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Die Räuber – Text: 4. Akt, 3. Szene

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MOOR. Halt, halt! Sie darfs nicht wissen, darfs niemand wissen, auch mein Bruder nicht –

DANIEL. Euer Bruder? Nein beileibe nicht, er darfs nicht wissen! Er gar nicht! – Wenn er nicht schon mehr weißt, als er wissen darf – Oh ich sage Euch, es gibt garstige Menschen, garstige Brüder, garstige Herren – aber ich möcht um alles Gold meines Herrn willen kein garstiger Knecht sein – Der gnädige Herr hielt Euch tot.

MOOR. Hum! Was brummst du da?

DANIEL leiser. Und wenn man freilich so ungebeten aufersteht – Euer Bruder war des Herrn selig einziger Erbe –

MOOR. Alter! – Was murmelst du da zwischen den Zähnen, als wenn irgendein Ungeheuer von Geheimnis auf deiner Zunge schwebte, das nicht heraus wollte, und doch heraus sollte, rede deutlicher!

DANIEL. Aber ich will lieber meine alte Knochen abnagen vor Hunger, lieber vor Durst mein eigenes Wasser saufen, als Wohlleben die Fülle verdienen mit einem Totschlag. Schnell ab.

MOOR auffahrend aus schröcklichem Pausen. Betrogen, betrogen! da fährt es über meine Seele wie der Blitz! Spitzbübische Künste! Himmel und Hölle! nicht du, Vater! Spitzbübische Künste! Mörder, Räuber durch spitzbübische Künste! Angeschwärzt von ihm! verfälscht, unterdrückt meine Briefe – voll Liebe sein Herz – oh ich Ungeheuer von einem Toren – voll Liebe sein Vaterherz – oh Schelmerei, Schelmerei! Es hätte mich einen Fußfall gekostet, es hätte mich eine Träne gekostet – oh ich blöder, blöder, blöder Tor! Wider die Wand rennend. Ich hätte glücklich sein können – oh Büberei, Büberei! das Glück meines Lebens bübisch, bübisch hinwegbetrogen. Er läuft wütend auf und nieder. Mörder, Räuber durch spitzbübische Künste! – Er grollte nicht einmal! Nicht ein Gedanke von Fluch in seinem Herzen – oh Bösewicht! unbegreiflicher, schleichender, abscheulicher Bösewicht!

Kosinsky kommt.

KOSINSKY. Nun, Hauptmann, wo stickst du? Was ists? Du willst noch länger hier bleiben, merk ich.

MOOR. Auf! Sattle die Pferde! Wir müssen vor Sonnenuntergang noch über den Grenzen sein!

KOSINSKY. Du spaßest.

MOOR befehlend. Hurtig, hurtig! Zaudre nicht lang, laß alles da! und daß kein Aug dich gewahr wird. Kosinsky ab. Ich fliehe aus diesen Mauren. Der geringste Verzug könnte mich wütig machen, und er ist meines Vaters Sohn – Bruder, Bruder! Du hast mich zum Elendesten auf Erden gemacht, ich habe dich niemals beleidigt, es war nicht brüderlich gehandelt – Ernte die Früchte deiner Untat in Ruhe, meine Gegenwart soll dir den Genuß nicht länger vergällen – aber gewiß, es war nicht brüderlich gehandelt. Finsternis verlösche sie auf ewig, und der Tod rühre sie nicht auf!

Kosinsky.

KOSINSKY. Die Pferde stehn gesattelt, Ihr könnt aufsitzen, wenn Ihr wollt.

MOOR. Presser! Presser! Warum so eilig? Soll ich sie nicht mehr sehn?

KOSINSKY. Ich zäume gleich wieder ab, wenn Ihrs haben wollt, Ihr hießt mich ja über Hals und Kopf eilen.

MOOR. Noch einmal! ein Lebewohl noch! ich muß den Gifttrank dieser Seligkeit vollends ausschlürfen, und dann – halt Kosinsky! zehn Minuten noch – hinten am Schloßhof – und wir sprengen davon!

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