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Friedrich Schiller »Die Kraniche des Ibykus« – Text, Inhaltsangabe, Interpretation

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Erste Rezeption und Kritik

Schillers Ballade fand nicht gleich den unumschränkten, entschiedenen Beifall. Körner fand die Darstellung köstlich und einzelne Stellen von großer Wirkung, aber der Stoff hatte ihm etwas trockenes, wie im Ring des Polykrates. Ein erzählendes Gedicht fordere eine menschliche Hauptfigur und für diese die stärkste Beleuchtung. Dies vermisse er. Die Schilderung der griechischen Volksversammlung und des tragischen Chores fessele die Aufmerksamkeit so sehr, dass man alles andere darüber aus dem Gesicht verliere, und dass man den armen Ibykus, von dem man nur wenig erfahren hat, ganz vergessen habe, wenn seine Kraniche gezogen kämen. Übrigens war ihm der kritische Einfluss auf diese Dichtung nicht entgangen. „Ich wollte“, schreibt er an Schiller, ohne den Verfasser zu kennen, „fast mehr auf Dich, als auf Goethe raten. Deine Manier finde ich besonders in der Beschreibung des tragischen Chores. Dagegen ist die Versifikation mehr Goethe, als dir ähnlich.“

Wilhelm von Humboldt dagegen stellte den Ibykus sehr hoch und wurde davon, wie Körner sagt, „in dem dritten Himmel versetzt.“ Nach dem, was Humboldt lange nach Schillers Tod über den Dichter geschrieben hat, bewundert er zunächst und vorzugsweise Schillers tiefes Eingehen in den griechischen Dichtergeist. Die Ballade trägt, wie Humboldt sich ausdrückt, die Farbe des Altertums so rein und treu an sich, als man es nur irgend von einem modernen Dichter erwarten kann, und zwar auf die schönste und geistvollste Weise. Der Dichter hat den Sinn des Altertums in sich aufgenommen, er bewegt sich darin mit Freiheit, und so entspricht eine neue, in allen ihren Teilen nur ihn atmende Dichtung.

Die Ballade erscheint Humboldt ferner als ein treuer Spiegel der besonderen Eigentümlichkeit Schillers, nach welcher er von der Dichtung einen tieferen Anteil des Gedankens forderte, und sie strenger einer geistigen Einheit unterwarf: einer Idee.

Was nun aber den Ibykus als Stoff unserem Schiller Wert machte, war, wie Humboldt weiterhin entwickelt, die daraus hervorspringende Idee der Gewalt künstlerischer Darstellung über die menschliche Brust, die Macht des Gesanges, der Poesie, jener unsichtbaren, bloß durch den Geist geschaffenen Kraft. Schon acht Jahre vor dem Zeitpunkt, in dem sich diese Lieblingsidee Schillers in ihm zur Ballade gestaltete, klingt sie in den Versen des Gedichtes „Der Künstler“ an:

Vom Eumenidenchor geschrecket,
Zieht sich der Mord, auch nie entdecket,
Das Loos des Todes aus dem Lied.

In ihrer ganzen Reinheit und Stärke, bemerkt Humboldt schließlich, konnte diese Idee nur bei einer vollkommen antiken Ausführung hervortreten. Daher ist in der ganzen Erzählung alles unmittelbar aus dem Altertum entnommen, besonders das Erscheinen und der Gesang der Eumeniden. Der aischyleische Chor ist so kunstvoll in die moderne Dichtungsform, in Reim und Silbenmaß verwebt, dass nichts von seiner stillen Größe aufgegeben scheint.

Auch Echtermeyer würdigte die Ballade. Man wisse in der Tat nicht, wo man aufhören soll, wenn es gilt, die ganze Größe und Schönheit eines Kunstwerkes zu enthüllen, dass „in so engem Raume so viel gediegenen Gehalt so künstlerisch formiert zusammenbringt.“ Drei durch Raum und Zeit getrennte Abschnitte sind so kunstvoll verknüpft, dass man beim Lesen und Hören der Ballade den Übergang aus dem einen in den anderen kaum bemerkt, ja dass man, gefesselt von der inneren Einheit des Ganzen, der äußeren Kontinuität der Teile sich erst dann bewusst wird, wenn man, wie wir es versucht haben, in die Werkstätte des Meisters eintritt und das Kunstgebilde entstehen sieht. „Der Sänger, der Götter Freund und der Liebling der Menschen, fällt als Opfer bloßer Habsucht, aber über dem von Wunden entstellten nackten Leichnam waltet umso freier die Macht seines Geistes. Ganz Griechenland ergreift der Schmerz. Verloren hat ihn jedes Herz – und somit ersteht er im lebendigsten Andenken eines ganzen begeisterten Volkes. Noch mehr sodann wird er verherrlicht durch den Anteil der Himmlischen, welche die Offenbarung seines Todes vollbringen und seine Rache beschleunigen. Und das ist nun wieder die eigentliche Seele des Gedichts, dass die wunderbare Fügung zugleich als ein natürlicher Verlauf in der Wiederkehr der ziehenden Kraniche sich darstellt, und die Entdeckung der Verbrecher einmal an die sittliche Potenz des bösen Gewissens sich anknüpft und sodann an den geistigen Zauber der Kunst, indem das dem Mörder dämonisch entfallene Wort eben dadurch so plötzlich und erfolgreich zündet, dass der teure Name Ibykus jede Brust in wacher Rührung erhielt , und, so wie er genannt wurde, elektrisch alles erregte.“

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Kommentare

    1. ibikus war ein bekannter sänger, ganz griechenland trauerte um ihn, so mögen
      ihn auch die mörder gekannt haben.

    2. Ich vermute, dass er sehr bekannter Sänger und Musiker war. Vielleicht auch wurde sein Name im Theater von den Zuschauern oft gesagt, weil sie bedauerten, dass er nicht dabei war.

  1. Priams feste gesunken,Troja lag in Asche und Staub u
    NDR die Griechen vollbeladen mit dem Raub ,
    Saßen auf den hohen Schiffen

    Wohin gehört dieser gedichtsteil ?
    Freundlichen Gruß und danke
    D.Sasse

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