HomeInhaltsangabeDie Glocke: Text, Inhalt & Interpretation

Schillers »Das Lied von der Glocke« – Text, Zusammenfassung, Interpretation

Seite 7 von 7
Bewertung:
(Stimmen: 1994 Durchschnitt: 3.5)

Handwerk des Glockengießens

Der Prozess des Glockengießens findet in drei Phasen statt:

  1. Herstellung der Form der Glocke
  2. Herstellung der Glockenspeise, Schmelzen des Metalls
  3. Guss und Fertigstellung der Glocke

 

Glockenform herstellen

Die Herstellung der Form gliedert sich wieder in verschiedene Schritte. Zunächst müssen Schablonen für die Glocke angefertigt werden. Dann wird die innere Form erstellt und darauf die Glockenform (die Dicke) sowie der Mantels aufgetragen.

Für die beabsichtigte Glockenform werden Schablonen als halber Querschnitt auf ein Brett gezeichnet und dieser ausgeschnitten. Das ausgeschnittene Brett heißt das Lehrbrett oder die Schablone. Mit diesem kann nun die Form gefertigt werden, in der das Metall gegossen werden soll.

Die Form selbst besteht aus einem inneren Kern, einer aus Lehm nachgebildeten Glocke und einem Mantel. Der Kern wird aus Ziegelsteinen, Lehm und Ton gebildet. Dieser Kern wird vor dem Gussofen in einer tiefen Grube errichtet. Diese Grube nennt man die Dammgrube (Vers 29). Zuerst wird ein hölzerner Pfahl in die Erde geschlagen und auf diesen Pfahl ein eisernes Kreuz mit einem Zapfenloch gelegt. In diesem Zapfenloch bewegt sich eine eiserne Spille, an deren oberen Ende die Schablone angebracht wird. An der Spille werden mehrere Arme angebracht, damit sich die Schablone ringsherum drehen lässt.

Jetzt wird zuerst der Kern gefertigt, d.h. die innere Form der Glocke. Er wird aus Backsteinen gemauert, die man an der äußeren Seite rund abgeschlagen werden, so dass das Ganze grob die innere Form der Glocke annimmt. Die Schablone wird so an der Spille herumgedreht, dass der Ausschnitt derselben die Backsteine fast berührt. Ist die Form von Backsteinen fertig, belegt man die Backsteine mit Lehm, in den Flachs gemischt wird. Mit der Schablone fährt man nun um den Kern herum bis der Lehm alle Punkte der Schablone berührt. Somit nimmt der ganze Umfang des Kerns die Gestalt der inneren Glocke an. Zuletzt wird über diesen Kern noch gesiebte Asche mit einem Pinsel aufgetragen. Dies dient dazu, dass die folgende Schicht (die Dicke) sich nicht mit der inneren Form verbindet. Beim Auftragen des Lehm werden ohne an der Öffnung des inneren Kerns glühende Kohlen eingeworfen, damit der nasse Kern austrocknen kann.

Über diesen Kern wird nun die Dicke aufgetragen, d.h. eine Glocke aus Lehm (nur ohne Henkel). Man befestigt eine andere Schablone, aus der die Gestalt der äußeren Glocke ausgeschnitten ist, an der Spille und dreht dieselbe wieder herum, bis sie in allen Punkten auf die Form stößt. Darauf bestreicht man die Form mit geschmolzenem Talg, den man mit der Schablone auf die Dicke reibt. Diese Dicke wird nun wieder getrocknet durch das Feuer im Inneren des Kerns. Danach werden auf der Glockenform alle Verzierungen und Figuren mit Wachs angebracht.

Auf diese Dicke kommt dann der Mantel. Man trägt wieder feinen Lehm auf und zwar so lange, bis die Figuren und Verzierungen bedeckt sind. Hierauf macht man wieder Feuer im Inneren des Kerns. Das Wachs schmilzt, und die Figuren drücken sich im Lehm des Mantels ab. Jetzt trägt man noch dickeren Lehm auf, und macht schließlich eiserne Schienen und Reifen um den fertigen Mantel, um ihn zusammen halten zu können. Nachdem der Mantel getrocknet ist, wird er mit einer Winde oder eine andere Vorrichtung von der Dicke abgehoben. Das geht sehr leicht, da der Talg die Verbindung zwischen Dicke und Mantel verhindert. Nun wird die Dicke mit einem Messer vom Kern heruntergeschnitten und der Mantel wieder an seinen vorherigen Ort gesetzt. Jetzt ist also zwischen dem Kern und dem Mantel der Hohlraum, in den das Metall fließen muss, um zur Glocke zu werden. Henkel und manches andere werden er später angebracht.

