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Wilhelm Tell – Text: 1. Aufzug, 2. Szene

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Gertrud:
Ihr seid auch Männer, wisset eure Axt
zu führen, und dem Mutigen hilft Gott!

Stauffacher:
O Weib! Ein furchtbar wütend Schrecknis ist
Der Krieg, die Herde schlägt er und den Hirten.

Gertrud:
Ertragen muss man, was der Himmel sendet,
Unbilliges erträgt kein edles Herz.

Stauffacher:
Dies Haus erfreut dich, das wir neu erbauten.
Der Krieg, der ungeheure, brennt es nieder.

Gertrud:
Wüsst ich mein Herz an zeitlich Gut gefesselt,
Den Brand wärf ich hinein mit eigner Hand.

Stauffacher:
Du glaubst an Menschlichkeit! Es schont der Krieg
Auch nicht das zarte Kindlein in der Wiege.

Gertrud:
Die Unschuld hat im Himmel einen Freund!
– Sieh vorwärts, Werner, und nicht hinter dich.

Stauffacher:
Wir Männer können tapfer fechtend sterben,
Welch Schicksal aber wird das eure sein?

Gertrud:
Die letzte Wahl steht auch dem Schwächsten offen,
Ein Sprung von dieser Brücke macht mich frei.

Stauffacher stürzt in ihre Arme:
Wer solch ein Herz an seinen Busen drückt,
Der kann für Herd und Hof mit Freuden fechten.
Und keines Königs Heermacht fürchtet er –
Nach Uri fahr ich stehnden Fusses gleich,
Dort lebt ein Gastfreund mir, Herr Walther Fürst,
Der über diese Zeiten denkt wie ich.
Auch find ich dort den edlen Bannerherrn
Von Attinghaus – obgleich von hohem Stamm
Liebt er das Volk und ehrt die alten Sitten.
Mit ihnen beiden pfleg ich Rats, wie man
Der Landesfeinde mutig sich erwehrt –
Leb wohl – und weil ich fern bin, führe du
Mit klugem Sinn das Regiment des Hauses –
Dem Pilger, der zum Gotteshause wallt,
Dem frommen Mönch, der für sein Kloster sammelt,
Gib reichlich und entlass ihn wohlgepflegt.
Stauffachers Haus verbirgt sich nicht. Zuäusserst
Am offnen Heerweg steht’s, ein wirtlich Dach
Für alle Wandrer, die des Weges fahren.

Indem sie nach dem Hintergrund abgehen, tritt Wilhelm Tell mit Baumgarten vorn auf die Szene.

Tell zu Baumgarten:
Ihr habt jetzt meiner weiter nicht vonnöten,
Zu jenem Hause gehet ein, dort wohnt
Der Stauffacher, ein Vater der Bedrängten.
– Doch sieh, da ist er selber – Folgt mir, kommt!

Gehen auf ihn zum, die Szene verwandelt sich.

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