Der König allein.
Jetzt gib mir einen Menschen, gute Vorsicht –
Du hat mir viel gegeben. Schenke mir
Jetzt einen Menschen. Du – du bist allein,
Denn deine Augen prüfen das Verborgne,
Ich bitte dich um einen Freund; denn ich
Bin nicht, wie du, allwissend. Die Gehilfen,
Die du mir zugeordnet hast, was sie
Mir sind, weißt du. Was sie verdienen, haben
Sie mir gegolten. Ihre zahmen Laster,
Beherrscht vom Zaume, dienen meinen Zwecken,
Wie deine Wetter reinigen die Welt.
Ich brauch Wahrheit – Ihre stille Quelle
Im dunkeln Schutt des Irrthums aufzugraben,
Ist nicht das Loos der Könige. Gib mir
Den seltnen Mann mit reinem, offnem Herzen,
Mit hellem Geist und unbefangnen Augen,
Der mir sie finden helfen kann – ich schütte
Die Loose auf; laß unter Tausenden,
Die um der Hoheit Sonnenscheibe flattern,
Den Einzigen mich finden.
(Er öffnet eine Schatulle und nimmt eine Schreibtafel heraus. Nachdem er eine Zeit lang darin geblättert.)
Bloße Namen –
Nur Namen stehen hier, und nicht einmal
Erwähnung des Verdiensts, dem sie den Platz
Auf dieser Tafel danken – und was ist
Vergeßlicher, als Dankbarkeit? Doch hier
Auf dieser andern Tafel les‘ ich jede
Vergehung pünktlich beigeschrieben. Wie?
Das ist nicht gut. Braucht etwa das Gedächtniß
Der Rache dieser Hilfe noch? (Liest weiter.) Graf Egmont?
Was will der hier? – Der Sieg bei Saint Quentin
War längst verwirkt. Ich werf‘ ihn zu den Todten.
(Er läscht diesen Namen aus und schreibt ihn auf die andere Tafel. Nachdem er weiter gelesen.)
Marquis von Posa? – Posa? – Posa? Kann
Ich dieses Menschen mich doch kaum besinnen!
Und zweifach angestrichen – ein Beweis,
Daß ich zu großen Zwecken ihn bestimmte!
Und, war es möglich? dieser Mensch entzog
Sich meiner Gegenwart bis jetzt? vermied
Die Augen seines königlichen Schuldners?
Bei Gott, im ganzen Umkreis meiner Staaten
Der einz’ge Mensch, der meiner nicht bedarf!
Besäß‘ er Habsucht oder Ehrbegierde,
Er wäre längst vor meinem Thron erschienen.
Wag‘ ich’s mit diesem Sonderling? Wer mich
Entbehren kann, wird Wahrheit für mich haben. (Er geht ab.)