Metalle schmelzen – die Glockenspeise herstellen

Der Gießofen besteht aus zwei Teilen, dem Ofen selbst und dem Schornstein. Der Ofen mit dem Herd, in den das Metall kommt, hat etwa die Form eines Backofens. An dessen Seite befindet sich ein Fenster mit einer eisernen Tür, durch das das Metall eingegeben wird. Noch weiter oben sind Zuglöcher oder Windpfeifen, die geöffnet und geschlossen werden können.

Hinter dem Ofen ist der Schornstein, indem das Feuer brennt. Er zerfällt in zwei Hälften, die durch einen Rost getrennt sind, unter dem ein Aschenfall ist. In der oberen Hälfte ist das Holz, das durch die eigentliche Öffnung des Schornsteins (das Schürloch) hineingeworfen wird. Die Flamme wird durch das Loch des Aschenfalls angeblasen und dann verschließt man das Schürloch. Jetzt schlägt die Flamme, die keinen Ausgang nach außen mehr hat, in den Ofen hinein, und zwar durch das Loch, dass der Schwalch (Vers 24) heißt. Am Ende des Ofens, das dem Schornstein gegenüber ist, befindet sich ein Zapfenloch und vor demselben eine Rinne, die das Metall in die Glockenform leitet. Ist nun die Masse im Fluss, was ungefähr 12 Stunden dauert, wird der Zapfen hineingestoßen, die Masse fließt in die Rinne und füllt die Form.

Im Ofen wird nun die Glockenspeise, die aus Zinn, Kupfer und Messing besteht, zum Schmelzen gebracht. Das Zinn wird in kurzer Zeit flüssig. Daher wirft man es erst in den Ofen, wenn das Kupfer und Messing bereits geschmolzen sind. Sobald das Metall durchgängig in Fluss gebracht ist, hat es einen weißen Schaum. Dann wird Pottasche als Katalysator zu dem Metall geschüttet, um das Schmelzen und die Vereinigung der Metalle noch mehr zu befördern. Das Metall muss während des Schmelzens wenigstens zweimal abgeschürft werden.

Gewöhnlich bleibt es etwa 12 Stunden im Ofen. Wenn um diese Zeit die Windpfeifen gelb werden (Vers 80), ist dies ein Zeichen dafür, dass das Metall flüssig genug ist. Man erkennt dies auch daran, dass der Rauch ganz weiß aufsteigt oder, dass ein in das Metall gestoßener Stab beim Herausziehen von einer feinen Glasur überzogen wird (Vers 81).

Jetzt muss aber der Gießer prüfen, ob er eine gute Mischung bekommen hat. Er gießt daher in einen ausgehöhlten, warmen Stein etwas von seinem Metall und zerbricht es nach dem Erkalten. Zu kleine Zacken des Bruches, die so dicht aneinander liegen, dass man sie kaum erkennen kann, sind ein Zeichen, dass das Metall zu viel Zinn hat. Der entgegengesetzte Fall tritt ein, wenn zu viel Kupfer darin enthalten ist (Verse 125, 148).

Der Guss und die Fertigstellung

Ist die Glockenspeise gut geraten, kann der Guss beginnen. Über die Rinne wird die Glockenspeise in die Glockenform eingegossen. Danach heißt es warten, bis die Schmelze erkaltet ist. Danach wird der Mantel von der Glocke abgehoben und die Glocke geprüft, ob der Guss gelungen ist. Jetzt werden noch Henkel, Klöppel und andere Vorrichtungen an der Glocke angebracht und die Glocke aus der Dammgrube gehoben.

Dieser Beitrag besteht aus 7 Seiten:

Kommentare

  1. In Meiner Gymnasialzeit 1954-1960 haben wir die Glocke gesungen. Ich hatte die Ehre, als Bass-Solist die Meistersprüche zu singen. Wird das Musikwerk mit den Texten von _Friedrich von Schiller auch heute noch aufgeführt?

  2. Als Ingenieur ärgere ich mich oft genug über Innumerik und Menschen, denen jedes Verständnis für die Welt und die Dinge, mit denen sie täglich umgehen fehlt. Dem Teil kann ich also halb zustimmen. Aber Kultur und Kunst (echte Kunst, nicht was selbsternannte und aus Sozial- und anderen öffentlichen Kassen alimentierte „Künstler“ dafür halten) gehören zum Menschsein und zur Bildung zwingend dazu. Ich kenne zwar viele ungebildete „Geistes-“ aber nicht einen erfolgreichen Naturwissenschaftler ohne umfassende Kenntnis der Weltliteratur. Eine solche Verachtung der Bildung ist in technischen Berufen eher typisch für den angelernten Hilfsarbeiter.

