HomeText: Die Jungfrau von Orleans3. AktDie Jungfrau von Orleans – 3. Aufzug, 4. Auftritt

Die Jungfrau von Orleans – 3. Aufzug, 4. Auftritt

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Johanna zu den Vorigen. Sie ist im Harnisch, aber ohne Helm, und trägt einen Kranz in den Haaren

Karl.
Du kommst als Priesterin geschmückt, Johanna,
Den Bund, den du gestiftet, einzuweihn?

Burgund.
Wie schrecklich war die Jungfrau in der Schlacht,
Und wie umstrahlt mit Anmut sie der Friede!
– Hab ich mein Wort gelöst, Johanna? Bist du
Befriedigt und verdien ich deinen Beifall?

Johanna.
Dir selbst hast du die größte Gunst erzeigt.
Jetzt schimmerst du in segenvollem Licht,
Da du vorhin in blutrotdüsterm Schein
Ein Schreckensmond an diesem Himmel hingst.
(Sich umschauend)
Viel edle Ritter find ich hier versammelt
Und alle Augen glänzen freudenhell,
Nur einem Traurigen hab ich begegnet,
Der sich verbergen muß, wo alles jauchzt.

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Burgund.
Und wer ist sich so schwerer Schuld bewußt,
Daß er an unsrer Huld verzweifeln müßte,

Johanna.
Darf er sich nahn? O sage, daß ers darf?
Mach dein Verdienst vollkommen. Eine Versöhnung
Ist keine, die das Herz nicht ganz befreit.
Ein Tropfe Haß, der in dem Freudenbecher
Zurückbleibt, macht den Segenstrank zum Gift.
– Kein Unrecht sei so blutig, daß Burgund
An diesem Freudentag es nicht vergebe!

Burgund.
Ha, ich verstehe dich!

Johanna.
Und willst verzeihn?
Du willst es, Herzog? – Komm herein, Du Chatel!
(Sie öffnet die Tür und führt Du Chatel herein, dieser bleibt in der Entfernung stehen)
Der Herzog ist mit seinen Feinden allen
Versöhnt, er ist es auch mit dir.

(Du Chatel tritt einige Schritte näher und sucht in den Augen des Herzogs zu lesen)

Burgund.
Was machst du
Aus mir, Johanna? Weißt du, was du foderst?

Johanna.
Ein gütger Herr tut seine Pforten auf
Für alle Gäste, keinen schließt er aus;
Frei wie das Firmament die Welt umspannt,
So muß die Gnade Freund und Feind umschließen.
Es schickt die Sonne ihre Strahlen gleich
Nach allen Räumen der Unendlichkeit,
Gleichmessend gießt der Himmel seinen Tau
Auf alle durstenden Gewächse aus.
Was irgend gut ist und von oben kommt,
Ist allgemein und ohne Vorbehalt,
Doch in den Falten wohnt die Finsternis!

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