolyt und die neun andern Ritter Don Cesars.)

Chor (Bohemund.)
Des Herrn Geheiß erfüllend, setzen wir
Die Jungfrau hier zu deinen Füßen nieder,
Gebieterin – Also befahl er uns
Zu thun und dir zu melden dieses Wort:
Es sei dein Sohn Don Cesar, der sie sendet.

Isabella (ist mit ausgebreiteten Armen auf sie zugeeilt und tritt mit Schrecken zurück.)
O Himmel! Sie ist bleich und ohne Leben!

Chor (Bohemund.)
Sie lebt! Sie wird erwachen! Gönn‘ ihr Zeit,
Von dem Erstaunlichen sich zu erholen,
Das ihre Geister noch gebunden hält.

Isabella.
Mein Kind! Kind meiner Schmerzen, meiner Sorgen!
So sehen wir uns wieder! So mußt du
Den Einzug halten in des Vaters Haus!
O, laß an meinem Leben mich das deinige
Anzünden! An die mütterliche Brust
Will ich dich pressen, bis, vom Todesfrost
Gelöst, die warmen Adern wieder schlagen! (Zum Chor.)
O, sprich! Welch Schreckliches ist hier geschehn?
Wo fandst du sie? Wie kam das theure Kind
In diesen kläglich jammervollen Zustand?

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Chor (Bohemund.)
Erfahr‘ es nicht von mir, mein Mund ist stumm.
Dein Sohn Don Cesar wird dir Alles deutlich
Verkündigen, denn er ist’s, der sie sendet.

Isabella.
Mein Sohn Don Manuel, so willst du sagen?

Chor (Bohemund.)
Dein Sohn Don Cesar sendet sie dir zu.

Isabella (zu dem Boten).
War’s nicht Don Manuel, den der Seher nannte?

Bote.
So ist es, Herrin, das war seine Rede.

Isabella.
Welcher es sei, er hat mein Herz erfreut;
Die Tochter dank‘ ich ihm, er sei gesegnet!
O, muß ein neid’scher Dämon mir die Wonne
Des heiß erflehten Augenblicks verbittern!
Ankämpfen muß ich gegen mein Entzücken!
Die Tochter seh‘ ich in des Vaters Haus,
Sie aber sieht nicht mich, vernimmt mich nicht,
Sie kann der Mutter Freude nicht erwiedern.
O, öffnet euch, ihr lieben Augenlichter!
Erwärmet euch, ihr Hände! Hebe dich,
Lebloser Busen, und schlage der Lust!
Diego! Das ist meine Tochter – Das
Die Langverborgne, die Gerettete,
Vor aller Welt kann ich sie jetzt erkennen!

Chor (Bohemund.)
Ein seltsam neues Schreckniß glaub‘ ich ahnend
Vor mir zu sehn und stehe wundernd, wie
Das Irrsal sich entwirren soll und lösen.

Isabella (zum Chor, der Bestürzung und Verlegenheit ausdrückt).
O, seid ihr undurchdringlich harte Herzen!
Vom ehrnen Harnisch eurer Brust, gleichwie
Von einem schroffen Meeresfelsen, schlägt
Die Freude meines Herzens mir zurück!
Umsonst in diesem ganzen Kreis umher
Späh‘ ich nach einem Auge, das empfindet.
Wo weilen meine Söhne, daß ich Antheil
In einem Auge lese; denn mir ist,
Als ob der Wüste unmitleid’ge Schaaren,
Des Meeres Ungeheuer mich umständen!

Diego.
Sie schlägt die Augen auf! Sie regt sich, lebt!

Isabella.
Sie lebt! Ihr erster Blick sei auf die Mutter!

Diego.
Das Auge schließt sie schaudernd wieder zu.

Isabella (zum Chor).
Weichet zurück! Sie schreckt der fremde Anblick!

Chor (tritt zurück). (Bohemund.)
Gern meid‘ ich’s, ihrem Blicke zu begegnen.

Diego.
Mit großen Augen mißt sie staunend dich.

Beatrice.
Wo bin ich? Diese Züge sollt‘ ich kennen.