    1. Was für eine stupide und pamphletische Antwort die selber nur die Mittelmäßigkeit der Bildung zeigt. Die Grenzen setzten nicht die gebildeten Ingenieure, sondern die Ingenieure die glauben sie wären gebildet und nur sie wissen was „Kunst“ ist. Dadurch ist es verifiziert, diese Inginieure haben die Weimarer Klassik nicht verstanden.

  3. Friedrich von Schiller hat die Verse in »Das Lied von der Glocke« durchgängig gereimt.

    In den mir vorliegenden Fassungen des Gedichtes heißt es, wie auch in Ihrer Fassung in den Zeilen 327 und 328:
    »wo des rauhen Krieges Horden
    dieses stille Tal durchtoben« .

    Ich kann mir vorstellen, daß sich ursprünglich auch diese beiden Zeilen reimten, nämlich:

    a) »wo des rauhen Krieges Horden
    dieses stille Tal durchmorden«

    oder

    b) »wo des rauhen Krieges Roben
    dieses stille Tal durchtoben«

    Gibt es noch originale Handschriften von Friedrich von Schiller ?
    Wo befinden sich solche originale Handschriften ? Möglicherweise bei Ihnen im Schiller-Archiv in Weimar .
    Wie könnte ich diese einsehen ? In einer Kopie ? Oder sind sie nur in Marbach in Augenschein zu nehmen ?

    Mit freundlichen Grüßen

    1. Bitte wenden Sie sich mit Ihrer Anfrage an das Goethe Schiller Archiv, Jenaer Str. 1, 99423 Weimar, Telefon 03643 545400.
      Diese Website ist Privat und nicht zu verwechseln mit dem Literaturarchiv.

  4. Deutsche Literatur ist das unnötigste was Schüler in ihrer Schullaufbahn lernen! Was soll jemand mit diesem Gedicht anfangen. Reine Zeitverschwendung im Gegensatz zu den Dingen mit denen sich die heutige Welt wirklich beschäftigt wie z.B. Naturwissenschaften oder Computer-Technologien!

    1. Die Kenntnis (und (Übung?) der Deutschen Literatur könnte z.B. helfen, moderne Texte lesbar zu gestalten, z.B. auch solche von IT-Experten und Naturwissenschaftlern.
      Und ausserdem macht gut formulierte Sprache mehr Spaß als Twitter- und Facebook-Gestotter!

    2. Schiller gibt hier einen genauen Vorgang vom Bau einer Glocke wieder. Soweit ich das lesen kann. Es ist damit perfekter Umgang mit genau Ihren angewandten Technologien gemeint. Furcht vor gOtT, Jan Maybach

    3. Es ist nicht das „unnötigste“ ok der schullaufbahn . Ich setze mich in meinem Job mit alten Liturgien auseinander und wenn so etwas nicht in der Schule gezeigt worden wäre , würde es solche interessanten und lernreichen jobs nicht mehr geben , da es dann als unnötig Gehalten werden würde

    4. Es macht mich wütend, solche ignoranten Aussagen zu lesen. Die Naturwissenschaftler die ich kenne aus vielen verschiedenen Fakultäten haben eins gemeinsam eine umfassende humanistische Bildung. Die Grundlage für Ihre herausragenden Leistungen in den jeweiligen Fächern.
      Und selbstverständlich können Sie einen Computer bedienen aber eben noch viel mehr.

    5. Schon alleine der Kommentar von Frederii zeigt auf wie dringend die Literatur und Philosophie auf diese stumpfsinnigen Argumentationen einwirken müssen. Der Anti-Bildung keinen Meter Erde.

    1. Die Glocke ist ein langes und metrisch komplexes Gedicht. Es gibt kein einheitliches Versmaß. Der sprachliche Rhythmus ist insbesondere in den Betrachtungsstrophen der inhaltlichen Darstellung angepasst. Lediglich die Meistersprüche folgen einem einheitlichen Schema, wobei der Rhythmus bzw. die Verslänge variiert. Bitte einfach einmal die Silben zählen.

  5. Welches genau sind die Merkmale, welche darauf hindeuten, dass das Gedicht in die Epoche der Klassik gehört?

    1. Das ist schonmal die Zeit, in der das Gedicht entstand. Es wurde in Schillers klassischer Schaffensperiode vollendet. Dann der Inhalt der Gedichtes, der sich mit bürgerlichen Werten, einer Distanzierung von der Franz. Revolution, gesellschaftlichen Vorstellungen und letztlich auch mit Schillers Ideal eines Bildungsbürgers befasst, der durch die Harmonie von Geist und Gefühl seiner Vollendung entgegen geht.

Comments are closed.