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Don Carlos – 2. Akt, 2. Auftritt

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Philipp.
Denkst du den schweren Zweifel deines Vaters
Mit schönen Worten zu erschüttern?

Carlos.
Zweifel?
Ich will ihn tilgen, diesen Zweifel – will
Mich hängen an das Vaterherz, will reißen,
Will mächtig reißen an dem Vaterherzen,
Bis dieses Zweifels felsenfeste Rinde
Von diesem Herzen niederfällt. – Wer sind sie,
Die mich aus meines Königs Gunst vertrieben?
Was bot der Mönch dem Vater für den Sohn?
Was wird ihm Alba für ein kinderlos
Verscherztes Leben zur Vergütung geben?
Sie wollen Liebe? – Hier in diesem Busen
Springt eine Quelle, frischer, feuriger,
Als in den trüben, sumpfigsten Behältern,
Die Philipps Gold erst öffnen muß.

Philipp.
Vermeßner,
Halt ein! – Die Männer, die du wagst zu schmähn,
Sind die geprüften Diener meiner Wahl,
Und du wirst sie verehren.

Carlos.
Nimmermehr.
Ich fühle mich. Was Ihre Alba leisten,
Das kann auch Carl, und Carl kann mehr. Was fragt
Ein Miethling nach dem Königreich, das nie
Sein eigen sein wird? – Was bekümmert’s den,
Wenn Philipps graue Haare weiß sich färben?
Ihr Carlos hätte Sie geliebt. – Mir graut
Vor dem Gedanken, einsam und allein,
Auf einem Thron allein zu sein. –

Philipp (von diesen Worten ergriffen, steht nachdenkend und in sich gekehrt. Nach einer Pause).
Ich bin allein.

Carlos (mit Lebhaftigkeit und Wärme auf ihn zugehend).
Sie sind’s gewesen. Hassen Sie mich nicht mehr,
Ich will Sie kindlich, will Sie feurig lieben,
Nur hassen Sie mich nicht mehr. – Wie entzückend
Und süß ist es, in einer schönen Seele
Verherrlicht uns zu fühlen, es zu wissen,
Daß unsre Freude fremde Wangen röthet,
Daß unsre Angst in fremdem Busen zittert,
Daß unsre Leiden fremde Augen wässern!
Wie schön ist es und herrlich, Hand in Hand
Mit einem theuern, vielgeliebten Sohn
Der Jugend Rosenbahn zurück zu eilen,
Des Lebens Traum noch einmal durchzuträumen!
Wie groß und süß, in seines Kindes Tugend
Unsterblich, unvergänglich fortzudauern,
Wohlthätig für Jahrhunderte! – Wie schön,
Zu pflanzen, was ein lieber Sohn einst erntet,
Zu sammeln, was ihm wuchern wird, zu ahnen,
Wo hoch sein Dank einst flammen wird! – Mein Vater,
Von diesem Erdenparadiese schwiegen
Sehr weislich ihre Mönche.

Philipp (nicht ohne Rührung).
O, mein Sohn,
Mein Sohn! du brichst dir selbst den Stab. Sehr reizend
Malst du ein Glück, das – du mir nie gewährtest.

Carlos.
Das richte der Allwissende! – Sie selbst,
Sie schlossen mich, wie aus dem Vaterherzen,
Von Ihres Scepters Anteil aus. Bis jetzt,
Bis diesen Tag – o, war das gut, war’s billig? –
Bis jetzt mußt‘ ich, der Erbprinz Spaniens,
In Spanien ein Fremdling sein, Gefangner
Auf diesem Grund, wo ich einst Herr sein werde.
War das gerecht, war’s gütig? – O, wie oft,
Wie oft, mein Vater, sah ich schamroth nieder,
Wenn die Gesandten fremder Potentaten,
Wenn Zeitungsblätter mir das Neueste
Vom Hofe zu Aranjuez erzählten!

Philipp.
Zu heftig braust das Blut in deinen Adern.
Du würdest nur zerstören.

Carlos.
Geben Sie
Mir zu zerstören, Vater. – Heftig braust’s
In meine Adern – Dreiundzwanzig Jahre,
Und nichts für die Unsterblichkeit gethan!
Ich bin erwacht, ich fühle mich. – Mein Ruf
Zum Königsthron pocht, wie ein Gläubiger,
Aus meinem Schlummer mich empor, und alle
Verlornen Stunden meiner Jugend mahnen
Mich laut wie Ehrenschulden. Er ist da,
Der große, schöne Augenblick, der endlich
Des hohen Pfundes Zinsen von mir fordert:
Mich ruft die Weltgeschichte, Ahnenruhm
Und des Gerüchtes donnernde Posaune.
Nun ist die Zeit gekommen, mir des Ruhmes
Glorreiche Schranken aufzuthun. – Mein König,
Darf ich die Bitte auszusprechen wagen,
Die mich hieher geführt?

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