Der König. Carlos. Die Herzoge von Alba, Feria und Medina Sidonia. Der Prinz von Parma. Graf Lerma. Domingo und viele Granden.
König (mit gütigem Tone).
Deine Bitte
Hat Statt gefunden, mein Infant. Hier bin ich,
Ich selbst mit allen Großen meines Reichs,
Dir Freiheit anzukündigen.
(Carlos blickt auf und sieht um sich her, wie einer, der aus dem Traum erwacht. Seine Augen heften sich bald auf den König, bald auf den Todten. Er antwortet nicht.)
Empfange
Dein Schwert zurück. Man hat zu rasch verfahren.
(Er nähert sich ihm, reicht ihm die Hand und hilft ihm sich aufzurichten.)
Mein Sohn ist nicht an seinem Platz. Steh auf.
Komm in die Arme deines Vaters.
Carlos (empfängt ohne Bewußtsein die Arme des Königs – besinnt sich aber plötzlich, hält inne und sieht ihn genauer an).
Dein
Geruch ist Mord. Ich kann dich nicht umarmen.
(Er stößt ihn zurück, alle Granden kommen in Bewegung.)
Nein! Steht nicht so betroffen da! Was hab‘
Ich Ungeheures denn gethan? Des Himmels
Gesalbten angetastet? Fürchtet nichts.
Ich lege keine Hand an ihn. Seht ihr
Das Brandmal nicht an seiner Stirne? Gott
Hat ihn gezeichnet.
König (bricht schnell auf).
Folgt mir, meine Granden.
Carlos.
Wohin? Nicht von der Stelle, Sire –
(Er hält ihn gewaltsam mit beiden Händen und bekommt mit der einen das Schwert zu fassen, das der König mitgebracht hat. Es fährt aus der Scheide.)
König.
Das Schwert
Gezückt auf deinen Vater?
Alle anwesenden Granden (ziehen die ihrigen).
Königsmord!
Carlos (den König fest an der einen Hand, das bloße Schwert in der andern).
Steckt eure Schwerter ein. Was wollt ihr? Glaubt
Ihr, ich sei rasend? Nein, ich bin nicht rasend.
Wär‘ ich’s, so thatet ihr nicht gut, mich zu
Erinnern, daß auf meines Schwertes Spitze
Sein Leben schwebt. Ich bitte, haltet euch
Entfernt. Verfassungen, wie meine, wollen
Geschmeichelt sein – drum bleibt zurück. Was ich
Mit diesem König abzumachen habe,
Geht euern Leheneid nichts an. Seht nur,
Wie seine Finger bluten! Seht ihn recht an!
Seht ihr? O seht auch hieher – Das hat Er
Gethan, der große Künstler!