Isabella.
Langsam kehrt die Besinnung ihr zurück.

Diego.
Was macht sie? Auf die Kniee senkt sie sich.

Beatrice.
Ich, schönes Engelsantlitz meiner Mutter!

Isabella.
Kind meines Herzens! Komm in meine Arme!

Beatrice.
Zu deinen Füßen sieh die Schuldige.

Isabella.
Ich habe dich wieder! Alles sei vergessen!

Diego.
Betracht‘ auch mich! Erkennst du meine Züge?

Beatrice.
Des redlichen Diego greises Haupt!

Isabella.
Der treue Wächter deiner Kinderjahre.

Beatrice.
So bin ich wieder in dem Schooß der Meinen?

Isabella.
Und nichts soll uns mehr scheiden, als der Tod.

Beatrice.
Du willst mich nicht mehr in die Fremde stoßen?

Isabella.
Nichts trennt uns mehr, das Schicksal ist befriedigt.

Beatrice (sinkt an ihre Brust).
Und find‘ ich wirklich mich an deinem Herzen?
Und Alles war ein Traum, was ich erlebt?
Ein schwerer, fürchterlicher Traum – O Mutter!
Ich sah ihn todt zu meinen Füßen fallen!
– Wie komm‘ ich aber hieher? Ich besinne
Mich nicht – Ach, wohl mir, wohl, daß ich gerettet
In deinen Armen bin! Sie wollten mich
Zur Fürstin Mutter von Messina bringen.
Eher ins Grab!

Isabella.
Komm zu dir, meine Tochter!
Messinas Fürstin –

Beatrice.
Nenne sie nicht mehr!
Mir gießt sich bei dem unglücksel’gen Namen
Ein Frost des Todes durch die Glieder.

Isabella.
Höre mich.

Beatrice.
Sie hat zwei Söhne, die sich tödtlich hassen;
Don Manuel, Don Cesar nennt man sie.

Isabella.
Ich bin’s ja selbst! Erkenne deine Mutter!

Beatrice.
Was sagst du? Welches Wort hast du geredet?

Isabella.
Ich, deine Mutter, bin Messinas Fürstin.

Beatrice.
Du bist Don Manuels Mutter und Don Cesars?

Isabella.
Und deine Mutter! Deine Brüder nennst du!

Beatrice.
Weh, weh mir! O, entsetzensvolles Licht!

Isabella.
Was ist dir? Was erschüttert dich so seltsam?

Beatrice (wild um sich her schauend, erblickt den Chor).
Das sind sie, ja! Jetzt, jetzt erkenn‘ ich sie.
Mich hat kein Traum getäuscht – Die sind’s, Die waren
Zugegen – Es ist fürchterliche Wahrheit!
Unglückliche, wo habt ihr ihn verborgen?

(Sie geht mit heftigem Schritt auf den Chor zu, der sich von ihr abwendet. Ein Trauermarsch läßt sich in der Ferne hören.)

Chor.
Weh! Wehe!

Isabella.
Wen verborgen? Was ist wahr?
Ihr schweigt bestürzt – Ihr scheint sie zu verstehn.
Ich les‘ in euren Augen, eurer Stimme
Gebrochnen Tönen etwas Unglücksel’ges,
Das mir zurückgehalten wird – Was ist’s?
Ich will es wissen. Warum heftet ihr
So schreckensvolle Blicke nach der Thüre?
Und was für Töne hör‘ ich da erschallen?

Chor (Bohemund.)
Es naht sich! Es wird sich mit Schrecken klären.
Sei stark, Gebieterin, stähle dein Herz!
Mit Fassung ertrage, was dich erwartet,
Mit männlicher Seele den tödtlichen Schmerz!

Isabella.
Was naht sich? Was erwartet mich? – Ich höre
Der Todtenklage fürchterlichen Ton
Das Haus durchdringen – Wo sind meine Söhne?

(Der erste Halbchor bringt den Leichnam Don Manuels auf einer Bahre getragen, die er auf der leer gelassenen Seite der Scene niedersetzt. Ein schwarzes Tuch ist darüber gebreitet.)