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Die Jungfrau von Orleans – 1. Aufzug, 3. Auftritt

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(Stimmen: 6 Durchschnitt: 2.8)

Drei Ratsherren zu den Vorigen

Karl.
Willkommen, meine vielgetreuen Bürger
Aus Orleans! Wie stehts um meine gute Stadt?
Fährt sie noch fort mit dem gewohnten Mut
Dem Feind zu widerstehn, der sie belagert?

Ratsherr.
Ach Sire! Es drängt die höchste Not, und stündlich wachsend
Schwillt das Verderben an die Stadt heran.
Die äußern Werke sind zerstört, der Feind
Gewinnt mit jedem Sturme neuen Boden.
Entblößt sind von Verteidigern die Mauern,
Denn rastlos fechtend fällt die Mannschaft aus,
Doch wen’ge sehn die Heimatpforte wieder,
Und auch des Hungers Plage droht der Stadt.
Drum hat der edle Graf von Rochepierre,
Der drin befehlt, in dieser höchsten Not
Vertragen mit dem Feind, nach altem Brauch,
Sich zu ergeben auf den zwölften Tag,
Wenn binnen dieser Zeit kein Heer im Feld
Erschien, zahlreich genug, die Stadt zu retten.

(Dunois macht eine heftige Bewegung des Zorns)

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Karl.
Die Frist ist kurz.

Ratsherr.
Und jetzo sind wir hier
Mit Feinds Geleit, daß wir dein fürstlich Herz
Anflehen, deiner Stadt dich zu erbarmen,
Und Hülf zu senden binnen dieser Frist,
Sonst übergibt er sie am zwölften Tage.

Dunois.
Saintrailles konnte seine Stimme geben
Zu solchem schimpflichen Vertrag!

Ratsherr.
Nein, Herr!
Solang der Tapfre lebte, durfte nie
Die Rede sein von Fried und Übergabe.

Dunois.
So ist er tot!

Ratsherr.
An unsern Mauern sank
Der edle Held für seines Königs Sache.

Karl.
Saintrallles tot! O in dem einzgen Mann
Sinkt mir ein Heer!

(Ein Ritter kommt und spricht einige Worte leise mit dem Bastard, welcher betroffen auffährt)

Dunois.
Auch das noch!

Karl.
Nun! Was gibts?

Dunois.
Graf Douglas sendet her. Die schottschen Völker
Empören sich und drohen abzuziehn,
Wenn sie nicht heut den Rückstand noch erhalten.

Karl.
Du Chatel!

Du Chatel (zuckt die Achseln).
Sire! Ich weiß nicht Rat.

Karl.
Versprich,
Verpfände was du hast, mein halbes Reich –

Du Chatel.
Hilft nichts! Sie sind zu oft vertröstet worden!

Karl.
Es sind die besten Truppen meines Heers!
Sie sollen mich jetzt nicht, nicht jetzt verlassen!

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