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Don Carlos – 5. Akt, 4. Auftritt

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Und war
Es möglich? Dieser groben Lüge konnten
Sie Glauben schenken? Wie gering mußt‘ er
Sie schätzen, da er’s unternahm, bei Ihnen
Mit diesem plumpen Gaukelspiel zu reichen!
Um seine Freundschaft wagten Sie zu buhlen
Und unterlagen dieser leichten Probe!
O, nein – nein, das war nichts für Sie. Das war
Kein Mensch für Sie! Das wußt‘ er selbst recht gut,
Als er mit allen Kronen Sie verstoßen.
Dies feine Saitenspiel zerbrach in Ihrer
Metallnen Hand. Sie konnten nichts, als ihn ermorden.

Alba (hat den König bis jetzt nicht aus den Augen gelassen und mit sichtbarer Unruhe die Bewegungen beobachtet, welche in seinem Gesichte arbeiten. Jetzt nähert er sich ihm furchtsam).
Sire – nicht diese Todtenstille. Sehen
Sie um sich! Reden Sie mit uns!

Carlos.
Sie waren
Ihm nicht gleichgültig. Seinen Antheil hatten
Sie längst. Vielleicht! Er hätte Sie noch glücklich
Gemacht. Sein Herz war reich genug, Sie selbst
Von seinem Ueberflusse zu vergnügen.
Die Splitter seines Geistes hätten Sie
Zum Gott gemacht. Sich selber haben Sie
Bestohlen – Was werden
Sie bieten, eine Seele zu erstatten,
Wie diese war?

(Ein tiefes Schweigen. Viele von den Granden sehen weg oder verhüllen das Gesicht in ihren Mänteln.)

O, die ihr hier versammelt steht und vor Entsetzen
Und vor Bewunderung verstummt – verdammet
Den Jüngling nicht, der diese Sprache gegen
Den Vater und den König führt – Seht hieher!
Für mich ist er gestorben! Habt ihr Thränen?
Fließt Blut, nicht glühend Erz, in euren Adern?
Seht hieher und verdammt mich nicht!
(Er wendet sich zum König mit mehr Fassung und Gelassenheit.)
Vielleicht
Erwarten Sie, wie diese unnatürliche Geschichte
Sich enden wird? – Hier ist mein Schwert. Sie sind
Mein König wieder. Denken Sie, daß ich
Vor Ihrer Rache zittre? Morden Sie
Mich auch, wie Sie den Edelsten gemordet.
Mein Leben ist verwirkt. Ich weiß. Was ist
Mir jetzt das Leben? Hier entsag‘ ich Allem,
Was mich auf dieser Welt erwartet. Suchen
Sie unter Fremdlingen sich einen Sohn –
Da liegen meine Reiche –

(Er sinkt an dem Leichnam nieder und nimmt an dem Folgenden keinen Antheil mehr. Man hört unterdessen von ferne ein verworrenes Getöse von Stimmen und ein Gedränge vieler Menschen. Um den König herum ist eine tiefe Stille. Seine Augen durchlaufen den ganzen Kreis, aber Niemand begegnet seinen Blicken.)

König.
Nun? Will Niemand
Antworten? – Jeder Blick am Boden – jedes
Gesicht verhüllt! – Mein Urtheil ist gesprochen.
In diesen stummen Mienen les‘ ich es
Verkündigt. Meine Unterthanen haben mich
Gerichtet.

(Das vorige Stillschweigen. – Der Tumult kommt näher und wird lauter. Durch die umstehenden Granden läuft ein Gemurmel, sie geben sich untereinander verlegene Winke; Graf Lerma stößt endlich leise den Herzog von Alba an.)

Lerma.
Wahrlich, das ist Sturm!

Alba (leise).
So fürcht‘ ich.

Lerma.
Man dringt herauf. Man kommt.

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