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Die Jungfrau von Orleans – 3. Aufzug, 3. Auftritt

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Die Vorigen. Herzog von Burgund. Dunois. La Hire. Chatillon und noch zwei andere Ritter von des Herzogs Gefolge. Der Herzog bleibt am Eingang stehen, der König bewegt sich gegen ihn, sogleich nähert sich Burgund und in dem Augenblick, wo er sich auf ein Knie will niederlassen, empfängt ihn der König in seinen Armen

Karl.
Ihr habt uns überrascht – Euch einzuholen
Gedachten wir – Doch Ihr habt schnelle Pferde.

Burgund.
Sie trugen mich zu meiner Pflicht.
(Er umarmt die Sorel und küßt sie auf die Stirne)
Mit Eurer Erlaubnis,
Base. Das ist unser Herrenrecht
Zu Arras und kein schönes Weib darf sich
Der Sitte weigern.

Karl.
Eure Hofstatt ist
Der Sitz der Minne, sagt man, und der Markt,
Wo alles Schöne muß den Stapel halten.

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Burgund.
Wir sind ein handeltreibend Volk, mein König.
Was köstlich wächst in allen Himmelstrichen,
Wird ausgestellt zur Schau und zum Genuß
Auf unserm Markt zu Brügg, das höchste aber
Von allen Gütern ist der Frauen Schönheit.

Sorel.
Der Frauen Treue gilt noch höhern Preis,
Doch auf dem Markte wird sie nicht gesehn.

Karl.
Ihr steht in bösem Ruf und Leumund, Vetter,
Daß Ihr der Frauen schönste Tugend schmäht.

Burgund.
Die Ketzerei straft sich am schwersten selbst.
Wohl Euch, mein König! Früh hat Euch das Herz,
Was mich ein wildes Leben spät, gelehrt!
(Er bemerkt den Erzbischof und reicht ihm die Hand)
Ehrwürdger Mann Gottes! Euren Segen!
Euch trifft man immer auf dem rechten Platz,
Wer Euch will finden, muß im Guten wandeln.

Erzbischof.
Mein Meister rufe, wenn er will, dies Herz
Ist freudensatt und ich kann fröhlich scheiden,
Da meine Augen diesen Tag gesehn!

Burgund (zur Sorel).
Man spricht, Ihr habt Euch Eurer edeln Steine
Beraubt, um Waffen gegen mich daraus
Zu schmieden? Wie? Seid Ihr so kriegerisch
Gesinnt? Wars Euch so ernst mich zu verderben,
Doch unser Streit ist nun vorbei, es findet
Sich alles wieder, was verloren war,
Auch Euer Schmuck hat sich zurückgefunden,
Zum Kriege wider mich war er bestimmt,
Nehmt ihn aus meiner Hand zum Friedenszeichen.

(Er empfängt von einem seiner Begleiter das Schmuckkästchen und überreicht es ihr geöffnet. Agnes Sorel sieht den König betroffen an)

Karl.
Nimm das Geschenk, es ist ein zweifach teures Pfand
Der schönen Liebe mir und der Versöhnung.

Burgund (indem er eine brillantne Rose in ihre Haare steckt).
Warum ist es nicht Frankreichs Königskrone?
Ich würde sie mit gleich geneigtem Herzen
Auf diesem schönen Haupt befestigen.
(Ihre Hand bedeutend fassend)
Und – zählt auf mich, wenn Ihr dereinst des Freundes
Bedürfen solltet!

(Agnes Sorel in Tränen ausbrechend tritt auf die Seite, auch der König bekämpft eine große Bewegung, alle Umstehende blicken gerührt auf beide Fürsten)

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